Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi

Titel: Endstation Belalp - ein historischer Bergkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xanthippe Verlag
Vom Netzwerk:
Frühling, es war unmöglich, mehr als 1000 Yards zu gehen, ohne einer Mühle oder einem Schmelzofen zu begegnen. Unser Bier ist voll Salpetersäure, unser Brot enthält Tonerde», bei dieser Bemerkung schüttelt er sich, «Vollkornbrot wird mit Kartoffelmehl versetzt oder mit Kreide. Ich sage ihnen, sogar der Tee ist nicht mehr, was er war. Er wird mit gebrauchten Blättern angemacht oder mit Heckenzweiglein. Pfeffer enthält Staub als Beigabe, und Milch wird mit Wasser versetzt. Ehrliche, gesunde Produkte! Ich sage Ihnen, ehrliche, gesunde Produkte! Das ist es, was England braucht, bei unserer Queen!» Seagulls Gesicht ist ganz rot geworden.
    Hier gebe es wenigstens Natur, Schönheit, die Berge, unberührt wie keusche Jungfrauen in der Morgenröte.
    «Doch Sie und Ihre Bergsteigerkollegen können es nicht erwarten, sie alle zu nehmen und Ihre Namen verewigt zu sehen!» Seagulls Stimme klingt fast verächtlich und doch traurig.
    «Sind Sie fertig mit Ihrer Predigt?», entfährt es Kamil, der den Kopf längst auf seine Hand abgestützt hat.
    Seagull hat nur ein mitleidiges Lächeln für Kamil übrig, sagt aber nichts mehr.
    «Zurück zur Sache, Seagull, Sie werden verstehen, dass wir hier keine solchen Grundsatzdiskussionen führen können. Es geht uns darum, den Fall James McGregor aufzuklären», versucht es Sir Butterworth erneut.
    «Ja, ja, der McGregor ist auch einer von denen, die es nicht lassen können. Ein Berggipfel um den anderen. Primitive Rauferei. Sollte mich nicht wundern, wenn der eine oder andere in dieser Raserei draufgeht. Sie kennen keine Grenzen, wenn es darum geht, den eigenen Ruf zu retten. Und wie ich hörte, sind sie gerade in eine elende Konkurrenz verwickelt.»
    «Wer?»
    «Na, der James und der Zenger. Das weiss doch jeder. Und ich habe mitbekommen, wie Zenger im Speisesaal plagiert, jetzt werde er das Matterhorn als Erster bezwingen, noch diesen Sommer, weil James jetzt ausfalle. Sie sehen doch, wohin das führt. Wahnsinn. Würde mich nicht wundern, wenn da noch zusätzliche Todesfälle zu beklagen wären am Ende der Saison.»
    «Gut, gut, das hatten wir schon gehört», unterbricht Sir Butterworth etwas ärgerlich, «sagen Sie uns, wo Sie gestern Abend, in der Nacht und heute Morgen waren, es hat Sie niemand gesehen.»
    «Sie werden mir das vielleicht nicht glauben, mein lieber Sir Butterworth. Man belächelt unsereinen, weil wir uns grundlegende Gedanken machen. Wir wären eigentlich Wegbereiter für ein neues Denken.»
    «Kommen Sie zur Sache, oben stirbt unser Opfer!», ermahnt Sir Butterworth.
    «Wie auch immer, ich war gestern Nacht am See Lusgen.»
    «Ach, Nachtbaden in der Lüsga?», kichert Kamil. «Ihr Engländer seid zum Kaltwaschen geboren, ihr liebt es doch, euch unter einen Wasserfall zu stellen und zu zeigen, wie viel ihr ertragen könnt, he?»
    Doch Seagull überhört für einmal die Spitze und meint nur:
    «Ich habe den See Lusgen einmal bei Vollmondschein sehen wollen. Ihn richtig in mich aufnehmen, innerlich, um ihn dann malen zu können, wenn Sie wissen, wovon ich spreche.»
    Kamil blickt ihn nur schräg an, als wolle er prüfen, ob Seagull ihn auf den Arm nimmt. Doch dieser bleibt ernst.
    «Wie lange waren Sie denn beim See?», fragt nun Amalia.
    «Ach, ich kann mich nicht genau erinnern. Es wird wohl gegen elf oder Mitternacht gewesen sein, als ich zum Hotel zurückgekommen bin und zufällig James getroffen habe.»
    «Na, warum sagen Sie das denn nicht gleich!», regt Sir Butterworth sich auf.
    «Sie lassen einen auch schlecht ausreden. Er konnte nicht schlafen, hatte wilde Träume. Er träume hier oben oft, hat er mir erklärt. Wissen Sie, obwohl er Wissenschaftler ist, schien er sich zu fürchten, jedenfalls hielt er die Jacke ganz eng um seinen Körper geschlungen.»
    Das würde tatsächlich dafür sprechen, denkt Amalia, dass ihm Lady Penelope gestern Abend das verkehrte Mittel gegeben hat.
    «Interessant. Und dann?», erkundigt sich Amalia.
    «Nichts weiter. Ich habe ein Weilchen mit ihm geredet und mich dann verabschiedet, um ins Bett zu gehen. Mir war ausserdem sehr kalt.»
    «Und er?», fährt sie fort.
    «Er blieb noch ein bisschen. Er wollte sich den Gletscher bei Nacht ansehen.»
    «Hat jemand Sie gesehen?», Amalia ist erstaunt.
    «Ich glaube nicht, ich habe jedenfalls niemanden gesehen. Wobei – jetzt, da ich darüber nachdenke: Als ich das Treppenhaus hinaufstieg und nochmals einen Blick in den Hof warf, war mir, als huschte eine dunkle Gestalt aus dem

Weitere Kostenlose Bücher