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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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massenhaft Patronenhülsen.«
    »Und jemand, der noch Lebenszeichen von sich gibt.«
    »Und ein Polizist.«
    »Ein Polizist?«, fragte Gunvald Larsson gedehnt. »Ja. Einer von der Kripo.«
    »Wir haben ihn erkannt. Er arbeitet in Västberga. Bei der Mordkommission.«
    »Aber wir wissen nicht, wie er heißt. Er trägt einen blauen Mantel. Und er ist tot.«
    Die beiden Streifenpolizisten sprachen unsicher und leise und fielen sich gegenseitig ins Wort.
    Sie waren alles andere als klein, aber neben Gunvald Larsson wirkten sie nicht sonderlich eindrucksvoll. Gunvald Larsson war eins zweiundneunzig groß und wog neunundneunzig Kilo. Er hatte so breite Schultern wie ein professioneller Schwergewichtsboxer und riesige, dichtbehaarte Hände. Seine zurückgekämmten blonden Haare waren bereits triefend nass. Das Aufheulen zahlreicher Sirenen durchschnitt das Rauschen des Regens. Sie schienen von allen Seiten zu kommen. Gunvald Larsson horchte und sagte: »Ist das hier schon Solna?«
    »Liegt direkt an der Stadtgrenze«, antwortete Kvant listig. Gunvald Larsson warf einen ausdruckslosen, strahlend blauen Blick von Kristiansson zu Kvant. Anschließend ging er mit langen Schritten zu dem Bus.
    »Da drinnen sieht es… wie in einem Schlachthaus aus«, sagte Kristiansson.
    Gunvald Larsson berührte den Bus nicht. Er steckte den Kopf zur offenen Vordertür hinein und schaute sich um. »Ja«, sagte er ruhig. »Das tut es wirklich.«

5
    Martin Beck blieb auf der Schwelle zu seiner Wohnung in Bagarmossen stehen. Er zog Hut und Mantel aus und schüttelte das Wasser ab, ehe er beide Kleidungsstücke an die Garderobe hängte und die Tür schloss.
    Es war dunkel im Flur, aber er machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Unter der Tür zum Zimmer seiner Tochter war ein schmaler Lichtstreifen zu sehen, und er hörte, dass der Plattenspieler oder das Radio lief. Er klopfte an und trat ein.
    Seine Tochter hieß Ingrid und war sechzehn. In letzter Zeit wirkte sie viel reifer, und Martin Beck hatte immer besseren Kontakt zu ihr bekommen. Sie war ruhig, sachlich und ziemlich intelligent, und er unterhielt sich gerne mit ihr. Sie ging in die letzte Klasse der neunjährigen Grundschule und kam im Unterricht gut mit, ohne deshalb zu der Kategorie von Schülern zu gehören, die man zu seiner Zeit Streber genannt hatte. Im Moment lag sie auf dem Rücken im Bett und las. Auf dem Nachttisch drehte sich der Plattenspieler. Keine Popmusik, sondern etwas Klassisches, Beethoven, vermutete er. »Na?«, fragte er. »Schläfst du noch nicht?« Er verstummte abrupt, nahezu gelähmt von der völligen Sinnlosigkeit seiner Worte, und sann einen Moment über all die Belanglosigkeiten nach, die in diesen Wänden im Laufe des letzten Jahrzehnts geäußert worden waren.
    Ingrid legte das Buch beiseite und schaltete den Plattenspieler ab.
    »Hallo, Papa. Was hast du gesagt?« Er schüttelte den Kopf.
    »Mensch, hast du nasse Beine«, sagte das Mädchen. »Regnet es so schlimm?«
    »Und wie. Schlafen Mama und Rolf?«
    »Ich denke ja. Mama hat Rolf schon heute Nachmittag ins Bett gesteckt. Sie hat gesagt, er ist erkältet.« Martin Beck setzte sich auf die Bettkante. »Und, ist er das nicht?«
    »Ich fand jedenfalls, dass er völlig gesund aussah. Aber er ist brav abgedackelt und hat sich hingelegt. Wahrscheinlich, damit er morgen nicht in die Schule muss.«
    »Du scheinst jedenfalls fleißig zu sein. Was lernst du?«
    »Französisch. Wir schreiben morgen eine Arbeit. Willst du mich abhören?«
    »Das würde nicht viel bringen. Französisch ist nicht meine Stärke. Schlaf jetzt lieber.«
    Er stand auf, seine Tochter rutschte gehorsam unter die Decke und kuschelte sich ein. Er deckte sie ordentlich zu, und ehe er die Tür hinter sich schloss, hörte er sie flüstern: »Drück mir morgen die Daumen.«
    »Gute Nacht.«
    Er ging im Dunkeln in die Küche und blieb eine Weile am Fenster stehen. Es schien nicht mehr ganz so heftig zu regnen, was allerdings auch daran liegen mochte, dass das Küchenfenster im Windschatten lag. Martin Beck fragte sich, was bei der Demonstration vor der amerikanischen Botschaft passiert war und ob die Zeitungen von morgen das Vorgehen der Polizei als kopflos und ungeschickt oder als brutal und provokativ bezeichnen würden. So oder so würde das Urteil kritisch ausfallen. Da er der Polizei gegenüber loyal war, und das, solange er denken konnte, gestand Martin Beck nur sich selbst ein, dass die Kritik oft ihre Berechtigung hatte,

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