Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Lächeln. »Lass dich vom äußerlichen Schein des Anstands nicht täuschen.«
CJs Freundin erinnert mich an ein Fohlen – eine Frau mit langem, dünnem Hals in einem weißen Pulli mit dem Pailletten-Schriftzug »New York Yankees« und einer zerrissenen Jeans. Um den Hals trägt sie ein Lederband mit einem silbernen Herzanhänger. Ihre Frisur ist teuer, das Haar blond gefärbt, ohne eine Spur von dunklem Ansatz. Das deutet auf Termine im Wochenabstand hin. Ihre Brüste sitzen genau so, wie der Chirurg sie angebracht hat. Wo es bei uns knittert, beult, dellt und hängt, ist bei ihr alles straff und glatt.
In der Hand hält sie einen mit Frischhaltefolie abgedeckten Teller.
»Ihr Lieben, das ist Summer. Summer, das sind die Lieben«, sagt CJ.
»Hallo, Summer«, rufen wir im Chor.
Ich kann in diesem Moment nur daran denken, dass ich wohl auch bessere Chancen hätte, wie die schönere Hälfte einer Meerjungfrau auszusehen, wenn ich nach der allgemeinen Lieblings-Jahreszeit benannt worden wäre.
»Ja, hallo.« Sie lächelt und stellt den Teller auf den Tisch. Dann deutet sie auf eine nach der anderen und sagt unsere Namen auf: »Helen … Jo … und Ereka?« Nun ja, auf der Fahrt hatte sie schließlich zwei Stunden Zeit, sich vorzubereiten.
»Und das hier ist meine Freundin Maeve«, sage ich.
Maeve winkt Summer feierlich zu.
»Ich hab mich ja so auf dieses Wochenende gefreut, endlich mal mit einem Haufen Mädels abhängen. Ich hatte seit mindestens anderthalb Jahren kein freies Wochenende mehr – und dann dieses Haus! OMG«, quietscht Summer.
Bis zu diesem Augenblick war mir gar nicht bewusst, wie stark mein Verlangen ist, Leute zu ohrfeigen, die tatsächlich »OMG« statt »Oh, mein Gott« sagen. Noch dazu, wenn sie es aussprechen, als wäre es ein Wort.
Man könnte sie als ultramoderne Luxuswohnung in gehobener Wohnanlage mit Rundum-Service beschreiben. Aus ihren entzückend blauen Augen blitzt eine gekonnte Selbstsicherheit. Sie hatte schon viele Bewunderer und hat nie – nicht einen einzigen Tag in ihrem Leben – unter einem Mangel an männlicher Aufmerksamkeit gelitten. Als Teenager hätte ich alles darum gegeben, mit einem Mädchen wie ihr befreundet zu sein, so sprudelnd und funkelnd, als wäre das ganze Leben ein Casting für einen Cola-Werbespot.
Ich nehme den Teller auf dem Tisch in Augenschein. Frittierte Zucchiniblüten.
»Wer hat die Zucchiniblüten mitgebracht?«, frage ich.
»Ich, ich und ich«, antwortet CJ und wirft in gespielter Prahlerei das Haar zurück.
»Ich hatte sie die ganze Fahrt hierher auf dem Schoß«, fügt Summer hinzu. »Die reinste Folter …« Offensichtlich meint sie »Folter« im Sinne unbequemer Highheels und nicht so, wie Amnesty International den Begriff verwendet.
»Hast du sie selbst gemacht? Wurden damit schon Versuche an lebenden Menschen durchgeführt?«, frage ich.
Summer kichert.
»Gemacht hat sie Kito. Sie sind mit persischem Feta gefüllt«, erklärt CJ großspurig, als könnte sie den Unterschied zwischen echtem, seidigem Feta und dem scheußlichsten, billigsten Discounter-Käse erkennen. Abgesehen davon weiß nun wirklich jeder, dass man frittierte Zucchiniblüten frisch aus der Pfanne essen muss, weil sie sonst schlapp und fade werden. Wie kalte Pommes frites.
»Kito ist dein neuer Mann?«, fragt Ereka.
»Oh, ja, das ist er«, seufzt sie schwärmerisch.
»Wenn David mir jemals verbrannten Toast bringen würde, den er ganz allein gemacht hat, bräuchten sie einen Defibrillator, um mich nach diesem Schock wiederzubeleben«, bemerkt Helen.
Summer lacht schallend, als hätte sie noch nie so etwas Komisches gehört.
»In einer Beziehung bekommt man eben das, was man aushandelt«, sage ich.
»Männer sind wie Hunde. Man muss sie nur gut erziehen«, sagt Summer mit einer extravaganten Geste, die meine Aufmerksamkeit auf ihre französisch manikürten Fingernägel lenkt.
Also ehrlich, der Preis der Eitelkeit ist mir sehr wohl bewusst. Ich gebe auch Geld für teure Faltencremes und Mineralschlamm-Gesichtsmasken aus, um meiner natürlichen Schönheit auf die Sprünge zu helfen. Aber verkünden diese offenkundig künstlichen Plastikdinger nicht eher Ich kaue an meinen Fingernägeln? Mir persönlich ist es ja lieber, wenn Kosmetikprodukte meine emotionalen Probleme kaschieren.
»Bei Kito war das nicht nötig«, schwärmt CJ, greift nach dem Teller und zieht die Frischhaltefolie ab. Die Zucchiniblüten darunter sind inzwischen eindeutig matschig und
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