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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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Komm!«
    Ich erklärte ihr, dass Grete dafür jetzt zu erschöpft war. »Und außerdem musste erst mal Hotte fragen, ob das für ihn okay ist.«
    »Ooooopaaaaa …«
    »Ja, lass mal, is jot. Aber du gehst mit dem Gassi. Der is dann dir. Da haste dann auch die Verantwortung.«
    »Ja klar!«
    »Dann laufen wir jetzt gleich mit Sunny eine Runde durch das Nippeser Tälchen«, schlug ich vor.
    Chantal hob den Hund vom Küchentisch. »Sunny! Komm, wir gehen spazieren!«
    Ich gab ihr die Leine, half ihr, sie an Sunnys Halsband zu befestigen, dann marschierten wir los.
    »Und was frisst der?«, rief Hotte uns hinterher.
    Mist! Daran hatte ich nicht gedacht. »Äh …«
    »Sie sind gar nicht vom Jugendamt!« Hottes Nachbarin stand plötzlich in ihrer Tür, in lindgrünen Caprihosen und einem rosaroten Top. »Ich werde das Jugendamt informieren, dass hier unrechtmäßig ein Kind ist. Und Haustiere sind verboten!«
    »Sonst noch was?«
    »Sie werden sich noch wundern!« Die Lady bedachte erst Hotte und dann uns alle mit einem giftigen Blick, dann hievte sie ihre Massen zurück in die Wohnung und schlug die Tür zu.
    »Ey, geht’s noch, Alte!«, schrie Chantal ihr hinterher.
    Ich schüttelte den Kopf und bedeutete ihr, still zu sein. Ärger mit dem Jugendamt konnten wir nun gar nicht gebrauchen.
    Sunny fiepte und zog an der Leine. Wir machten uns auf die Socken.

SECHZEHN
    Ich hatte mir die Finger wund gegoogelt. Umsonst. Ich konnte nichts finden zu dem Projekt dieser angeblichen Mönche in Kathmandu und natürlich auch keine Verbindung zwischen ihnen und irgendwelchen deutschen Förderern. Was ich fand, waren ein christliches Projekt, ein Buchhinweis, grauenerregende Berichte über betroffene Kinder und vor allem Maiti, die offenbar weltweit anerkannte nepalesische Hilfsorganisation für Mädchen, die zur Prostitution gezwungen werden. Pro Jahr, las ich auf der Website von Maiti, werden an die zwanzigtausend nepalesische Mädchen im Alter zwischen neun und sechzehn Jahren in indische Bordelle verkauft. Eine Schweizer Seite gab an, es seien zwischen zehntausend und zwölftausend junge Mädchen im Alter zwischen acht und zwanzig Jahren. Aber alle redeten von Mädchen. Hinweise auf Jungen fand ich, im Gegensatz zu Kambodscha, kaum.
    Ich rief Mary an und bat sie, ihren cousin George nach Infos zur Seriosität von Maiti zu fragen. Inzwischen traute ich niemandem mehr. Mary wiederum bat mich, Chantal zu sagen, sie könne morgen um sechzehn Uhr an ihrem Kinderkurs teilnehmen. Ich gab ihr Hottes Nummer, sie sollte es ihr selbst sagen, mir wuchs gerade alles über den Kopf.
    Als Nächstes rief ich Hans Grimme an, den trauernden Witwer. Er ging dran. Meldete sich mit »Professor Grimme«. Sanfte, etwas hohe Stimme. Ich stellte mich vor, sagte ihm, ich sei die Journalistin, mit der seine Frau mehrfach gesprochen und bei der sie das Notizbuch versteckt habe. Mein Beileid sprach ich ihm nicht aus. Es ging mir nicht über die Lippen.
    »Und wie kann ich Ihnen helfen, Frau – äh …?«
    »Leichter.«
    »Frau Leichter?« Jetzt klang er ziemlich arrogant.
    »Herr Grimme, Sie waren im Vorstand von F.I.C. Ich wüsste gerne: Was ist das für eine Organisation, und warum sind Sie ausgetreten?«
    »Da sind Sie falsch informiert.« Sein Tonfall war jetzt schneidend, die Stimme noch höher.
    »Okay. Dann ist die UNESCO gleichfalls falsch informiert. Aber dann wäre es doch interessant, zu wissen: Woher kommt diese Fehlinformation?«
    »Jetzt hören Sie mir gut zu: Ich bin in Trauer. Meine Frau wurde brutal ermordet. Ich habe andere Sorgen.«
    »Das verstehe ich«, säuselte ich. »Aber vielleicht könnten Sie mir noch sagen, wo ich Ihren Schwager und Ihren Schwiegervater finden kann? Ich würde ihnen gerne mein Beileid ausdrücken.« Ich hatte es noch nicht ganz zu Ende gesagt, da wusste ich, das war ein verdammter Fehler. Ich hätte mich in den Hintern beißen können. Immer wieder sage ich mir: Leichter, erst denken, dann reden. Und dann baue ich einen solchen Mist.
    »Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Ich habe zu den beiden keinen Kontakt. Und sollten Sie mich noch einmal belästigen, werde ich mich an Ihre Vorgesetzten im Westdeutschen Rundfunk wenden.«
    Von Journalisten und unserem Gewerbe hatte er offenbar keine Ahnung. Dafür hatte er eindeutig Dreck am Stecken. Aber welchen? Ich protokollierte das Telefongespräch und mailte Mary die Datei, einschließlich Grimmes Telefonnummer.
    Als Nächster war Martin dran. Er sei gerade

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