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Endstation Wirklichkeit

Endstation Wirklichkeit

Titel: Endstation Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Klemann
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hatte. Je länger er Mikes strahlendes Augenpaar vor sich sah, desto stärker wurde auch das Prickeln in seinem Körper.
    Nach einer Weile hielt es David auf seinem Platz nicht mehr aus. Er konnte nicht mehr ruhig dasitzen und in die Ferne starren, während dieser fantastische Junge in seinen Gedanken eine Revolution der Emotionen auslöste. So entschloss er sich, ein Stück den Strand hinaufzuspazieren, um der inneren Unruhe, der überraschenden Erregung seiner Gefühle, vielleicht entgehen zu können.
    Seither waren fast vier Stunden vergangen. In der ganzen Zeit war es ihm jedoch nicht gelungen, auf andere Gedanken zu kommen.
    Als er nun wieder das Strandhaus erreichte, war für ihn klar, dass er Mike gerne wiedersehen wollte – dass er ihn wiedersehen musste!
    „Hi, David! Da bist du ja wieder. Wo hast du dich herumgetrieben?“
    David hatte Mike schon von Weitem gesehen, der ihm freundlich vom Haus aus zugewinkt hatte. Sofort waren seine Schritte schneller geworden.
    „Ich war ein bisschen spazieren. War mir zu langweilig, allein hier draußen.“ Er machte bewusst ein leidendes Gesicht.
    „Oje, du Ärmster! Dafür war es da drinnen aber gar nicht langweilig.“ Mike kniff ein Auge zusammen, deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung Haus und lächelte vielsagend. „Hast du schon mit Miles gesprochen? Ich meine, gehen wir noch irgendwo was trinken? Ich lade dich ein!“
    David schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab’ Miles noch nicht ...“
    „Habe ich da meinen Namen gehört?“, fiel Miles David unerwartet ins Wort und gesellte sich zu ihnen. Dabei klopfte er David freundschaftlich auf die Schulter. „Wie war dein Tag? Hast du dir alles angesehen?“
    David zuckte mit den Achseln. „Für das Interessanteste habt ihr euch ja diskret zurückgezogen!“, scherzte er.
    „Wer weiß, was der Tag noch Interessantes zu bieten hat! Wollen wir los, dann finden wir’s heraus!“
    David legte die Stirn nachdenklich in Falten und sah unsicher zu Boden. „Ja, weißt du, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern mit ... ähm ... Mike ... noch etwas trinken gehen. Er hat mich eingeladen.“
    Erst jetzt beachtete Miles Mike. Etwas verwundert wechselte sein Blick zwischen diesem und David hin und her. „Ach so, nein, natürlich nicht. Ich ... ähm ... ich dachte nur ...“
    „Was denn? Hattest du noch etwas Bestimmtes vor?“
    Miles schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Ich habe ... ich wollte ... ach, gar nichts. Dann fahr’ ich allein zurück. Kein Problem! Amüsiert euch gut.“
    „Macht es dir auch wirklich nichts aus?“
    „Nein, natürlich nicht. Ich ruf’ dich an. Mach’s gut!“ Miles verschwand ohne ein weiteres Wort auf dem Weg, auf dem sie am Morgen gekommen waren.
    David spürte, Miles war nicht glücklich darüber, allein zurückfahren zu müssen. Gedankenverloren sah er ihm nach.
    „Wollen wir los?“, meldete sich Mike nach einigen Augenblicken und riss David aus den Gedanken.
    „Ja, klar“, grinste David und lächelte Mike an. Vergessen war Miles. „Wohin fahren wir?“
    Mike überlegte kurz. „Komm! Ich weiß, wohin wir gehen. Ich kenne ein schnuckeliges Café, in dem es den besten Espresso der Stadt gibt.“
    David nickte zustimmend und ging an Mikes Seite zu dessen Wagen.
     
    ***
     
    David saß einfach nur da, den Kopf auf den Ballen der rechten Hand gestützt, und sah Mike fasziniert an. Sie hielten sich bereits seit über einer Stunde in dem kleinen Café am Santa Monica Boulevard auf, und nachdem David erzählt hatte, wer er war, was er machte und warum er nach L.A. gekommen war, hatte Mike damit begonnen, von sich zu sprechen. Die Art und Weise wie Mike redete, wie er sich bewegte und wie er es schaffte, ihn mit seinen Erzählungen in seinen Bann zu ziehen, begeisterte ihn.
    „... Na ja, du weißt, wie Mütter so sind. Erst das entsetzte Heulen, dann das besorgte Wir-müssen-mit-ihm-zum-Arzt-Syndrom und schließlich dann das Ist-bestimmt-nur-eine-Phase-Geschwätz. Tja, und nachdem ich mit meinem ersten Freund über zwei Jahre zusammen war, hat meine Mutter wohl endlich eingesehen, dass mein Leben doch nicht so verlaufen wird, wie sie sich das vorgestellt hat.“
    „Und dann hat sie voll akzeptiert, dass du schwul bist?“
    Mike wiegte den Kopf nachdenklich hin und her. „Akzeptiert hat sie es wahrscheinlich schon etwas früher. Aber nachdem ich so lange mit meinem Freund zusammen war, hat sie dann auch realisiert, dass sie von mir keine Enkelkinder zu erwarten

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