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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Seil drückte ihn senkrecht nach oben, schoß
selbst in blitzendem Bogen – noch immer nachgespeist – hoch,
flatterte, schlug wie ein unter Druck stehender Wasserschlauch.
Gernot packte Mon, zerrte sie mit sich hoch, und sie rannten.
Dann endlich erstarben nach einem letzten Poltern hinter
ihnen die Geräusche. Der Maschinist, der in der Halle den
Einlauf des Probeseils besorgte, hatte reagiert, die Anlage
abgeschaltet.
Gernot stand auf, klopfte sich mechanisch den Staub aus den
Kleidern. Mon ging langsam auf die Trümmer zu. Der abgeknickte Kanal stand nach oben, die Metallplanken der Halle
zeigten einen häßlichen Dreiangel. In weiten Schlaufen lag
wirr das Seil, über dessen Mantel verzerrte Spiegelbilder
huschten.
Langsam drang das Geschehene ins Bewußtsein. Gernot
fühlte sich außerstande, insgesamt zu begreifen. Ein simpler,
nicht der Rede werter Versuch ging so gründlich daneben. So
etwas konnte man einfach nicht fassen! Langsam, mit gesenktem Kopf ging er auf die Stelle zu, an der sie vor wenigen
Minuten so zuversichtlich begonnen hatten.
Plötzlich ein Sprachgewirr um sie, centaurisch und irdisch
gemischt. Das Geräusch aus den noch eingeschalteten, am
Boden liegenden Funkgeräten.
Hastig ergriff Gernot das seine, rief: „Hallo, hier Wach…“
Und dann schrie er plötzlich: „Ruhe, verdammt noch mal!“ Er
schluckte, sammelte sich, aber das Stimmengewirr verstummte
schlagartig. „Ich rufe die Postenkette in der Reihenfolge.
Posten eins, bitte melden.“
„Versuch normal verlaufen, bis plötzlich Rückstau eintrat…“
„Posten zwei!“
„Ich weiß nicht, wie es passieren konnte, ich…“
Gernot unterbrach unwirsch. „Ich will nicht wissen, was ihr nicht wißt, sondern was ihr wißt !“
Räuspern. „Das Sprechgerät fiel aus, aber der Versuch lief
exakt, bis sich plötzlich das Seil staute. Das Rohr ist total voll.“
Ähnlich äußerten sich die Posten drei und vier.
Erst der Bericht der fünften Station erhellte die Situation um
ein weniges: „Der Hilfsantrieb blockierte. Wir meldeten sofort
‘Das Ganze halt!’ über die Nottaste, aber das Sprechgerät
versagte. Wir mußten dann zusehen, wie sich am stehenden
Antriebsrad der Seilanfang fing und sich blitzschnell von hier
aus der Rückstau entwickelte.“
Gernot dachte nach.
„Weshalb blockierte der Antrieb?“
fragte er dann. „Ist nicht klar.“
„Ihr bleibt an der Station“, ordnete Gernot an. „Alle anderen
begeben sich zur Werft. Ich komme zur Station fünf mit den
Monteuren.“
Solange Gernot im Streß stand, grübelte er nicht. Aber er
wußte, es würde ihn überkommen, würde zu nagen beginnen…
Doch im Augenblick wischte er all dieses energisch von sich.
Es hieß zu handeln…
Als sie eine halbe Stunde später die Unglücksstation erreichten, hatten die dort Verbliebenen, ein Centaure und eine
Mitarbeiterin Gernots, die Ursache des Blockierens bereits
entdeckt: Den Zwischenantrieb des Seils besorgten zwei
nachträglich im Kanal eingebrachte, senkrecht zueinander
stehende Räder mit einer Hohlkehle, ein getriebenes und ein
mitlaufendes Rad. In der Hohlkehle wurde so das Seil gegriffen
und nach vorn geschoben. Und die Welle des Treibrades saß
fest, im Zeitalter ausgefeiltester Schmiertechnik heißgelaufen.
Primitiver ging’s nicht.
Gernot, Mon und die centaurischen und irdischen Monteure
schüttelten die Köpfe. Ein solcher Fall war ihnen noch nicht
untergekommen. Sie pochten und bogen, kratzten an den
Teilen herum. Die Tatsache blieb. Einer wies nebenbei darauf
hin, daß die Hitzespuren auf der Lackschicht ein merkwürdiges
Punktmuster zeigten. Aber wen interessierte angesichts des
Schadens ein Punktmuster…
Zwei Stunden später wertete Gernot mit Bal den Vorfall aus.
Es stand fest, daß der gesamte Transporter nicht mehr verwendet werden konnte, daß er neu zu bauen war, was einen
Zeitverzug von mindestens dreißig Tagen bedeutete. Und sie
legten fest, daß mit dem Ersatz andere Sicherheitstechniken
vorgesehen werden sollten, die Vorkommnisse dieser Art, vor
allem aber deren verheerende Auswirkungen, weitgehend
ausschalteten.
Dann meldete Gernot an Jercy. Zunächst erschien der Vorgesetzte ungehalten über den Ruf, der nur für Notfälle vereinbart
worden war. Er unterbrach Gernots knappen Bericht nicht, aber
wenn die Wellen, die über den Bildschirm liefen, den Eindruck
nicht verfälschten, wurde seine Miene noch düsterer. Als
Gernot seinen Rapport beendet hatte, fragte Jercy nach einer

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