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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Nacht gestorben«, sagte Frau Rosell leise am Telefon. »Er ist friedlich eingeschlafen. Sie haben ihn gerade abgeholt. Der Arzt war schon da.«
    Stephan schluckte. Die Zeit würde in Dortmund nicht gereicht haben. Er kondolierte und suchte nach Worten, die Justus Rosell gerecht wurden.
    »Wie kann ich helfen?«, fragte er, ahnend, dass Julita Rosell nun alles gewonnen hatte.
    »Wir müssen regeln, was in solchen Fällen zu regeln ist, Herr Knobel«, antwortete sie ruhig. »Alles, was hier in Spanien zu veranlassen ist, mache ich selbst. Ich habe einen Bekannten im Bürgermeisteramt. Er wird mir helfen. Aber was ich in Deutschland tun muss, möchte ich mit Ihrer Hilfe tun. All diese behördlichen Dinge, nach denen mir jetzt ohnehin nicht der Sinn steht. Einwohnermeldeamt oder Standesamt. Wen muss ich benachrichtigen? Erbschein, Versicherungen, und all so was. Helfen Sie mir? Bringen Sie bitte Ihre Akte und alle anderen Unterlagen mit!«
    »Ja, sicher«, bestätigte Stephan trocken.
    »Ich bin am Hafen und fahre jetzt mit dem Boot nach Tasarte«, sagte sie. »Ich halte es in dem Haus in Maspalomas nicht aus. Es riecht nach ihm, es riecht nach seinen letzten Tagen, es ist so ein schreckliches Gemisch aus Leben und Tod – und …«, sie suchte nach den passenden Worten. »Fäule«, sagte sie schließlich. »Verstehen Sie das?«
    »Ja.«
    »Können Sie nach Tasarte kommen? Dort ist mein Elternhaus, Herr Knobel. Nicht weit vom Strand entfernt. Sie fahren die GC 500 bis Puerto de Mogán, dann die GC 200 weiter in die Berge und biegen dann links auf die GC 205 ab. Es ist eine kleine Straße. Sie fahren auf ihr immer weiter bis zum Strand. Rufen Sie mich über Handy an, wenn Sie das Meer vor sich sehen. Ich komme dann raus. – Haben Sie die Straßennummern notiert, Herr Knobel? Sie finden sie leicht auf jeder Karte.«
    Sie wiederholte die Straßennummern.
    Stephan versprach, nach Tasarte zu kommen.
    Als er auflegte, sah er Marie verzweifelt an.
    »Wir sind zu spät!«, sagte er und schlug mit der Hand wütend auf das Bett.
    »Warum sollst du nach Tasarte fahren?«, fragte sie.
    »Sie will die Formalien regeln. Sie hat es ja jetzt gut.«
    »Du willst wirklich hin?«
    »Es bleibt mir letztlich nichts anderes übrig«, meinte Stephan. »Ich kann jetzt kaum sagen, dass mich das alles nicht mehr interessiert.«
    »Ich komme mit«, entschied Marie.
    »Kannst du nicht. Sie denkt doch, dass du überhaupt nicht mehr auf der Insel bist.«
    »Ist das jetzt nicht egal? – Vielleicht hilft es noch etwas, wenn ich ihr vorhalten kann, was ich vor einigen Tagen beobachtet habe.«
    »Meinst du, dass es sie beeindruckt, Marie?«, fragte er. »Sie wird es kalt lächelnd bestreiten.«
    »Aber es wird über die Fluggesellschaft nachzuweisen sein, dass Hobbeling an diesem Tag auf Gran Canaria war. Und es wird auch nachweisbar sein, dass er einen Mietwagen am Flughafen genommen hat.«
    »Und das war es auch schon«, hielt Stephan dagegen. »Es beweist letztlich nichts.«
    »Aber schließlich haben wir die Faxe mit den Telefonnummern. Das ist ein schlagender Beweis, Stephan, das weißt du. Du bist es Rosell schuldig, und ich werde dich nicht allein fahren lassen.«
     
    Sie machten sich mit dem Auto auf den Weg nach Tasarte. Die Akte lag hinten auf dem Rücksitz. Als sie auf die Autobahn fuhren, riefen sie Schürmann an. Er war schon unterwegs von Puerto de Mogán nach Maspalomas, um seinen Posten zu beziehen.
    »Es lohnt nicht«, sagte Stephan. »Rosell ist tot und seine Frau schon auf dem Weg nach Tasarte. Wir fahren gerade dorthin. Sie haben den Leichnam schon abgeholt.«
    »Alles verloren«, bemerkte Schürmann matt. Er schwieg eine Weile. »Wir telefonieren später«, sagte er schließlich und beendete das Gespräch.

32
    Sie folgten den Straßen, deren Verlauf Stephan schon aus dem langen Telefonat mit Marie kannte, als sie Hobbeling gefolgt war. Hinter Mogán begannen die nicht enden wollenden Kehren und Kurven, die die Straße in die Höhe führte. Endlich erreichten sie die kleine verlassene Bushaltestelle am Abzweig nach Tasarte. Sie hielten an. Stephan und Marie stiegen aus. Es roch nach Urin. Die abgelegene Haltestelle diente mutmaßlich mehr als Toilette als ihrem eigentlichen Zweck.
    Bevor sie wieder einstiegen, blickten sie von der Haltebucht aus in das vor ihnen liegende Tal, das steil nach unten fiel und dann sanft abfallend und ausweitend in den Atlantik mündete. Das Meer glänzte grünlich am Horizont, die Berge im

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