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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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Wetter im Anzuge, wir bekommen eine schauerliche Nacht.«
    Wie um sein Wort zu bestätigen, schlug ein Windstoß in diesem Augenblicke die Türe schallend hinter ihm zu, und durch die Baumzweige über mir zog ein unheimliches Aechzen.
    Ich sprang vom Pferde und trat in das Haus. Ein zweiter, etwas älterer Mann kam mir entgegen, deutete schweigend nach hinten auf ein erleuchtetes Zimmer und ging dann hinaus, um dem andern behilflich zu sein, mein Pferd in den Stall zu bringen. Ich folgte der stummen Aufforderung und ging dem Lichte nach. Bei meinem Eintritt in den hellen Raum erwartete mich ein überraschender Anblick. Ein junges Mädchen von ganz eigenartiger Schönheit stand vor mir, die Hände auf denTisch gestützt und die Augen mit einem Ausdruck des Staunens und Schreckens zu mir gewandt. Ein solches Weib an solchem Orte zu sehen, durfte mich wohl wundernehmen. Schon beim ersten flüchtigen Blick zog sie mich mächtig an. Ihre schlanke Erscheinung mit dem blassen Gesicht und dem prächtigen, goldrötlichen Haare, das ihr in zwei langen Flechten über die Brust herabhing, stand in wirkungsvollem Gegensatz zu dem dunklen Glanze ihrer Augen und der lebensvollen Kraft ihres Gesichtsausdrucks. Es war, als blicke man in eine Flamme, die mit unwiderstehlicher Glut brannte und zündete.
    Anstatt meinen höflichen Gruß zu erwidern, fuhr sie schaudernd zusammen und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an; dann hob sie rasch die Hand und deutete nach der Türe, daß ich mich entfernen solle. Da ging dieselbe auf, und die beiden Männer kamen mit schwerem Tritt ins Zimmer. Ruhig ließ sie die Hand wieder sinken und ging, ohne ein Wort zu sagen, hinaus.
    Geh Luttra nach und sage ihr, wo sie das Bett machen soll, befahl der Alte in tiefen Kehllauten dem jüngeren Manne, der ebenso hochgewachsen und breitschulterig war, wie er. Dieser schüttelte die schweren Regentropfen von seinem Rock in die zischende Flamme des kleinen Holzfeuers, dasauf dem Herde brannte, warf dann den Rock über einen Stuhl und verließ das Zimmer.
    Ist das Ihr Sohn? fragte ich, am Herde Platz nehmend.
    Ja, und das Mädchen ist meine Tochter; ich bin Gastwirt hier, aber es kommt nicht viel heraus bei dem Geschäft. In unserer Gegend sind die Reisenden selten.
    Das glaube ich gerne, sagte ich, an die vielen Hügel denkend, über die mein Pferd hatte traben müssen. Wie weit ist es noch bis Pentonville?
    Zwei bis drei Meilen. Bei Tage ist's eine Kleinigkeit, aber in einer Nacht, wie der heutigen, laßt man den Ritt wohl bleiben.
    Wieder heulte der Wind um das Haus, und der Regen klatschte an die Scheiben.
    Freilich, sagte ich, und ich kann mir Glück wünschen, daß ich ein Unterkommen gefunden habe.
    Sein düsterer Blick streifte mein Gepäck; außer meinem Mantel hatte ich nur eine Handtasche. Sie sind wohl schon lange unterwegs?
    Den ganzen Sommer.
    Reisen Sie allein?
    Seine Neugier war mir lästig, doch antwortete ich so freundlich ich konnte: Nein, in Pentonville treffe ich mit einem Freunde zusammen.
    Er zog seinen Stuhl an meine Seite, um die Unterhaltung bequemer fortzusetzen, als sein Sohn eintrat und sich ohne Umstände auf dem andern Platz am Feuer niederließ, so daß sie mich beide in die Mitte nahmen. Dies war mir unbehaglich, ich stand daher auf und fragte, ob mein Zimmer bereit sei. Das schien jedoch nicht der Fall, und so mußte ich mir wohl noch eine halbe Stunde lang die Gesellschaft meiner beiden rauhen Wirte gefallen lassen.
    Draußen war jetzt der Sturm mit rasender Wut losgebrochen, der Regen strömte vom Himmel, wie Hagel prasselte es an die Fenster, und von Zeit zu Zeit krachte der Donner und rollte von Berg zu Berg in zehnfachem Widerhall. Ich war froh, wenigstens ein Dach über dem Haupte zu haben.
    Das Zimmer des Herrn ist fertig, klang es plötzlich in leisem, ausdruckslosem Tonfall hinter mir. Ich wandte mich um; in der Türe stand die schlanke Gestalt des Mädchens, das vorhin einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht hatte.
    Ich raffte meine Habseligkeiten zusammen und folgte ihr die Treppe hinauf in ein geräumiges Schlafzimmer. Mein erster Blick fiel auf ein großes Himmelbett, dessen schwere Vorhänge aussahen, alssolle man darunter ersticken. Das Mädchen zog sich rasch zurück.
    Kann ich sonst noch etwas für Sie tun? fragte sie, sich hastig umschauend. Ich verneinte dies dankend, und sie entfernte sich mit einem Ausdruck eiserner Entschlossenheit in Miene und Haltung, den ich mir nicht zu erklären

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