Endstation für neun
Melander den Empfang betraten.
Björn Forsbergs Büro lag im sechsten Stock eines Hauses in der Kungsgatan, nahe dem Stureplan. Auch die vierte und fünfte Etage gehörten dem Unternehmen.
Es war erst fünf nach neun, und sie wussten, dass Forsberg in der Regel nicht vor halb zehn eintraf.
»Aber seine Sekretärin kommt gleich«, meinte die Telefonistin. »Sie können warten, bitte nehmen Sie Platz.« Im hinteren Teil des Raums, außer Sichtweite der Empfangsdame, standen einige Sessel um einen flachen Glastisch gruppiert. Sie legten ihre Mäntel ab und setzten sich. Die sechs Türen des Raums hatten keine Namensschilder. Eine von ihnen stand eine Handbreit offen.
Martin Beck erhob sich, lugte durch den Türspalt und verschwand in dem Zimmer dahinter. Melander holte Tabaksbeutel und Pfeife heraus, stopfte sie und riss ein Streichholz an. Martin Beck kehrte zurück und setzte sich.
Sie schwiegen und warteten. Ab und zu hörten sie die Stimme der Telefonistin und das Surren der Telefonanlage, wenn sie jemanden durchstellte. Ansonsten war es still, bis auf das schwache Rauschen des Verkehrs. Martin Beck blätterte in einer jahre alten Nummer der Zeitschrift Industria, Melander saß zurückgelehnt, die Pfeife im Mund und die Augen halb geschlossen.
Zwanzig Minuten nach neun wurde die Eingangstür aufgerissen, und eine Frau kam herein. Sie trug einen Pelz, hohe Lederstiefel und eine große Handtasche am Arm.
Sie nickte der jungen Frau am Empfang flüchtig zu und ging mit schnellen Schritten zu der halboffenen Tür. Ohne ihr Tempo zu verlangsamen, warf sie einen gleichgültigen Blick auf die Männer in den Sesseln. Anschließend schloss sie mit einem Knall die Tür hinter sich. Weitere zwanzig Minuten später kam Forsberg. Er war genauso gekleidet wie am Vortag und bewegte sich schnell und energisch. Er wollte gerade seinen Mantel aufhängen, als er Martin Beck und Melander erblickte. Für den Bruchteil einer Sekunde hielt er mitten in der Bewegung inne, fing sich jedoch sofort wieder, hängte den Mantel auf einen Kleiderbügel und kam zu ihnen.
Martin Beck und Melander standen gleichzeitig auf. Björn Forsberg hob fragend die Augenbrauen und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Martin Beck streckte die Hand aus und kam ihm zuvor:
»Kommissar Beck. Das hier ist der Erste Kriminalassistent Melander. Wir möchten Sie gern sprechen.« Björn Forsberg gab ihnen die Hand.
»Ja, natürlich«, sagte er. »Das lässt sich machen. Bitte treten Sie ein.«
Der Mann wirkte vollkommen ruhig und beinahe heiter, als er ihnen die Tür aufhielt. Er nickte seiner Sekretärin zu und sagte:
»Guten Morgen, Fräulein Sköld. Wir werden unser Gespräch etwas verschieben müssen. Ich will mich noch kurz mit den Herren hier unterhalten.« Er ging vor ihnen in sein Büro, das groß und hell und elegant möbliertwar. Der gesamte Raum war mit einem dicken graublauen Teppichboden ausgelegt, und der große Schreibtisch glänzte und war leer. Zwei Telefone, ein Diktiergerät und eine Gegensprechanlage waren auf einem kleineren Tisch neben dem schwarzen ledernen Chefsessel angeordnet. Auf der breiten Fensterbank standen vier Fotografien in Zinnrahmen. Seine Frau und die drei Kinder. Zwischen den Fenstern hing ein Porträt in Ol an der Wand, vermutlich der Schwiegervater. Bar, Konferenztisch mit Wasserkaraffe und Gläsern auf einem Tablett, Sitzgruppe, eine Vitrine mit Büchern und Porzellanfiguren und ein diskret in die Wand eingelassener Safe.
Das alles sah Martin Beck, während er die Tür hinter sich schloss und Björn Forsberg mit entschlossenen Schritten zu seinem Schreibtisch ging.
Björn Forsberg stellte sich hinter den Schreibtisch, legte die linke Handfläche auf die Tischplatte, beugte sich vor, zog die rechte Schublade des Unterschranks auf und steckte die Hand hinein. Als sie wieder zum Vorschein kam, hielten seine Finger den Kolben einer Pistole umschlossen.
Björn Forsberg stützte sich weiterhin mit der linken Hand auf den Tisch, als er den Lauf der Pistole zum Mund führte, ihn, so weit es ging, hineinsteckte, die Lippen um den blauglänzenden, polierten Stahl schloss und abdrückte. Währenddessen ließ er Martin Beck nicht aus den Augen. Sein Blick war immer noch beinahe heiter.
All dies geschah so schnell, dass sich Martin Beck und Melander noch auf halbem Weg zwischen Tür und Schreibtisch befanden, als Björn Forsberg darüber zusammensank. Die Pistole war entsichert und der Hahn gespannt gewesen, und man hatte
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