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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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und studiert ihre Umgebung danach mit dem gesamten Spektrum ihrer Wahrnehmung. Es befinden sich noch einige Menschen hier im Tempel, der in der Luft hängt, aber kein Shrike.
    Herunterphasen, befiehlt sie ihren Geschwistern, die unverzüglich gehorchen. Die Welt wird heller, die Luft gerät in Bewegung, Geräusche kehren zurück.
    »Findet sie«, sagt Nemes.
    Im Laufschritt begibt sich Scylla zur Achse der Weisheit des Edlen Achtfachen Pfades und klettert die Treppe zur Plattform der Rechten Anschauung hinauf. Briareus läuft hastig zur Achse der Moral und springt zur Pagode des Rechten Redens. Nemes nimmt die mittlere Treppe, die höchste, die zu den Pavillons der Rechten Aufmerksamkeit und Rechten Versenkung führt. Ihr Radar zeigt Menschen in den höchsten Gebäuden.
    Sie ist in wenigen Sekunden oben und sucht Gebäude und Felswand nach geheimen Räumen oder Verstecken ab. Nichts. Im Pavillon Rechter Versenkung hält sich eine junge Frau auf, und einen Augenblick glaubt Nemes, dass die Suche zu Ende ist, aber auch wenn sie etwa dasselbe Alter wie Aenea hat, ist sie es nicht. Wenige andere befinden sich in der eleganten Pagode: eine sehr alte Frau – in der Nemes die Donnerkeil-Sau vom Empfang des Dalai Lama erkennt –, der Oberste Ausrufer und Sicherheitsschef des Dalai Lama, Carl Linga William Eiheji, und der Junge selbst – der Dalai Lama.
    »Wo ist sie?«, sagt Nemes. »Wo ist diejenige, die sich Aenea nennt?«
    Bevor einer der anderen etwas sagen kann, greift der Krieger Eiheji in seinen Mantel und wirft blitzschnell einen Dolch.
    Nemes weicht ihm mühelos aus. Auch ohne Phasenveränderung sind ihre Reflexe schneller als die der meisten Menschen. Aber als Eiheji eine Flechettepistole zückt, phast Nemes hoch, geht zu dem erstarrten Mann, zieht ihn in ihr Phasenfeld und wirft ihn durch die offene Wand in den Abgrund. Sobald Eiheji die Umhüllung ihres Feldes verlässt, erstarrt er natürlich in der Luft wie ein ungelenker Vogel, der aus dem Nest geworfen wurde und nicht fliegen kann, aber auch nicht fallen will.
    Nemes dreht sich zu dem Jungen um und kommt aus der veränderten Phase herunter. Hinter ihr schreit Eiheji auf und verschwindet.
    Der Kiefer des Dalai Lama klappt herunter, sein Mund formt ein O. Für ihn und die beiden anwesenden Frauen ist Eiheji einfach verschwunden und in der Luft vor der offenen Shoji-Tür des Pavillons wieder aufgetaucht, als hätte er beschlossen gehabt, in den Tod zu teleportieren.
    »Du kannst nicht...«, beginnt die alte Donnerkeil-Sau.
    »Du darfst nicht...«, beginnt der Dalai Lama.
    »Du wirst nicht...«, beginnt die Frau, bei der es sich, wie Nemes vermutet, um Rachel oder Theo handelt, eine von Aeneas Gefährtinnen.
    Nemes sagt nichts. Sie phast hoch, geht zu dem Jungen, weitet das Phasenfeld um ihn aus und trägt ihn zur offenen Tür.
    Nemes! Briareus meldet sich aus dem Pavillon des Rechten Strebens.
    Was?
    Statt auf dem gemeinsamen Kanal verbal zu kommunizieren, wendet Briareus die zusätzliche Energie auf, um das gesamte visuelle Bild zu senden. Kilometer über ihnen, in der sepiafarbenen Luft wie erstarrt, nähert sich ein Raumschiff mit einer Fusionsflamme, die solide wie eine blaue Säule wirkt.
    Herunterphasen, befiehlt Nemes.
    Die Mönche und der alte Lama haben uns Proviant in einer braunen Tüte eingepackt. Außerdem haben sie A. Bettik einen der altmodischen Druckanzüge gegeben, wie ich sie bisher nur in dem uralten Raumfahrtmuseum von Port Romance gesehen hatte, und wollten Aenea und mir ebenfalls welche aufdrängen, aber wir zeigten ihnen die Hautanzüge unter unseren Thermojacken. Die zwölfhundert Mönche kamen alle mit uns und winkten uns am Ersten Himmlischen Tor zum Abschied, und es müssen zwei- bis dreitausend weitere dabei gewesen sein, die sich auf engem Raum drängten und die Hälse reckten, um uns weggehen zu sehen.
    Die große Treppe war menschenleer, abgesehen von uns dreien, die wir mühelos emporstiegen: A. Bettik, der den transparenten Helm wie eine Kapuze zurückgeschlagen hatte; Aenea und ich mit hochgeklappten Osmosemasken. Jede Stufe war sieben Meter breit, aber flach, und auf dem ersten Abschnitt ging es problemlos, da alle hundert Stufen eine breite Terrassenstufe kam. Die Stufen wurden von innen beheizt, daher blieb der Weg auch dann frei, als wir die Region von ewigem Eis und Schnee auf halber Höhe des T’ai Shan erreichten.
    Nach einer Stunde hatten wir das Zweite Himmlische Tor erreicht – eine riesige rote Pagode mit einem

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