Endzeit
Mädchens bedachte den Rufer mit einem vernichtenden Blick. »Wen wir niederschießen und wen nicht, entscheide immer noch ich. Oder möchtest du das hier und jetzt ausdiskutieren, Mario?«
Der Angesprochene senkte den Blick, während der Hüne durch ein Handzeichen weitere Männer in Bewegung setzte. Mit ein paar Schritten waren sie heran und nahmen Nona die Last ab.
Von weit her erklangen Schreie.
»Ich denke, wir sollten dich mitnehmen. Schon in deinem eigenen Interesse«, sagte der Mann und blickte Nona in die Augen. »Du bist keine strega. Aber du bist auch nicht wie wir. Ich weiß nicht, ob wir dir trauen können .«
»Ich komme freiwillig mit«, sagte Nona. Vielleicht würde sie von diesen Leuten erfahren, was hier passiert war.
»Dann sollten wir uns beeilen. Ich glaube nicht, daß wir noch lange unbehelligt bleiben. Sie riechen uns wie frisches Fleisch.«
»Die Dienerkreaturen?«
»So magst du sie nennen. Wir nennen sie Ungeheuer.«
Dann hatte es der Vater des Mädchens plötzlich sehr eilig. Er drehte sich um und lief zu einem der Hauseingänge. Nona beeilte sich, ihm zu folgen. Ihre Fragen konnte sie später noch stellen.
Die anderen der Gruppe folgten ihnen dichtauf. Eine Tür aus Stahl wurde direkt vor ihnen geöffnet. Der Hüne lief voran. Durch weitere Türen, die hinter ihnen sorgfältig wieder verriegelt wurden, ging es bis zu einem unterirdisch gelegenen Raum. Fackeln flackerten an den Wänden.
Die Träger legten das Mädchen ab, während sich ein junger Mann, der offensichtlich etwas von ärztlicher Kunst verstand, über die Bewußtlose beugte.
»Sie muß in ein Krankenhaus!« sagte Nona. »Sie hat sehr viel Blut verloren.«
»Krankenhaus?« fragte der Padre. »Wovon redest du? Du scheinst tatsächlich den Verstand verloren zu haben.«
Nona preßte die Lippen zusammen. Es würde besser sein, wenn sie den Mund hielt. Zu vieles stimmte hier nicht. Durch unbedachte Fragen würde sie nur weiteres Mißtrauen wecken.
Das Mädchen, Sabrina, stöhnte auf. Die allgemeine Aufmerksamkeit wandte sich wieder von Nona ab.
»Wird sie durchkommen?« fragte der Padre den Mann, der seine Tochter untersuchte und die blutenden Wunden sorgfältig und professionell mit Mull verband.
»Sie braucht Blutplasma, und das so schnell wie möglich, sonst kann ich nicht dafür garantieren, daß sie überleben wird.«
»Unsere Blutvorräte sind verbraucht, das weißt du ebenso wie ich.«
»Schick jemanden zu Leone. Ich habe gehört, daß er eine ganze Wagenladung Plasma und Medikamente eingetauscht hat.«
»Wenn er weiß, um was es geht, wird er seinen Preis fordern.«
»Zahle ihm, was er verlangt, Padre. Es geht um das Leben deiner Tochter!«
Der riesige Mann ballte die Fäuste. »Hätte sie auf mich gehört, anstatt mit ihrem Liebhaber mitten in der Nacht davonzulaufen, wäre das alles nicht passiert! Aber du hast recht, dottore, ich habe keine andere Wahl.«
Sein Blick fiel auf Nona. Plötzlich schien ihm eine Idee zu kommen. Seine Augen wanderten über ihren zwar zierlichen, aber nichtsdestotrotz reizvollen Körper.
»Wir nehmen sie mit«, sagte er. »Vielleicht ist Leone ja zu einem kleinen Tausch bereit!«
Nonas Muskeln spannten sich, aber sie wußte, daß Widerstand zwecklos war.
Es würde ihr nicht gelingen, an den Männern des Padre vorbei zu einem der Ausgänge zu gelangen. Sie mußte abwarten. Noch war sie nicht wirklich in Gefahr. Vielleicht würde sich unterwegs eine Möglichkeit zur Flucht bieten.
»Ist das meine Belohnung dafür, daß ich deine Tochter gerettet habe?« fragte sie bitter.
»Über deine Rolle in diesem Spiel bin ich mir noch nicht im klaren«, antwortete der Hüne. »Du wirst uns begleiten!« Er winkte zwei seiner Männer heran. »Nehmt sie in die Mitte und paßt auf, daß sie keine Dummheiten macht.«
Dann ging er abermals voran. Nona fühlte sich vorwärtsgestoßen und folgte ihm. Wieder führte der Weg durch unendlich scheinende Kellergänge. Offensichtlich hatten diese Leute - Männer wie Frauen - sich hier unten ihr eigenes Reich geschaffen. Sämtliche Häuser und Straßenzüge waren unterirdisch miteinander verbunden. Stahltüren sicherten die einzelnen Trakte wie die Schotts eines Schiffes. Einige Keller waren zu Wohnungen ausgebaut, in anderen hausten die Bewohner wie Flüchtlinge. Und über allem schien der Padre zu herrschen. Ehrfurchtsvoll grüßte man ihn, während er mit Nona und den beiden bewaffneten Männern im Schlepptau vorbeihastete.
Allmählich wurden
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