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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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fünfzehn Meter hohen Torbogen –, und dann stiegen wir steiler an der fast vertikalen Verwerfung hinauf, die als Maul des Drachen bezeichnet wurde. Hier schwoll der Wind an, die Temperatur fiel jäh ab, und die Luft wurde gefährlich dünn. Beim Zweiten Himmlischen Tor hatten wir die Harnische wieder angelegt, und nun klinkten wir uns an eines der Karbonseile an, die auf beiden Seiten der Treppe verliefen, und justierten die Flaschenzuggriffe so, dass sie als Bremsen wirken würden, wenn wir fallen oder von der zunehmend tückischeren Treppe geweht werden sollten. Minuten später blies A. Bettik seinen transparenten Helm auf und zeigte uns den aufwärts gerichteten Daumen, während Aenea und ich die Osmosemasken schlossen.
    Wir stiegen dem Südtor des Himmels entgegen, das immer noch einen Kilometer über uns lag, während ringsum die Welt zurückfiel. Es war das zweite Mal innerhalb weniger Stunden, dass wir mit einer derartigen Höhe konfrontiert wurden, aber diesmal genossen wir den Anblick alle dreihundert Stufen, wenn wir Luft holten, schnaufend und keuchend beisammenstanden und das Licht der Nachmittagssonne bewunderten, das die hohen Gipfel beleuchtete. Tai’an, die Stadt des Friedens, war nicht mehr zu sehen, fünfzehntausend Stufen und mehrere Klicks unter den Eisfeldern und der Felswand, die wir emporgeklettert waren. Mir wurde klar, dass die Kom-Fasern der Hautanzüge uns wieder Privatsphäre beschert hatten, und sagte: »Wie geht es dir, Spatz?«
    »Müde«, sagte Aenea, milderte die Bemerkung aber mit einem Lächeln hinter der durchsichtigen Maske ab. »Kannst du mir sagen, wo wir hingehen?«, fragte ich. »Zum Tempel des Jadekaisers«, sagte meine Freundin. »Er liegt auf dem Gipfel.«
    »Das dachte ich mir schon«, sagte ich, setzte einen Fuß auf der breiten Stufe auf und hob den anderen Fuß zur nächsten Stufe. An dieser Stelle führte die Treppe durch einen Überhang aus Eis und Felsgestein. Ich wusste, wenn ich mich umdrehen und nach unten sehen würde, würde mir schwindlig werden. Dies war unendlich viel schlimmer als das Paragleiten.
    »Kannst du mir verraten, warum wir zum Tempel des Jadekaisers hinaufsteigen, während hinter uns alles zum Teufel geht?«
    »Was meinst du damit, zum Teufel geht?«, sagte sie.
    »Ich meine, dass Nemes und ihre Geschwister wahrscheinlich hinter uns her sind. Der Pax wird auf jeden Fall etwas unternehmen. Alles bricht zusammen. Und wir machen eine Pilgertour.«
    Aenea nickte. Der Wind heulte inzwischen, so dünn die Luft auch war, da wir tatsächlich in die Strahlströmung kletterten. Wir bewegten uns alle mit gesenkten Köpfen und gekrümmten Körpern vorwärts, als würden wir eine schwere Last tragen. Ich fragte mich, woran A. Bettik denken mochte.
    »Warum rufen wir nicht einfach das Schiff und machen, dass wir von hier verschwinden«, sagte ich. »Wenn wir abhauen wollen, bringen wir es hinter uns.«
    Ich konnte Aeneas dunkle Augen, in denen sich der tiefblaue Himmel spiegelte, hinter der Maske sehen. »Wenn wir das Schiff rufen, werden zwei Dutzend Kriegsschiffe des Pax sich wie Harpyienkrähen auf uns stürzen«, sagte Aenea. »Das können wir erst riskieren, wenn wir bereit sind.«
    Ich zeigte die steile Treppe hinauf. »Und wenn wir hier hochklettern, werden wir bereit sein?«
    »Ich hoffe es«, sagte sie leise. Ich konnte ihren keuchenden Atem in meinen Hörflicken hören.
    »Was ist da oben, Spatz?«
    Wir hatten die nächste dreihundertste Stufe erreicht. Alle drei blieben wir stehen und keuchten, waren aber zu erschöpft, um die Aussicht zu genießen. Wir waren bis zur Grenze des Weltraums geklettert. Der Himmel war fast schwarz. Mehrere der helleren Sterne waren zu sehen, und ich konnte einen der kleineren Monde erkennen, der sich dem Zenit näherte.
    Oder war es ein Schiff des Pax?
    »Ich weiß nicht, was wir finden werden, Raul«, sagte Aenea mit müder Stimme. »Ich werfe flüchtige Blicke auf etwas... träume immer und immer wieder von etwas... und dann träume ich dasselbe auf eine andere Art. Ich spreche nicht gern darüber, bis ich sehe, welche Realität sich darbietet.«
    Ich nickte, als verstünde ich, aber das war gelogen. Wir setzten unseren Aufstieg fort. »Aenea?«, sagte ich.
    »Ja, Raul.«
    »Warum lässt du mich nicht... du weißt schon... an der Kommunion teilnehmen?«
    Sie verzog hinter der Osmosemaske das Gesicht. »Ich hasse diesen Ausdruck.«
    »Ich weiß, aber so nennen es alle. Aber sag mir wenigstens das... warum lässt du

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