Endstation Mosel
gegenüber dem Haupteingang. Unter seinem Schirm quoll Rauch hervor.
»Schon zurück?«, war sein trockener Kommentar, als Walde das Wasser von der Bank wischte und sich neben ihn setzte.
Ein wenig bedauerte Walde, dass er nicht rauchte. Jetzt hätte er eine Kippe vertragen können.
Meier ertrug das Schweigen mehrere Minuten, dann fragte er: »Und?«
»Sechs Leute von ›Klein‹ sind ins Haus, drei Weiße und drei Farbige. Kurz darauf ist Dr. Singh, dieser indische Anästhesist, eingetroffen.«
»Ich fress’ einen Besen, wenn mehr als drei wieder rauskommen.«
Die Müdigkeit kam von einem Augenblick zum anderen. Walde fröstelte. Er fühlte sich mies. Er schloss die Augen und war sofort weg.
»Sie kommen raus.«
»Was?«, es fiel ihm schwer, die Augen zu öffnen. Sein Kopf lag auf Meiers Schulter.
Er schrak hoch und richtete sich im Sitzen kerzengerade auf.
»Alle sechs«, ergänzte Meier.
»Festhalten. Die schnappen wir uns an der Pforte«, Walde brauchte jetzt dringend zwei Tassen Kaffee. »Lassen Sie zur Sicherheit einen Wagen quer stellen. Waffen entsichern, kein Risiko eingehen.«
Walde wollte aufstehen. Sein rechtes Bein trug ihn nicht. Wie am Morgen brauchte er eine Weile, bis das taube Gefühl nachließ.
*
Ein Taxi hielt vor der geschlossenen Schranke der Pforte. Fahrer- und Beifahrertür standen offen. Harry hatte die Insassen hinter der Pförtnerloge in Sicherheit gebracht. Die beiden Kombis stoppten hinter dem Mercedes.
In dem Moment, als der erste Polizist mit gezückter Pistole aus der Pforte stürmte, gab Hemp Gas. Er zog links am Taxi vorbei. Die Aufhängung knackte, dann wurde die Tür gegen den Kotflügel geknallt. Hemp riss den Kombi nach rechts. Die Schranke brach wie ein Streichholz. Mit hoher Drehzahl rammte Hemp den hinteren Kotflügel des quer gestellten Wagens, der mit splitternden Scheiben den Weg freigab.
Grabbe und Harry sahen, wie der zerbeulte Kombi durch Glasscherben und Blech davon sauste und mit quietschenden Reifen auf die Bundesstraße schlitterte.
Der zweite Kombi befand sich noch an der gleichen Stelle. Neben dem Wagen stand Gabi an der Fahrertür. Sie hatte beide Arme durch die offene Scheibe gestreckt. Eine kleinere Pistole presste sie unter das Kinn des Fahrers, die andere war auf den Kopf des Beifahrers gerichtet. Die beiden waren zu Wachsfiguren erstarrt. Aus dem Umstand, dass sich Gabis Lippen bewegten, konnten die Kollegen erraten, dass die beiden gerade eine kostenlose Nachhilfe in unflätigen Beschimpfungen erhielten.
Walde, Meier und die übrigen Kripoleute trafen fast zeitgleich ein. Die fünf Insassen wurden aus dem Kombi gezerrt und mit den Händen am Dach des Wagens aufgestellt.
Lediglich bei den zwei weißen Männern wurden Waffen gefunden. Im Nu klickten die Handschellen.
Harry hatte die Streifen an der Bundesstraße alarmiert.
»Gib’ eine Fahndung an alle raus und fordere den Hubschrauber an. Der lässt sich nicht so einfach stoppen«, befahl Walde.
»Wir fahren hinterher«, Harry packte Grabbe am Arm. »Komm mit.«
»Den kriegen wir doch nicht mehr«, protestierte Grabbe, dennoch verfiel er in Laufschritt, um mit Harry mitzuhalten.
»Gib’ mir deine Knarre«, rief Harry.
Grabbe kam seiner Forderung nach und bekam im Gegenzug die Autoschlüssel in die Hand gedrückt.
»Was, ich soll fahren?«, fragte er entgeistert.
Die drei dunkelhäutigen Männer hatten bisher kein Wort gesagt. Walde sah ihnen in die ausdruckslosen Gesichter. Der mit dem vernarbten Gesicht war nicht dabei.
»Das sind nicht dieselben, die ins Haus gingen«, sagte er zu Gabi.
»Mach’ mal auf«, Gabi deutete auf den Reißverschluss eines Overalls.
Walde riss dem überraschten Mann den Verschluss über die Brust. Bevor dieser die gefesselten Hände zur Abwehr heben konnte, hatte Gabi ihm von hinten den Stoff heruntergezogen.
»Was haben wir denn da?«, sie deutete auf die frische Narbe unterhalb der Rippen.
Meier kam hinzu: »Da gehen wir jetzt sofort rein und holen die drei anderen raus.«
»Singh und Sieblich ebenfalls«, pflichtete ihm Walde bei.
»Vier Mann kommen mit! Ruft Verstärkung, wir brauchen alle verfügbaren Leute.« Und mit Blick auf den beschädigten Wagen: »Sorgt dafür, dass die Einfahrt schnell wieder frei wird.«
Hinter dem Kombi hatten sich weitere Fahrzeuge gestaut.
Eine stetig wachsende Zahl von Schaulustigen schob sich Schritt für Schritt näher heran. Als Walde mit seinen Leuten auf sie zueilte, machten sie Platz.
Am Ende
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