Endstation bei Al Wheeler
brummte gequält, während er
sich bückte und etwas aufhob, das hinter seinem
Schreibtisch verborgen gelegen hatte. Dann richtete er sich erleichtert
brummend wieder auf und warf seinen Fund auf den Schreibtisch. Den Bruchteil
einer Sekunde lang hoffte ich, es handle sich nur um lange, wollene rote
Unterkleidung, aber der falsche Bart konnte nicht übersehen werden. Es war in
der Tat ein komplettes Sankt-Nikolaus-Kostüm.
»Ausstellungsstück eins«, sagte Lavers triumphierend. »Erlauben Sie mir, Ihnen nun
das zweite zu zeigen, Lieutenant .« Er öffnete die
Schreibtischschublade neben sich, nahm eine Pistole heraus und legte sie neben
das Sankt-Nikolaus-Kostüm. »Gefunden in Jorgans ’
Schreibtisch, in einer verschlossenen Schublade.«
»Es besteht wohl kein Zweifel
darüber, daß es sich um die Mordwaffe handelt ?« fragte
ich mit düsterer Stimme.
»Ed Sanger hat sie bereits
untersucht«, sagte der Sheriff vergnügt. »Nicht der geringste Zweifel, Wheeler.
Es waren keine Fingerabdrücke darauf, aber ich glaube, darüber brauchen wir uns
keine unnötigen Sorgen zu machen. Oder?« Er nahm eine Zigarre aus der Schachtel
auf seinem Schreibtisch, riß das Zellophan herunter, hielt sie dann ans Ohr und
lauschte, während er sie zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her rollte,
auf das knisternde Geräusch. » Gestern nacht erwähnte ich die Möglichkeit, daß Jorgans zwei
Pistolen gehabt haben könnte. Erinnern Sie sich? Sie fanden den Gedanken
lächerlich, soweit ich mich erinnere. Stimmt’s, Lieutenant ?«
»Ich finde ihn noch immer
lächerlich .«
»Sie — was?« Seine Augen
quollen hervor. »Der Fall ist geklärt, Wheeler, erledigt! Was für Beweise
brauchen Sie denn noch dafür, daß Jorgans der Mörder
war ?«
»Es ist nichts als ein billiger
Schwindel«, sagte ich. »Der Mörder, der Janice Iversen erwürgt hat und wußte, daß sowohl Jorgans als auch
ich auf dem Weg zu ihrer Wohnung waren, ging in sein Büro und versteckte die
Pistole und das Kostüm an Orten, wo man sie unvermeidlicherweise finden mußte, wenn nur jemand das Büro durchsuchte!«
Lavers rammte sich seine Zigarre in
den Mund, kaute eine Weile darauf herum und glotzte mich dann an. »Lassen Sie
Ihr Ego nicht zum Sieger über Ihre Logik werden, Lieutenant. Der Fall ist
abgeschlossen, und das wissen Sie auch .«
»Für mich nicht«, knurrte ich.
»Sie werden mich nie davon überzeugen, daß es Jorgans war, nicht in einer Million Jahren .«
»Was wurmt Sie denn so, Wheeler ?« schrie er. »Vielleicht, daß Sie keine Gelegenheit
gefunden haben, jemanden festzunehmen? Liegt es daran, weil er Sie hereingelegt
hat, indem er zu diesem Fenster hinausspaziert ist, als Sie gerade nicht
hinschauten ?«
»Sheriff...« Ich schloß die Augen
und zählte vier Blonde und eine Rothaarige — warum hatten sie bloß alle eine
graue Strähne im Haar?-, und schaffte es dann, mein Gesicht zu einem höflichen
Lächeln zu verziehen. »Wollen wir es dabei belassen, daß wir uns in diesem
Punkt eben nicht einig sind ?«
»Großartig !« bellte er. »Wir sind uns in diesem Punkt nicht einig — und damit ist jetzt der
Fall trotzdem abgeschlossen !«
»Geben Sie mir vierundzwanzig
Stunden Zeit, um das Gegenteil zu beweisen ?« fragte
ich. »Wenn ich es in dieser Zeit nicht schaffte, dann gebe ich Ihnen recht, und
der Fall ist abgeschlossen .«
»Das werden Sie im Leben nicht
beweisen«, sagte er spöttisch.
»Hören Sie einmal einen
Augenblick lang auf, von sich selber zu reden«, sagte ich. »Was haben Sie dabei
zu verlieren? Sie sind ja ohnehin so verdammt überzeugt, daß Sie recht haben .«
Die Zigarre zappelte in seinem
Mund herum wie ein Torpedo, das im Rohr steckengeblieben ist. Dann beruhigte er
sich plötzlich. »Zum Teufel damit«, brummte er, »soll ich mir wegen eines
Verrückten mit Sherlock-Holmes-Illusionen Magengeschwüre anärgern ?
Okay, Wheeler, aber nur bis morgen früh um neun Uhr. Und unter einer Bedingung:
Wenn Sie bis dahin nicht bewiesen haben, daß ich unrecht habe, möchte ich eine
Entschuldigung von Ihnen haben — schriftlich !«
»Und wenn ich bewiesen habe,
daß Sie unrecht haben ?« erkundigte ich mich.
Er grinste hämisch. »Ich bin
ein fairer Mensch. In diesem Fall brauchen Sie mir keine Entschuldigung zu
schreiben .«
»Sie sind reizend«, knurrte
ich. »Fett, häßlich und dumm, aber reizend! Haben Sie etwas dagegen, wenn ich
mir das hier ausborge ?« Ich griff nach dem auf seinem
Schreibtisch liegenden
Weitere Kostenlose Bücher