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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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aufmerksam
machen würde, was in Wirklichkeit eine Lappalie war. Was
schon ist passiert! Ich habe zweimal zwei oder drei Minuten
lang die Stimme verloren. Niemand weiß es. Das ist doch zu
verkraften, selbst wenn es sich wiederholte. Wenn es allerdings
länger anhielte… Gernots Gedanken drehten sich im Kreise.
Ich bin verpflichtet, es sofort zu melden, würde es von jedem
anderen erwarten… So sagt es die Instruktion: Die kleinste
Unregelmäßigkeit…
Und die großen? Habe ich das Metallmanko nicht sofort
gemeldet? Nicht den Zwischenfall mit Lim postwendend
bekanntgegeben? In welchem Verhältnis stehen solche
Vorkommnisse zu meinen zwei Minuten?
Die Logik sagte Gernot, daß er zwei Ebenen verglich, die
nichts miteinander zu tun hatten. Und niemand würde es je
akzeptieren. Da äußere, durch die Menschen nicht oder nur
sehr schwer zu beeinflussende Fakten und hier ein inneres,
selbst heraufbeschworenes Gefahrenmoment. Die Konsequenz:
Abberufung, falls sich die Anzeichen wieder einstellten. Und
das jetzt zu einem Zeitpunkt, zu dem abzusehen war, daß es
endlich voranging.
Schließlich rang Gernot sich durch, abzuwarten, weiterhin zu
keinem ein Wort zu sagen, sich besser zu beobachten und nur
mit Josephin darüber zu sprechen. Das bedeutete eine Frist von
fünf Wochen.
Obwohl Gernot sich entschlossen hatte, blieben Zweifel,
beruhigte er sich schwer. Lange schlief er nicht ein. Und später
träumte ihm, er würde an einer Felswand im Cañon stehen, von
grimmigen Centauren mit Lanzen bedrängt. Und er wußte, daß
er einem Irrtum zum Opfer fallen sollte, er schrie es hinaus,
flehte, aber sie hörten ihn nicht, rückten näher und näher…
In der anschließenden Woche stürzte Gernot sich in die
Rekonstruktion der Werft. Im wesentlichen ging es lediglich
darum, Transportantriebe auszutauschen, die das Fördergut,
das fertige Seil oder vorher dessen einzelne Litzen frei
schwebend oder schleifend vorwärts bewegten. Gernots
Experten nahmen die geringste Festigkeit des Metallgemisches
an und legten danach die Zugkräfte und Biegemomente aus. An
manchen Stellen mußten Hilfstragebänder eingebaut werden…
Sie kamen erstaunlich schnell voran. Die notwendigen
Materialien wurden umgehend beschafft. Bal nahm zur
Kenntnis, verstand sehr rasch, beriet auch und erledigte die
Dinge ohne großes Aufheben.
Die Menschen bewunderten vorbehaltlos centaurische Automatisierungstechnik, die sie nun umfassend kennenlernten.
Allerdings setzte sie sich weder aus material- noch aus
energiesparenden Aggregaten zusammen. Man hatte keinen
Aufwand gescheut, eine sehr gediegene und hochproduktive
Anlage zu schaffen, nach menschlichem Ermessen mit zuviel
Redundanz, mit einer übertriebenen Zuverlässigkeit. Teilstrekken, bei denen sich das Ausfallrisiko unter eine bestimmte
Grenze nicht senken ließ, hatten sie dreifach installiert. Und
auf die Frage, ob nun gerade diese Anlage einen Vorzug
genossen habe, bekamen die Menschen zur Antwort, daß man
auf Centaur alle Produktionsstätten so auslege.
Erstaunlich auch der Umweltschutz, erstaunlich und über alle
Maßen aufwendig. Außerhalb der Hallen würden zum Beispiel
nur die Geräusche zu hören sein, die das Beschicken der
Schmelzerei mit Barren und neuerdings Schrott verursachen
würde. Wärme strahlte die Halle so gut wie nicht ab; man
nutzte einen äußerst günstigen thermischen Effekt während der
Produktion. Der Energieaufwand verringerte sich so insgesamt
beträchtlich – aber von einem Lebewesen konnten Teile der
Schmelzerei nicht betreten werden. Dort würde Hölle sein,
Gase, Staub, Lärm und unbeschreibliche Hitze; das Reich
ausgeklügelter centaurischer Roboter… Aber von außen das
Ganze ein langgestreckter, fensterloser, freundlich verkleideter
Bau, der die Metalle und Zuschlagstoffe in sich hineinfraß, der
sichtbar nichts anderes herausbrachte als einen armdicken
Seilstrang in einer Geschwindigkeit bis zu zwei Metern je
Sekunde und – als Nebenprodukt – eine Art Bausteine aus
Schlacke und ausgefälltem Staub, die sogar in gewissen
Grenzen nach Form und Größe variiert werden konnten. Eine
teure, aber vollkommene Anlage, ein Zeugnis auch, wie
Centauren Technik machten und beherrschten, den Menschen
voraus, ein Dokument aber auch großer Widersprüche zwischen Können und Erreichtem. Aber die Menschen hatten sich
abgewöhnt, sich über die soziale Wirklichkeit auf Centaur zu
wundern. Ihre Ansichten und ihr gesellschaftliches Sein
unterschieden

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