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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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sind gleich hier.«
    Sie zwängten sich an den offenen Türen des Taxis vorbei. Jemand stieg auf der Beifahrerseite ein. Der Taxifahrer verstaute Taschen im Kofferraum.
    Nach ein paar Metern blieb Walde stehen: »Wie gesagt, Zugriff nur, wenn ich es sage.«
    Damit ließ Walde die drei allein zum Fußweg gehen. Er selbst wandte sich wieder dem Eingang zu.
    Die beiden Kombis kamen hintereinander die Auffahrt hoch, als das Taxi startete. Sie ließen es durch und fuhren durch den Wendekreis direkt vor dem Eingang auf den Bordstein.
    An den Kombis gingen die ersten Türen auf. Vor Walde öffneten sich die Schwingtüren des Gebäudes. Er hatte keinen Plan. Welche Namen kamen in diesem Teil der Eifel häufig vor, außer Müller, Schmitt und Meier? Ihm fiel sein Vater ein. Wie sagte er noch? Schlage den Gegner mit seinen eigenen Waffen!
    Etwas Katholisches musste her.
    »Den Herrn Schmitt möchte ich gern besuchen.« Die Frau hinter der Glasscheibe ließ flink den Zeigefinger an einer Liste entlang gleiten.
    Draußen hatten sich allesamt in blaue Overalls mit der Aufschrift »KLEIN – fein und rein« gekleidete Männer um die Kombis versammelt.
    Walde beobachtete sie und fuhr fort: »Ich komme von der Pfarrei Christkönig. Der Herr Pastor hat inzwischen vier Pfarreien und ich spring’ ja gern ein, wenn jemand so krank ist. Dafür bin ich schließlich im Pfarrgemeinderat.«
    Während er laberte, schaute er zu, wie draußen Leitern vom Dach abgeschnallt und Eimer, Behälter mit Reinigungsmitteln und Putzgeräte entladen wurden.
    »Das ist ja christliche Nächstenliebe. Oder können Sie mir eine Quittung geben, Fräulein. Der Bong, der kommt nicht mehr aus dem Automaten und dann hab’ ich nix, wenn ich wieder aus dem Parkhaus raus fahr.«
    Die Eingangstür glitt erneut auf. Drei weiße und drei dunkelhäutige Männer in blauen Overalls, bepackt mit Arbeitsutensilien, kamen herein. Nur der Rothaarige musterte ihn. Die anderen mieden den Blickkontakt und konzentrierten sich darauf, ins Haus zu gelangen, ohne mit den Leitern und Teleskopstielen irgendwo anzustoßen. Die Dunkelhäutigen wirkten gedrungen. Nicht so schlank wie die Menschen aus der Populis. Einer hatte ein von Narben gezeichnetes Gesicht.
    Die nächste Tür öffnete sich. Der Trupp verschwand.
    »Mit dt oder Doppel-t?«, fragte die Frau hinter der Glasscheibe.
    »Weiß ich auch nicht, ich kenn’ den ja nicht persönlich. Unsere Schäfchen kommen längst nicht mehr jeden Sonntag zur Messe. Wir sind ja froh, wenn sie an Weihnachten oder zur Kommunion der Kinder …«
    »Ich habe überhaupt keinen Schmitt«, unterbrach ihn die Frau.
    »Ja, sagen Sie mal, ich muss heute noch ins Kreiskrankenhaus nach Wittlich und nach Bernkastel-Kues in die Reha. Vielleicht hab’ ich auch die Namen verwechselt.«
    Walde kramte in seiner Jacke: »Jetzt find’ ich den verdammten …«, er fasste sich verschämt an den Mund. »Ist mir so rausgerutscht. Also ich find’ den blöden Zettel nicht. Dann war es bestimmt der Weber. Ich hab’ heute nur Allerweltsnamen auf der Liste. Da dachte ich, die vergesse ich nicht. Jedenfalls hat der es mit den Nieren.«
    Wieder kam jemand herein, ganz in Weiß, schwarze Haare, bronzefarbene Haut.
    »Tag, Herr Dr. Singh.«
    Der Mann deutete eine Verbeugung und das Zusammenfalten der Hände an. Wieder glitt lautlos die nächste Tür auf.
    Walde besann sich, dass er weder einen Blumenstrauß noch sonst ein sichtbares Mitbringsel vorweisen konnte: »Ich wollte ihm die Kommunion bringen, bevor er operiert wird und er vielleicht keine Gelegenheit …«
    »Jürgen Weber, hab’ ich hier.«
    »Ist der aus Christkönig?«
    »Das steht hier nicht.«
    »Dann wird er es wohl sein.«
    Diese Logik überzeugte die Dame hinter der Glasscheibe: »Der ist eben entlassen worden. Den müssten Sie eigentlich noch gesehen haben. Ist gerade mit dem Taxi weg.«
    *
    So oft wie an diesem Tag hatte er schon lange nicht mehr an seinen Vater gedacht. Lieblingsweisheiten wie »Ehrlich währt am längsten« und »Der gerade Weg ist meist der schnellste« fielen ihm wieder ein. Aber wo verlief der gerade Weg?
    Es regnete. Vor der Tür sah Walde nach links und rechts. Die beiden Kollegen standen wieder in der Raucherecke.
    Er ging durch den Wendekreis zum Fußweg. Den Hügel hinunter bot das junge Blattwerk nur wenig Schutz. Hagel mischte sich unter den Regen. Immer wieder trieben ihm starke Böen die Tropfen und Körner direkt ins Gesicht.
    Meier saß wie vorhin auf der Bank

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