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Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Titel: Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xanthippe Verlag
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dasitzen, einfach warten. Hoffentlich geht es wieder vorbei. Soll ich rufen? Nein, wie sieht das denn aus! Ruhig, Amalia, ruhig, es geht vorbei. Es ist jedes Mal vorbeigegangen. Wenn das hier durchgestanden ist, gehe ich endgültig zum Arzt. Oder könnte vielleicht Doctor Feelgood …? Aber vor einem Gast mag ich mich nicht entblössen. Nein. Ich warte lieber. Augen schliessen und weiteratmen. Dann geht es wieder.
    Amalia muss kurz eingenickt sein. Als sie wieder aufwacht, fühlt sie sich ein wenig besser. Sie will Pierres Zeilen noch einmal lesen. Sie steht auf, geht zur Kommode und zieht die oberste kleine Schublade auf. Da liegt der Brief. Mit der rechten Hand streicht sie das Blatt zurecht und liest. Amalia wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ihr Mann kommen und die ganze Sache für sie regeln würde. Ihm könnte sie vertrauen. Bei ihren Gästen ist sie sich nie sicher, was da alles für Interessen im Spiel sind. Sie nimmt das Marienbildchen in die Hand, das Pierre seinem Brief beigelegt hat, und blickt auf Maria mit dem roten Rosenstrauss im Arm. Amalia fühlt sich etwas besser.
    Es klopft.
    «Amalia», erklingt Marias Stimme, «du sollst hinaufkommen. Der Patient ist aufgewacht!» Amalia öffnet die Tür.
    «Komm mit», Maria zieht Amalia mit sich, und gemeinsam steigen sie zügig die Steintreppe hinauf. Amalia muss ihren Schritt verlangsamen. Sie atmet schwer.
    «Ich hatte vorhin wieder so einen Anfall», keucht sie. «Am liebsten hätte ich mir alle Kleider vom Leib gerissen.»
    «Soll ich dir das Mieder lösen?», erkundigt sich Maria besorgt.
    «Doch nicht hier auf der Treppe!» Amalia schüttelt energisch den Kopf.
    Maria hat manchmal überhaupt keine Ahnung, was einer Dame geziemt. Sie ist eben immer im Stall und auf der Alp gewesen, bei den Tieren. Keine Schule. Nie auswärts gearbeitet. Hat immer hier auf demselben Flecken Erde gelebt.
    Im Zimmer 11 treffen sie Sir Butterworth an. Doctor Feelgood hat den Patienten mit Vrenis Hilfe hochgebettet. Warme Kissen stützen ihn auf beiden Seiten. Die Tuben, Salben, Kannen, Becher und nassen Tücher auf dem Tisch neben dem Bett zeugen von einer intensiven, wenn auch etwas improvisierten Behandlung.
    «Fassen Sie sich kurz, der Patient ist sehr schwach!», ordert der Doctor.
    Sir Butterworth fackelt nicht lange: «James, erkennst du mich?», und er beugt sich so nahe zum Gesicht des Patienten, dass dieser zusammenzuckt. McGregor atmet tief ein. Seine Lungen pfeifen furchterregend. Statt einer Antwort bekommt Sir Butterworth aber nur einen fürchterlichen Hustenanfall zu hören. Er kann sich gerade noch rechtzeitig aufrichten, sonst wäre der feuchte Auswurf des armen Kranken in seinem Gesicht gelandet.
    Sir Butterworth weicht einen Schritt zurück, kramt ein Taschentuch aus der Seite seines Jacketts und tupft sich damit über Stirn und Gesicht. Kamil, der ins Zimmer getreten ist und die Szene beobachtet hat, grinst hinter seinem langen Schnurrbart und streicht sich mit der Hand übers Kinn. Er zieht seinen dunkelgrünen Filzhut.
    «Vielleicht ist es doch noch nicht möglich, ihn zu befragen», meint Sir Butterworth entmutigt.
    Doch James McGregor, dessen rechte Hand sich an seinen Hals klammert, streckt jetzt mit neu gewonnener Kraft seine Linke aus. Er richtet sich leicht auf und beginnt mit krächzender Stimme zu sprechen:
    »Ni-hichts a-a-an Pe-pe-penelope lassen, sie, sie, ist, meine … meine liebe Frau», und lässt sich dann erschöpft in die Kissen sinken.
    «Kannst du sprechen, James?», versucht es Sir Butterworth erneut, diesmal vom Bettende her.
    «Er darf sich nicht aufregen. Das ist nicht gut für ihn», mahnt Doctor Feelgood. Als James McGregor abermals zu sprechen beginnt, machen alle einen Schritt näher zum Bett und beugen sich zu ihm hinunter.
    «Ich …», sagt er ganz leise.
    Doch er bringt keinen weiteren Ton heraus. Sir Butterworth versucht ihn zu ermuntern. «James, du brauchst dir keine Sorgen um deine Frau zu machen. Wir verdächtigen sie nicht. Sie ist zweifellos auch ein Opfer geworden …»
    «Da kann man gar nicht so sicher sein», platzt Kamil heraus.
    James McGregor starrt Kamil unverwandt an, atmet wieder heftiger und streckt seine Hand zitternd seinem Widersacher entgegen.
    «Hören Sie, so geht das nicht!», ärgert sich Doctor Feelgood. «Ich habe doch gesagt, keine Aufregung! Wenn Sie nicht sofort damit aufhören, werde ich Sie wieder hinunterjagen!»
    «Kamil!», zischt Amalia und fixiert ihn streng.
    «Ich meine doch

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