Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Titel: Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xanthippe Verlag
Vom Netzwerk:
Amalia macht unwillkürlich einen Schritt nach vorn.
    Zenger lehnt sich auf dem Stuhl zurück und schlägt ein Bein übers andere. Einen Arm lässt er lässig über die Seitenlehne hängen.
    «Der hat doch jetzt diese Lady geheiratet, die ist aus altem englischem Adel. Vermögend, meine Mutter kennt sie. Das ist dem doch gerade recht gekommen. Sollte unsereinem einmal passieren, so richtig schön einheiraten und sich einnisten und den Herrn spielen.»
    «Ach, er selber ist doch auch aus vornehmer Familie», wundert sich Amalia.
    «Vornehm, alter schottischer Adel, he he, aber heruntergekommen, wenn Sie wissen, was ich meine, der ist mausarm zur Welt gekommen», spöttelt Zenger.
    «Aber James hat sich trotzdem gemacht», verteidigt Sir Butterworth seinen Kollegen, «hat natürlich studiert. Und als er in der Geologie Erfolg hatte und an den Universitäten Vorlesungen hielt, wurde er von den vornehmen Herrschaften sehr positiv beachtet. In England ist er inzwischen berühmt.»
    Doch Zenger fährt fort: «Und da wurde er halt auch für die Lady eine gute Partie. Die hätte den sonst nie genommen, Sie kennen diese englischen Adelsfamilien, Dünkel bis zuhinterst. Meine Mutter hat immer gesagt…»
    «Bleiben Sie bitte bei der Sache, Zenger», mahnt Sir Butterworth. «Können Sie sich vorstellen, wer James etwas zuleide tun will?»
    «Da gibt es etliche, die ihm sicher schon einmal den Tod gewünscht hätten», grinst Zenger, «aber ob sie ihn umbringen würden? Aber James ist natürlich nicht zimperlich. Nie gewesen. Beinharte Erziehung: Sein Vater wollte ihn zuhause behalten, aber seine Mutter war eher der strenge Typ. Sie hat ihm eine echte englische Erziehung angedeihen lassen. Sie wissen ja, als Engländer springt man in diese kalten Gletscherbäche, ohne sich umzusehen. Das macht Ihnen kein Einheimischer nach. In dieser Hinsicht bin ich selbst ganz Österreicher. Ich halte mich da lieber an mein Vaterland als an meine mütterliche Herkunft.»
    «Das hat noch keinem geschadet!», ruft Sir Butterworth leicht empört. «Und sonst? Das bringt uns alles nicht weiter! Wie war denn Ihre Beziehung zum Opfer?»
    «Wie ich schon sagte, unsere Mütter kannten sich gut, haben beide auswärts geheiratet, sind aber in Kontakt geblieben. Wir haben mehrere Touren zusammen gemacht. Aber mit dem Bergsteigen ist das so eine Sache. Der James hatte immer sehr genaue Vorstellungen davon, wie man das anstellen muss – und ich auch. Kurzum, wir sind seit einiger Zeit nicht mehr zusammen unterwegs gewesen. Wissen Sie, unter uns gesagt: Er hat nicht immer ehrlich gespielt. Anderen die Führer abspenstig machen und so. Ich bin nicht mehr mit ihm gestiegen. Mir hat es gereicht. Das gebe ich zu. Obwohl, man hätte sich die Kosten für den Führer weiterhin teilen können, das wäre ihm sicher entgegengekommen.»
    «Ich frage Sie jetzt ganz direkt, Zenger», fordert Butterworth jetzt ziemlich ungeduldig, «haben Sie etwas mit diesem unglücklichen Vorfall zu tun?»
    «Nein, nein, nein. Habe ich nicht, habe ich nicht», Zenger schüttelt den Kopf und hebt den rechten Zeigefinger, «weshalb auch? Vielleicht der Signore, der will unbedingt als Erster auf das Matterhorn. Und da wollte er einen Konkurrenten aus dem Weg räumen. Denkbar wäre es. Aber, bei der Queen of England! Da hätte er wohl besser mich umgebracht, James ist doch keine Konkurrenz. Aber was sage ich da?», und Zenger lacht laut über seinen eigenen Witz, ohne dass ihm jemand Gesellschaft leistet dabei.
    Sir Butterworth blickt in die Runde: «Ich glaube, wir kommen hier nicht weiter. Ich schlage vor, wir nehmen uns den nächsten Zeugen vor. Wie Sie sagen, Zenger, dieser Signor Peffirelli wäre zum Beispiel ein interessanter Zeuge. Zenger, Sie halten sich zur Verfügung!», brummt Sir Butterworth, offensichtlich ein wenig enttäuscht darüber, nicht mehr herausgebracht zu haben.

6. Signor Peffirelli sagt aus
    Jetzt erst fällt Amalia auf, dass die Sonne schon hoch am Himmel steht und deren Strahlen das Zimmer hell erleuchten. Ein wunderschöner Tag, denkt sie, wie schön wäre es jetzt, auf der Terrasse mit den Gästen zu plaudern, anstatt hier drinnen in der stickigen Luft zu Gericht zu sitzen. Sie geht hinüber zum kleinen Fenster und macht die beiden Riegel oben und unten mit geübten Handbewegungen auf. Dann entriegelt sie die beiden Aussenfenster und öffnet sie weit. Die Luft ist trotz der Sommersonne angenehm kühl. Weiter unten rupfen die Kühe kurzes, würziges Gras von

Weitere Kostenlose Bücher