Endstation Wirklichkeit
Worte. Noch nie hatte ihm jemand so unverblümt mitgeteilt, ihn flachlegen zu wollen. „Ein wenig nachdenklich bin ich schon. Ich bin eigentlich nur hergekommen, um mir mit ein paar Glas Bier die schlechte Laune zu vertreiben. Ich hatte einen scheiß Tag heute“, erklärte er etwas aus der Fassung gebracht.
Miles hob fragend die Augenbrauen. „Was ist passiert? Hat dein Lover dich verlassen? Oder hat dein Kleiner versagt?“
Bei der zweiten Frage blickte er gespielt forschend zwischen Davids Beine und schmunzelte breit.
David schüttelte den Kopf. „Du bist ein ulkiger Kerl. Nein, ich habe hier ...“ Er zögerte einen Moment. Seine Gedanken wanderten zurück nach Glennville und zu Alan. Dann fuhr er fort. „Ich habe keinen Freund. Ich bin solo. Und er ...“, er sah an sich hinunter, „... hat auch nicht versagt. Er hatte schließlich keine Gelegenheit dazu. Ich habe mich heute nur zum achtzehnten Mal vergeblich um einen neuen Job bemüht.“
Miles winkte ab, als wäre dies das Selbstverständlichste auf der Welt. „Und das macht dir Kummer? Das ist doch in L.A. völlig normal. Woher kommst du, dass dich das schon nach dem achtzehnten Mal so aus der Bahn wirft?“
David erzählte in kurzen Sätzen, wo er herkam.
„Nun lass bloß nicht den Kopf hängen. Es ist nicht einfach, das ist klar, aber nach so kurzer Zeit hast du noch keinen Grund zu resignieren. Ich habe fast drei Jahre nach einem Job gesucht. Du musst nur Geduld haben. Und du darfst am Anfang nicht zu wählerisch sein. Es wird schon irgendwann klappen. Und bis dahin: Genieße, was die Stadt dir zu bieten hat!“ Aufmunternd legte er David die Hand auf die Schulter.
„Hm, ohne vernünftigen Job, was hat sie da schon zu bieten?“, fragte David und versuchte die Finger auf sich zu ignorieren.
„Na, mich zum Beispiel!“
David sah Miles grinsend ins Gesicht. „Du bist unmöglich! … Aber süß!“
Miles kam näher und flüsterte ihm ins Ohr. „Du kennst doch die berühmte Frage: Gehen wir zu dir oder zu mir?“
David stützte sich mit dem Ellbogen auf die Theke und lehnte seine Stirn auf die flache Hand. Er war sprachlos.
„Schon gut“, erwiderte Miles, „war nur ein Scherz!“
Eine Weile herrschte Schweigen, dann drehte David sich zu ihm und fragte unvermittelt: „Zu dir?“
Obwohl es eine Frage war, klang es mehr nach einer Antwort.
Miles hob verwundert die Augenbrauen und sah David ungläubig an. Dann nickte er zustimmend. „Okay, wenn du wirklich willst. Von mir aus gerne. Dann lass uns gehen. Mein Wagen steht gleich um die Ecke.“
David bezahlte die Getränke und verließ gemeinsam mit Miles das Lokal. Ohne lange zu überlegen, hatte er sich dazu entschlossen, endlich mal wieder seinen Trieben nachzugeben. Miles sah ziemlich gut aus und war ein netter Kerl. Warum sollte er sich also nicht ein wenig Spaß gönnen? Vielleicht half ihm das, den Frust der vergangenen Wochen ein wenig zu vergessen. L.A. gewann dadurch eventuell wieder etwas von dem Reiz und der Faszination zurück, die die Stadt in seinen Augen eingebüßt hatte.
David nahm sich vor, sich von den Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Miles hatte recht: Er musste einfach nur Geduld haben. Irgendwann würde er schon einen entsprechenden Job finden. Und bis dahin wollte er das Leben genießen.
***
Die Nacht mit Miles war klasse gewesen.
David grinste. Es war ziemlich warm in der kleinen Wohnung, und das, was er mit Miles in den vergangenen Stunden erlebt hatte, war nicht minder heiß gewesen.
Wie sehr hatte er den Sex in letzter Zeit vermisst. Und Miles hatte ihm all das gegeben, was er so lange nicht erlebt hatte. Er war ziemlich dominant gewesen und hatte ihn nach allen Regeln der Kunst fühlen lassen, wozu ihre Körper in der Lage waren. Jetzt am Frühstückstisch hatte David die Wut und die Enttäuschung über seine Fehlschläge fast vergessen.
„Nimmst du Milch und Zucker?“, erkundigte sich Miles und stellte die Kaffeemaschine aus.
„Nein, gar nichts, ich trinke ihn schwarz!“
Miles verzog angewidert das Gesicht. „Puh, schwarz wie die Nacht. Willst wohl noch schöner werden? Ich brauche immer reichlich Zucker. Kaffee ohne Zucker ist wie Sex ohne Orgasmus!“
David lachte. „Du hast Vergleiche drauf!“ Stumm beobachte er, wie Miles Zucker in seinen Kaffee löffelte. „Es wäre einfacher, den Kaffee in die Zuckerdose zu gießen“, frotzelte er diesen aufgrund der großen Menge.
„Haha!“, äffte Miles. Dann beugte er sich
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