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Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Titel: Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xanthippe Verlag
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Kind. Und doch noch nicht erwachsen und sicher genug ist, dass es um sein Anrecht auf eine persönliche Meinung weiss. Also schweigt Giovanna lieber. Amalia kennt das. Sie war früher auch so scheu. Lang ist es her. Die Kleine tut ihr leid. Wie soll Amalia sie bloss vor Duncan warnen? Er wird sie fallen lassen, sobald er erfährt, dass sie kein Geld hat. Aber muss sie sich auch darum noch kümmern? Eigentlich hat sie schon genug am Hals. Doch es wäre schade um das hübsche Ding. Sie wird gegenüber der Signora eine Bemerkung machen.
    Sir Butterworth unternimmt einen letzten Versuch und wird jetzt sehr direkt:
    »Man sagt, die Bergführer in Chamonix würden Professor McGregor den Tod wünschen. Können Sie sich vorstellen, weshalb?»
    Giovanna schaut hilfesuchend zu Amalia hinüber. Was soll sie tun? Amalia nickt ihr freundlich zu.
    « Oui. Ben. Le professeur . At sisch gemischt in Angelegeeiten du village , im Dorf.»
    «Aha. Was denn für Angelegenheiten?», forscht Sir Butterworth weiter.
    « Il était contre une exposition . Wie sagt man, Ausstellung?»
    «Was denn für eine Ausstellung?»
    Man musste ihr wirklich jeden Satz aus der Nase ziehen. Kamil, Sir Butterworth und Amalia blicken jetzt gebannt auf Giovanna.
    «Oh, nichts Wischtiges. Übergebleibsel aus dem Glacier.»
    «Was für Übergebleibs-, Überbleibsel?», Sir Butterworth ist erstaunt.
    «Gefundene Gegenstände und so Sachen.»
    «Weshalb sollte der Professor etwas dagegen haben?»
    « Ben , es waren auch ein paar Aare und ein Schuh darunter.»
    «Saperlott! Haare? Ja, aber, wie kommen denn Haare und Schuhe in den Gletscher hinein? Wie soll man so etwas Kleines dort überhaupt finden?» Kamil schüttelt nur den Kopf.
    Das allerdings weiss Sir Butterworth als Alpinist, der bereits mehrere Gletscher überquert hat, sehr wohl. Er erklärt, die Crevasses, die Spaltungen der Gletscher, seien bei den Traversen sehr gefährlich. Manchmal würden Schneebrücken darauf liegen, so dass man die Spalten nicht sehe. Erst wenn dann einer darübergehe, stürzten sie plötzlich ein, sehr gefährlich sei das! Und gefürchtet. Und manchmal sei es sogar so, dass zwei, drei oder vier Personen über dieselbe Stelle gegangen seien, und erst dann sei einer abgestürzt. Weil der Schnee und das Eis darunter nur langsam nachgäben. Also falle man hinein, manchmal zehn Meter und mehr. Es gebe dann eben welche, die man nicht mehr herausholen könne, weil sie zu tief fallen und eingeklemmt seien.
    «Sie sind natürlich tot, vom Sturz in die Spalte umgekommen. Aber es ist immer etwas peinlich, wenn man die Körper nicht herausholen kann.»
    «Schreckliche Vorstellung!», Amalia atmet tief. «Aber wie können die Sachen dann ausgestellt werden? Das ergibt doch keinen Sinn.»
    Alle drei starren vorwurfsvoll zu Giovanna.
    « Le glacier est une rivière lente, vous savez! Der Gletscher bewegt sich vorwärts wie eine Fluss, und ganz vorne abfallen die Spitze. Manchmal fällt ein Schuh heraus oder eine Lampe.»
    «Sie meinen, diese Gegenstände wandern mit dem Gletscher mit und fallen vorne wieder heraus?», Amalia hat so etwas noch nie gehört.
    «Ja, so ungefähr.»
    «Stimmt, ich habe davon gehört», pflichtet Sir Butterworth nun aber bei. «Und unser Professor ist ein Moralist, ein sehr gewissenhafter Mensch. Er findet es pietätlos, wenn man mit anderer Leute Unglück Geld verdient.»
    Das leuchtet nun auch Amalia ein. Und wo es um Geld geht, kann gut ein handfester Konflikt entstehen. Aber deshalb gleich jemandem den Tod wünschen? Da muss doch mehr dahinterstecken. Von Giovanna ist allerdings nicht mehr zu erfahren. Mit einem kurzen Aufatmen verlässt sie die Réception.
    Kaum hat das Mädchen die Türe hinter sich geschlossen, räuspert sich Sir Butterworth:
    «Die Kleine hat etwas zu verbergen, meinen Sie nicht auch, Madam Germanier?» Er streicht sich mit der rechten Hand über das Kinn.
    «Sie war sehr nervös. Das kann aber auch an ihrer jugendlichen Unsicherheit liegen.» Amalia macht eine Pause. «Und nicht zu vergessen: an der Befürchtung, dass ihre Liaison mit Duncan Farthing auskommt.»
    Sir Butterworth seufzt. Er hat sich das alles bestimmt einfacher vorgestellt, denkt Amalia.

12. Da ist die Lady ein ganz anderes Kaliber!
    Was es doch für einen Unterschied machen kann, ob den Herren im improvisierten Büro ein junges, hübsches Mädchen gegenübertritt oder ob sie es mit einer erwachsenen Frau mittleren Alters zu tun haben. Noch dazu eine wie Lady Farthing, mit

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