Endstation
pantomimisch vor, was nach seiner Auffassung geschehen war.
»Also eine recht kräftige Person?«
»Ja, bestimmt ein Mann.«
»Woher wissen Sie das?«
»Schamhaare im Abfluß der Dusche. Wir haben zwei Arten gefunden. Die eine Sorte stammt von ihr, die andere von einem Mann. Wie Sie wissen, ist männliches Schamhaar stärker gekräuselt und im Querschnitt nicht so elliptisch geformt wie bei einer Frau.«
»Das wußte ich nicht«, gab Janet zu.
»Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen Material darüber geben«, sagte der Arzt. »Außerdem steht fest, daß der Täter mit ihr Geschlechtsverkehr hatte, bevor er sie ermordete. Wir haben in der Samenflüssigkeit Blut gefunden, es entspricht der Gruppe 0. Nach dem Verkehr duschte sich der Mann anscheinend, kam dann aus dem Duschraum heraus und tötete sie.«
Janet nickte.
»Nach dem Schlag auf den Kopf wurde sie hochgehoben und aufs Bett gelegt. Bis dahin trat kaum Blut hervor. Auf dem Teppich und am Toilettentisch waren nur minimale Blutspuren zu finden. Aber nun greift der Mörder nach irgendeinem Instrument und versetzt ihr mehrere Stiche in den Leib. Wie Sie sehen, befinden sich die tiefsten Stichwunden in der Gegend des Unterleibs. Also dürfen wir von sexuellen Motiven ausgehen. Aber das sind noch reine Mutmaßungen.«
Janet Ross nickte und schwieg. Der Gerichtsarzt gefiel ihr nicht. Sie hatte nicht die Absicht, ihm mehr zu sagen als unbedingt nötig war. Sie beugte sich über die Leiche und betrachtete die Stichverletzungen. Die Einstiche waren klein, wahrscheinlich kurz, und sie hatten rund um den Einstich jeweils die Haut erheblich beschädigt. »Haben Sie eine Waffe gefunden?«
»Nein«, antwortete der Arzt.
»Was kann es nach Ihrer Meinung gewesen sein?« »Ich weiß es nicht genau. Ein Gegenstand, der nicht sehr scharf, aber ziemlich stabil ist. Ein stumpfer Gegenstand, der so tief eindringt, muß eine Menge Druck aushalten.«
»Wieder ein Argument dafür, daß es ein Mann war«, bemerkte Anders.
»Ja. Es dürfte ein Metallgegenstand gewesen sein, zum Beispiel ein Brieföffner, ein schmales Lineal oder ein Schraubenzieher. Irgend etwas in dieser Richtung. Aber besonders interessant ist dieses Phänomen hier«, fuhr der Arzt fort. Er deutete auf den linken Arm des Mädchens, der ausgestreckt auf dem Bett lag und der durch viele Stichverletzungen ziemlich verstümmelt war. »Sehen Sie, nachdem er ihr die Stiche in den Bauch versetzt hatte, stach er in einer Linie weiter nach außen. Aber nun passen Sie auf: Hier ist der Arm zu Ende, und er stach trotzdem weiter. Man sieht die Fortsetzung der Einstiche im Bettlaken. Sie führen in einer geraden Linie vom Arm weg.«
Er wies nochmals auf die Stiche im Bettlaken.
»Das deutet auf eine ganz besondere Hartnäckigkeit hin. Die automatische Fortsetzung einer sinnlosen Bewegung. Wie eine Maschine, die immer weiterläuft.«
»Vollkommen richtig«, antwortete Janet.
»Nach unserer Meinung deutet das auf eine Art Trance hin«, sagte der Arzt. »Aber wir wissen nicht, ob es ein organischer oder funktioneller Zustand war, ob natürlich oder künstlich herbeigeführt. Da das Mädchen ihn freiwillig eingelassen hat, muß sich der tranceähnliche Zustand erst später entwickelt haben.«
Janet störte es, daß der Gerichtsmediziner anzugeben versuchte. Das war nicht der richtige Augenblick, Sher-lock Holmes zu spielen.
Anders reichte ihr die metallene »Hundemarke«. »Das hier haben wir bei der ersten Routineuntersuchung gefunden«, sagte er.
Janet drehte die Metallmarke in der Hand hin und her.
ICH TRAGE EINE ATOMARE ENERGIEQUELLE IN MIR. KÖRPERLICHE VERLETZUNGEN ODER FEUER KÖNNEN DIE UMHÜLLUNG UNDICHT MACHEN UND GIFTIGES MATERIAL FREISETZEN! IM FALLE EINER VERLETZUNG ODER DES TODES BITTE NPFA ANRUFEN. (213) 652-H34-
»Deshalb haben wir Sie also angerufen«, sagte Anders. Er ließ sie nicht aus den Augen. »Wir waren offen zu Ihnen, jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Sein Name ist Harry Benson«, sagte sie. »Er ist vierunddreißig Jahre alt und leidet an psychomotorischer Epilepsie.«
Der Arzt schnalzte mit den Fingern. »Verdammt noch mal.«
»Was ist psychomotorische Epilepsie?« fragte Anders. Ein Kriminalbeamter kam aus dem Wohnraum herein. »Wir haben die Abdrücke identifiziert«, meldete er. »Sie sind ausgerechnet beim Verteidigungsministerium registriert. 1968 erfolgte seine Freigabe als Geheimnisträger. Der Name lautet Harry Benson, und er wohnt in Los Angeles.«
»Freigabe wofür?« fragte
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