Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
Vom Netzwerk:
ich nicht. Aber vielleicht … Marco ist gerne mit Sunny spazieren gegangen. Oder gefahren. Er hat ihn in den Fahrradkorb gesetzt und ist dann losgestrampelt. Es war uns aber klar, dass der Kleine vor jemandem Angst hatte. Und einmal hat Otto zu ihm gesagt: Bleib abends hier, geh nicht in den Park, auch nicht mit dem Hund. – Aber genau das hat er wohl getan.«
    »Frau Lehner, wo wohnen Sie?«, fragte Paul. »Darf ich Sie nach Hause fahren?«
    Sie nahm das Angebot an. Ich ging langsam mit ihr zurück auf die Straße, dann warteten wir auf Paul, der vorgegangen war, um das Auto zu holen.
    »Was für ein Hund ist er denn?«, fragte ich, um sie ein wenig von den Schmerzen abzulenken.
    »Ich würde sagen, ein Labrador. Es kann aber noch etwas beigemischt sein. Das sieht man dann erst, wenn er größer ist.«
    »Und warum heißt er Sunny?«
    »Das«, seufzte Grete lächelnd, »müssen Sie die Punks fragen.«
    Paul stellte sich auf den Bürgersteig und öffnete die Tür für Grete.
    »Ach«, sagte sie plötzlich zu mir, »Sie wollten doch mit Sunny noch eine Runde laufen. Wie machen wir das denn?«
    »Ich fahre Sie nach Hause, dann hole ich Katja und Sunny im Park ab, und wir bringen Ihnen den Hund zurück«, bot Paul an.
    Aber mir fiel etwas Besseres ein. Ich überlegte einen Moment, ob ich mich trauen sollte, ihr das vorzuschlagen. Fasste mir schließlich ein Herz.
    »Frau Lehner?«
    Sie wollte gerade einsteigen und richtete sich noch einmal mühsam auf.
    »Ich … ich hatte gerade eine Idee. Darf ich Ihnen die einfach erzählen, und Sie können dann natürlich nein sagen?«
    »Ja, aber machen Sie schnell, junge Frau. Ich kann nicht mehr lange stehen.«
    »Oh, Verzeihung, nein, steigen Sie bitte ein.«
    Paul half ihr, dann klappte er den Rollator zusammen und verstaute ihn ihm Kofferraum. Paul hat für einen linken Anwalt ein ziemlich großes, ziemlich repräsentatives Auto. Das hat ihm seine Frau aufgeschwatzt, die ist Notarin und was »Besseres«. Meint sie zumindest. Aber manchmal hat so ein Schlitten ja auch Vorteile. Auf meinem Fahrrad könnte ich keinen Rollator transportieren.
    »Also, was wollten Sie sagen?«, fragte Grete Lehner aus dem Auto heraus. Ich kniete mich hin, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. »Chantal, Marcos Schwester … sie … sie hat Marco vor Grimme gerettet, sie …«
    »Ja?«
    »Sie ist wunderbar. Und sie ist sehr, sehr verletzt. So ein Tier … so etwas wie Sunny …«
    »Könnte ihr helfen, den Schmerz zu überwinden?«
    Ich nickte.
    »Wie alt ist Chantal?«
    »Zwölf.«
    »Wenn ich das recht verstanden habe, kommt sie aus unstabilen Verhältnissen?«
    »Ja. Aber sie hat ihren Bruder mit großgezogen. Sie hat ihm geholfen, von dieser Pflegefamilie wegzukommen, Und sie hat sich um Marco gekümmert wie eine richtig tolle große Schwester.«
    »Dann nehmen Sie ihn erst mal mit. Geben Sie ihn dem Mädchen. Und morgen kommen Sie mit ihr und Sunny zu mir. Dann schaue ich mir das an.«
    Ich konnte mein Glück kaum fassen. »Danke!«
    Sie drückte mir das kleine Hundeknäuel samt Leine in die Hand, Paul half ihr, sich anzuschnallen, dann fuhr er los.
    Hotte öffnete mir die Tür. Als er Sunny sah, begann er zu strahlen. »Wat is dat dann?« Sunny schnappte nach seinem Finger und fing an, daran herumzukauen. Hotte entzog ihm den Finger vorsichtig und rief: »Guckma, Chantal!«
    Wir gingen in die Küche, Chantal saß am Tisch und aß eine Käsestulle.
    »Boah, Wahnsinn!« Sie sprang auf und kam zu mir. Respektive Sunny. »Ooooh! Kann ich mal halten?«
    Ich reiche ihr das Objekt des allgemeinen Entzückens.
    »Wo hast’n den her?« Sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern trug Sunny zum Tisch und legte ihn darauf ab. Riss ein Stück Käse ab und hielt es ihm hin. »Magste?« Dann zu mir: »Mag der das?«
    Sunny war sich noch nicht ganz sicher, ob er »das« mochte. Erst mal dran riechen. Er nahm den Käse schließlich ins Maul und ließ ihn wieder herausfallen. Das Spiel spielte er noch ein paarmal, und Chantal sah ihm zu, als würde er die faszinierendsten Kunststücke vorführen.
    »Wem is der?« Lauernder Blick. Unausgesprochen: Kann ich den haben?
    Ich erzählte ihr, wo ich den Hund herhatte. Und was Grete mir aufgetragen hatte.
    »Boah, das is ja der Hammer. Mit dem hat der Pico gespielt!« Sie starrte Sunny an, als sähe sie ihn jetzt erst richtig. »Ey, Katja, hörma, wir gehen direkt da hin, zu der alten Frau, dann sieht die, dass der mich mag. Und dass ich gut auf den aufpassen kann.

Weitere Kostenlose Bücher