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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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quälenden Pause: „Dreißig Tage, meinst du?“ Eine Antwort
wartete er nicht ab. „Grüß Fini“, sagte er, und das Bild fiel
zusammen.
„Du Nora“, antwortete Gernot, aber das trugen die stockenden Elektronen schon nicht mehr…
Wie seit langem nicht griff am Abend Mutlosigkeit nach
Gernot. Und mit dem Grübeln um den erneuten Fehlschlag
schob sich auch sein persönliches Handicap wieder in den
Vordergrund. Es spürte es: Würden sich die Schwierigkeiten
häufen, der Defekt mit seiner Stimme würde ihm dann noch
mehr zusetzen, als es jetzt bereits der Fall war.

8. Kapitel
    Die Unruhe ließ sich nicht mehr verkennen. Und als es hieß,
daß das Schiff drei Tage eher als erwartet eintreffen würde,
gerieten sie beinahe aus dem Häuschen, die sonst so gesetzten
Centauren.
    Zunächst störte diese Neuigkeit den Gleichklang der intensiven Arbeit kaum. Man beobachtete, daß die Einheimischen in
den Pausen und in ihrer Freizeit öfter als sonst in Gruppen
beieinander standen, danach zögernd die Arbeit wieder
aufnahmen. Sie diskutierten untereinander, ließen in den
Gesprächen mit den Menschen das bevorstehende Ereignis
anklingen, wenn sich nur eine Gelegenheit dafür bot – wie
Kinder vor Weihnachten…
    Und schließlich griff die Erregung irgendwann und irgendwie auf die Menschen über. Ab diesem Zeitpunkt litt die Arbeit
darunter. Der Informationshunger stieg allgemein. Auf einmal
wollten die Menschen sehr viel mehr Konkretes über die vom
Mars Kommenden wissen, in welchem Verhältnis sie zu den
Daheimgebliebenen standen und was überhaupt Verwandtschaft auf Centaur bedeutete. Eins ergab das andere. Das
ankommende Schiff wurde zum Tagesereignis. Was die
Centauren empfinden mochten, blieb im Verborgenen. Die
Menschen aber bewegte: Es kam ein Bote aus der Heimat, aus
dem Reich ihrer gelben Sonne. Es schien, als hoffte jeder,
dieses Schiff bringe gerade ihm etwas Besonderes… Und
Wehmut schwang in diesem Hoffen…
    Noch eins fiel auf: Im Kosmodromgelände tauchten Neulinge auf, eine beträchtliche Anzahl, fünfzig vielleicht oder mehr.
Den Menschen wäre dieser Tatbestand sicher weitgehend
entgangen, aber sie wurden gleichsam hinter vorgehaltener
Hand von ihren Bekannten unter den Centauren darauf
aufmerksam gemacht: Ordnungsgruppe des Rats. Und Mon
informierte Gernot, daß diese Gruppe entsandt wurde, um die
Ankommenden zu empfangen, sie in die mit Akribie vorbereiteten Arbeitsbereiche einzuweisen. Gernot wurde nicht
deutlich, wieweit Mon dies etwa ironisch meinte.
    Ungewöhnlich war auch, daß sich die Gruppen von Centauren noch lange nach ihren Dienststunden im Gelände des
Kosmodroms und in dessen Umgebung aufhielten, spazierten,
auf Bänken oder im Gras saßen und einfach warteten. Mitunter
sprachen sie minutenlang nicht miteinander.
    Gernot erinnerte sich an Geschichten, die von Inseln berichteten oder von einsamen Gestaden, Strandsiedlungen oder vom
Beginn der Dampfschiffahrt auf dem Mississippi. Die gesamte
Einwohnerschaft hatte Anteil genommen an der Ankunft eines
Schiffes. Es brachte Waren, den Heimkehrer oder – vielleicht
das Wichtigste – einfach nur das Odeur einer fernen Welt. Auf
diesem centaurischen Kosmodrom schien sich ähnliches zu
vollziehen…
    Obwohl die Arbeitsproduktivität um ein weniges sank, schritt
Gernot nicht ein, Mon auf ihrer Seite nicht und Bal nicht im
Gesamtbereich. Gernot selbst fühlte sich ebenfalls angesteckt
von der allgemeinen Erwartung. Ihm war, als fiebere er wie die
anderen dem Ereignis entgegen. Und es nützte auch nichts, daß
er sich einen Narren schalt. Zu erklären vermocht hätte er
nicht, was bei ihm dieses kribblige Erwarten hervorbrachte.
Schließlich schob er es darauf, daß die Ankunft dieses Schiffes
das Alltägliche natürlich durchbrach, einen Höhepunkt schuf,
wie sie ihn höchstens zum Zeitpunkt des Umzugs zum See
empfunden hatten. Eingestehen, daß dieses Gefühl etwas mit
Heimweh zu tun haben könnte, wollte er sich um alles in der
Welt nicht…
    Am Vortag der Landung herrschte in der Ordnungsgruppe
des Rats eine noch auffälligere Unruhe. Plötzlich verfügte sie
über eine Wagenkolonne von fünf und später sechs Fahrzeugen
und sogar über einen mittleren Rochen. Und diese Mobile
umkreisten ununterbrochen den Raum um das Kosmodrom und
die Werft, störten sogar, wenn auch in geringem Maße, die
Bauarbeiten am Transportkanal. Ein Hinweis Gernots an Bal
wurde von diesem mit einem Lächeln und einem menschlichen

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