Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi
Eröffnung des Hotels Belalp regelmässig im Sommer einige Wochen hier verbringt. Zuerst kam er alleine, bereits im zweiten Jahr brachte er die Signora mit. Und dann die Kinder. Die Signora mag die reine Luft hier oben. Sie verträgt die Sommerhitze in der Stadt nicht. Sie nimmt dankbar die Kräutertees und Tinkturen von Weva an.
Kamil hat Signor Peffirelli unterdessen zum Reden gebracht.
«Ich sehe die Sache so. Ecco , wir haben ein Wettrennen, der Zenger und der Professore McGregor und io . Nicht wahr? Ganz klar, da bin ich natürlich mit-, eh, wie sagt man, verdächtig. Aber ich bin ganz unschuldig. Mir geht es nur um das Bergsteigen. La montagna . Verstehen Sie? Eigentlich ist mir das Ganze nicht so wichtig wie dem Zenger. Der hat sich da in etwas hinein forzato , gesteigert. Un vero toro . Wenn Sie wissen, was ich meine, ein wilder Stier. Doch das Matterhorn, Sie verzeihen, Frau Germanier, gehört ebenso den Italienern wie den Schweizern. Und die Svizzeri gehen sowieso nur als Führer mit.»
«Kommen Sie zur Sache, wir haben noch andere zu befragen.»
Obwohl Kamil Recht hat, hilft es der Befragung nicht weiter, im Gegenteil. Signor Peffirelli verstummt sofort. Nur das nicht, denkt Amalia, jetzt, da er gerade so schön geredet hat. Sie macht Kamil ein Zeichen, er solle schweigen, und versucht noch einmal, den Signore zu ermuntern:
«Danke, Signor Peffirelli, Ihre Ansichten sind uns ausgesprochen wichtig, fahren Sie ruhig fort, erzählen Sie uns, was Sie zu sagen haben.»
Der Signore ist Gott sei Dank selber darauf erpicht, seine Version anzubringen, also fährt er fort:
«Gut, wenn Sie mich fragen, hat der Zenger mit dem professore ein Problem. Oder besser gesagt, mit seinem Führer. Er hat ihm nämlich mehrere Mals, mehrmals den besten Führer vor der Naso, Nase hinweg geschnappert.»
«Geschnappt», bemerkt Kamil.
«Wie?», Peffirelli hält inne, starrt Kamil an.
«Geschnappt, es heisst geschnappt, weggeschnappt, nicht geschnappert», führt Kamil seelenruhig aus.
Amalia wirft ihm abermals einen ärgerlichen Blick zu. Wenn der so weitermacht, müssen wir ihn in die Küche schicken. Er hindert die Leute am Reden. Und zum Signore gewandt, meint sie beschwichtigend:
«Entschuldigen Sie, Signor Peffirelli, unser Kamil will bestimmt nicht unhöflich sein. Kamil, du schreibst jetzt, ja? Wie meinten Sie das eben genau, Signore?»
«Sehen Sie, Signora, es kommt trotz allem auf die Führer an, die kennen la regione wie ihren Hosensack. Und die guten haben keine Angst vor der montagna . Aber eben, es gibt nicht so viele gute, und die sind dann schnell weg. Und es kommt natürlich darauf an, wer sie zuerst reserviert. Oder dann …
«Fahren Sie fort!», befiehlt Kamil.
«… oder dann gibt es andere Mittel, wenn Sie wissen, was ich meine.»
«Werden Sie bitte deutlicher, Signore», schaltet sich jetzt Sir Butterworth wieder ein.
«Man verliert Reservationen, man schreibt neue ein, eine guida ist plötzlich nicht mehr da, es springt einer unter falschem Namen ein und so weiter. Es heisst dann, er sei Murmeltiere jagen gegangen oder so etwas, mit Geld lässt sich vieles arrangiare . Und seit der Professor gut geheiratet hat, ist er in der Lage, wenn Sie wissen, was ich meine.»
«Wissen Sie etwas, oder geben Sie hier nur Gerüchte zum Besten?», fragt Sir Butterworth herausfordernd. «Sie belasten damit den Professor selbst!»
«Beh, es heisst, dass der Professore heuer für einmal dem Zenger die guida vor der Nase fortgeschnappt …», mit bedeutungsvoller Miene blickt er kurz zu Kamil hinüber, dieser nickt, und Peffirelli fährt dann fort, «… hat. Im Monte Rosa in Zermatt erzählen das alle. Eh! Und mit diesem Coup wäre dem Professore fast eine Besteigung des Matterhorns gelungen. Öh la Madonna , er hat gefunden eine nuova traversa. Ma, sfortunato , ist ihm nicht gelungen, hat niemand viel darüber geredet.» Bedeutungsvoll runzelt Signor Peffirelli die Stirn. « In ogni caso , auf jeden Fall hat der Zenger in Zermatt furchtbar geflucht über den Professore. Da hatte er vielleicht ein oder zwei Glas getrunken, aber er war, wie sagt man, fuchsteufelswild.»
Der Signore lächelt Kamil an, dieser korrigiert kein einziges Wort.
«Aber es gibt Dutzende anderer Bergführer», wundert sich Amalia. Sie kann diese Aufregung nicht recht verstehen. Es ist schon eine Weile die Rede davon, es gebe eine Art heimliches Wettrennen um die Erstbesteigung des Matterhorns. Das Matterhorn! Dieser Steinhaufen macht
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