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Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Titel: Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xanthippe Verlag
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ich glaube nicht, dass wir sonst vorankommen.»
    Eine Viertelstunde später findet sich die Untersuchungskommission wieder in der Réception ein. Kamil hat sich beruhigt.
    «Wo waren wir stehen geblieben?», fährt Sir Butterworth mit der Einvernahme Zengers fort.
    Dieser legt gleich wieder los: «James, gut, der hat nun einmal den Zenit überschritten. Sehen Sie, diese Bergsteigerei ist etwas für junge Leute. James McGregor ist sicher bald fünfundvierzig. Da schmiedet man eigentlich besser keine grossen Bergsteigerpläne mehr. Aber er kann es einfach nicht sein lassen. Und jetzt, wo er eine junge Frau hat, müsste er doch erst recht damit aufhören. Ich sage immer, entweder oder…! Aber der verfluchte Teufel gibt nicht auf, das sage ich Ihnen. Der gibt keine Ruhe, bis er nicht doch noch auf dem Matterhorn gewesen ist. Er tut nur so, als wäre er nicht mehr stark genug, aber insgeheim, da bin ich mir sicher, plant er einen weiteren Versuch. Fast ist es ihm gelungen.»
    «Was ihm nicht abzusprechen wäre», wendet Sir Butterworth ein.
    «Vielleicht hätte er es geschafft, wenn er seinen Führern gegenüber nicht immer so ein harter Hund gewesen wäre – und knauserig dazu, dieser Rappenspalter.»
    «Wie meinen Sie das?», erkundigt sich Amalia.
    «Er ist Schotte, wie Sie wissen», grinst Zenger.
    Amalia blickt fragend in die Runde, Sir Butterworth zuckt kurz mit den Mundwinkeln und bemerkt: «Das erklären Sie uns bestimmt näher.»
    «Zum Beispiel die Bergführer: Klein und drahtig hat er sie am liebsten. Er sagte einmal, die würden am wenigsten kosten, weil sie punkto Unterhalt nicht so teuer zu stehen kommen. Die Grossen würden so viel essen. In dieser Hinsicht war er tatsächlich unschlagbar», und wieder lacht Zenger laut.
    «Ist», meint Amalia nur.
    «Wie?», Zenger blickt erstaunt zu ihr herüber.
    «Ist, er ist, er weilt noch unter uns», erklärt Amalia.
    «Ach, pardon, Madame, nur so eine Redensart.» Zenger verneigt sich leicht. James und ich haben einiges zusammen erlebt. Leider konnten wir dann letztes Jahr nicht mehr zusammen klettern. Wissen Sie, es hat sich auch immer mehr eine Art Wettstreit, ich möchte nicht sagen, ein Kampf, nein, eher ein Wettbewerb unter uns entwickelt. Wer als Erster hier oder dort aufsteigen kann. Wer wieder eine Traverse mehr kennt. Ich fand das immer erquicklich, das regt an. Und das Matterhorn würde natürlich jeder gerne als Erster besteigen. Ich glaube, James hat eine neue Route im Kopf, soll Erfolg versprechend sein. Vielleicht wollte ihm der Peffirelli das verunmöglichen, der ist auch so vergiftet darauf bedacht, als Erster aufs Horn zu steigen.» Zenger wedelt mit der Hand in der Luft herum. «Fragen Sie den, fragen sie den! Oder Duncan Farthing, bei dem weiss man nie, was er im Schilde führt. Der wollte heute einen Vortrag halten über Seile, Dicke und Beschaffenheit. Gut, man muss sagen, das Wichtigste bei den Seilen ist natürlich, dass man sie überhaupt umbindet. Mit Verlaub, Madame, die meisten Führer sind zu dumm, die binden den Gast am Seil an und halten das andere Ende nur mit der Hand fest. Da kann man dann sehen, was passiert, wenn etwas passiert.»
    «Ja, ja, ich kenne das», bemerkt Sir Butterworth, «und wenn einer fällt, dann lassen die einfach los, da sind Sie geliefert.»
    Kamil meldet sich zu Wort: »Wollen Sie jetzt Seiltheorien diskutieren oder was?»
    Er hat während Zengers Ausführungen nur noch hin und wieder ein Wort aufgeschrieben. Amalia nimmt sich vor, nach der Befragung einen Blick auf das Protokoll zu werfen.
    Sir Butterworth geht nicht auf Kamils Frage ein. Er mustert ihn nur kurz mit einem kritischen Seitenblick, räuspert sich und sagt zu Zenger:
    «Fahren Sie fort.»
    «Schon gut, schon gut», beschwichtigt dieser, immer noch ganz redselig, «man muss natürlich zugeben, dass diese Bergführer ein eigenes Völklein sind. Sie wissen vielleicht, Madame, wie die bezahlt werden. Alter, Erfahrung und vor allem der Schwierigkeitsgrad der Route legen den jeweiligen Preis fest. Wen wundert es da, dass die Führer den Schwierigkeitsgrad gern übertreiben, damit sie Kasse machen können. McGregor hatte dauernd Konflikte mit ihnen, er meinte immer, sie verlangten zu viel und wollten ihn übers Ohr hauen. Er hielt sie sehr kurz, wer weiss, vielleicht hat einer von denen … Aber jetzt hat er ja dann ausgesorgt – ganz abgesehen davon, ob er es überhaupt erlebt.»
    «Was, wie?», Sir Butterworth starrt Zenger mit grossen Augen an.

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