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Endstation Wirklichkeit

Endstation Wirklichkeit

Titel: Endstation Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Klemann
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Augen. Er schmunzelte. „Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen. Ich habe schon lange nicht mehr so etwas Gefühlvolles gehört. Eigentlich hat mir noch nie jemand so etwas Schönes gesagt. Mach dir also keine Sorgen. Ich finde es wunderbar, dass du so offen über deine Gedanken und Gefühle erzählst, obwohl wir uns kaum kennen.“
    Mike lächelte erleichtert, und für etliche Sekunden verlor sich sein Blick in Davids Augen. Sanft legte er seine Hand auf die von David. Ein Prickeln durchzog sofort seinen Körper. Dort wo sich ihre Finger berührten, glühte seine Haut. Als David die Berührung erwiderte und dessen Daumen vorsichtig über seinen Handrücken streichelte, kehrte Mike in die Realität zurück. „Ich muss leider los. Ich habe meiner Mutter versprochen, ihr ein Regal aufzuhängen.“ Er machte eine Pause und beugte sich vor. „Ich würde dich aber gern wiedersehen“, flüsterte er und verstärkte den Druck seiner Hand.
    David schloss für einen Augenblick die Augen und holte tief Luft. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass Mike so etwas sagen würde, hatte sich diesen Moment inständig herbeigesehnt. Und jetzt, da Mike mit rauer Stimme genau das geäußert hatte, war es noch viel gewaltiger, als er es sich ausgemalt hatte. David schlug die Lider auf, und sein Blick war als Antwort eindeutig genug. Hastig umfasste er Mikes Hand mit seinen beiden. „Was hältst du von heute Abend? Wir könnten ins Kino gehen!“, fragte er mit leiser Stimme.
    „Aber bitte keinen Porno! Davon hab’ ich für heute genug!“ Mike verdrehte theatralisch die Augen.
    „Nein, bestimmt nicht! Wir werden schon was Passendes finden.“
    „Okay, einverstanden. Sagen wir um acht hier vor dem Café?“
    David nickte zustimmend.
    Mike rief den Kellner und zahlte die Espressos, bevor sie gingen.
    „Also dann bis heute Abend“, brachte David mühevoll mit trockener Kehle hervor und reichte Mike zum Abschied die Hand. Mehr wagte er noch nicht.
    Doch Mike beachtete die Geste nicht. Stattdessen kam er einen Schritt auf David zu, umfasste dessen Schultern und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Bis heute Abend. Ich freu’ mich. Ciao!“
     
    ***
     
    Mike lächelte zufrieden, als er im Halbdunkel Davids Gesichtsausdruck erblickte. Er hatte ihn eine Weile beobachtet, um festzustellen, wie dessen Reaktion auf den Film war, der in wenigen Minuten zu Ende sein würde. Der Mimik nach zu urteilen, schien David mit seiner Wahl zufrieden zu sein.
    Mikes Herz begann aufgeregt zu flattern. Unruhig bewegte er sich auf seinem Sitzplatz hin und her, die Arme auf der Lehne nur noch wenige Millimeter von Davids Bein entfernt. Und endlich, nach langem Zögern, brachte er allen Mut zusammen und rutschte mit seiner Hand etwas weiter nach unten, bis sie rein zufällig auf dessen Oberschenkel zu liegen kam. Dabei hielt er seinen Blick starr auf die Leinwand gerichtet. Dennoch war ihm nicht entgangen, dass David kurz zu ihm herübergesehen, aber nichts gesagt hatte. Als Mike die Wärme der Haut durch die Hose spürte, war er mehr als erleichtert, dass David seinen Annäherungsversuch zuließ. Und mehr noch: David legte die eigene Hand auf die seine. Es war wie eine Geste der Zustimmung und Bestätigung und zugleich der Anlass zu vertrauen, dass David ihr Zusammensein genauso angenehm empfand wie er selbst. Es war Nahrung für die Hoffnung, die sich seit den Nachmittagsstunden in ihm zu entwickeln begonnen hatte. Denn David schien nicht abgeneigt zu sein, in ihrem Beisammensein ebenfalls mehr zu sehen, als einen netten, gemeinsam verbrachten Nachmittag.
    David fiel es nicht leicht, sich auf das Ende des Films zu konzentrieren. Die Hand auf seinem Oberschenkel machte seine Versuche endgültig zunichte, nicht ständig an Mike zu denken. Seit ihrer ersten Begegnung hatte er immer wieder dessen Bild vor sich, und jedes Mal, wenn er die Lider schloss, funkelten ihm aus der Dunkelheit die strahlend blauen Augen entgegen.
    Der Mann faszinierte ihn von Anfang an, und spätestens seit den Stunden im Café spürte David, dass etwas in ihm vorging. Zu Beginn hatte er es nicht wahrhaben wollen, aber aus der anfänglichen Faszination hatte sich Zuneigung entwickelt.
    Doch diese Möglichkeit erschien ihm fast unwahrscheinlich. Es war nicht nur viel zu schnell gegangen, er konnte sich auch nicht vorstellen, dass Mikes Verhalten mehr bedeutete als bloße Freundschaft. Sicher, Mike hatte ihm am Nachmittag ein wirklich nettes Kompliment gemacht. Aber deswegen

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