Engel auf Abwegen
standen zwei Teetassen aus Plastik (eine wahre Lady improvisiert einfach), und wir hatten Servietten auf dem Schoß. Nina stand lächelnd am Herd und hielt den Teekessel in der Hand.
»Was geht hier vor sich?«, fragte der Mann auf der Schwelle.
»Wir trinken gerade Tee«, antwortete ich und legte ein Benehmen an den Tag, das mir mehr eingebracht hätte als einen von diesen Preisen als Little Miss Debutante.
»Tee?«
»Natürlich. Warum kommen Sie nicht herein und setzen sich zu uns? Nina, bring uns noch eine Tasse, bitte.«
Er betrat die Küche und nahm instinktiv seinen Hut ab. Dann wurde ihm bewusst, weswegen er gekommen war. »Ma’am, wir haben einen Anruf erhalten, dass irgendjemand hier eingebrochen hat.«
Mir war klar, dass gute Manieren allein nicht ausreichten, um aus dieser verzwickten Lage herauszukommen. »Sieht es denn hier so aus, als hätten wir irgendetwas kaputt gemacht?«, fragte ich und knipste mein strahlendes Frede-Ware-Lächeln an.
Mein Lächeln, das nicht mehr die gleiche Wattzahl hatte, seitdem ich zum Juwelier gegangen war und herausgefunden hatte, dass mein Schmuck unecht war, verwirrte ihn. Ich hielt ihm meinen unechten rosa Diamantring entgegen. Ich trug zwar die einzigen schwarzen Klamotten, die ich besaß (nämlich ein Kleid, das ich normalerweise nur zu Beerdigungen anzog), aber mein unechter Ring und meine Perlenkette deuteten unmissverständlich darauf hin, dass ich eine Lady war.
»Bitte setzen Sie sich zu uns«, beharrte ich. »Ich weiß, wie hart die Männer des Gesetzes arbeiten.«
Ich hatte meine Stimme verändert und sprach nicht mehr in einem starken texanischen Slang. Nina stöhnte und murmelte, dass ich erneut die Scarlett-O’Hara-Rolle angenommen hätte.
»Nina, hol diesem hübschen jungen Mann eine Tasse Tee.«
Der Beamte sah so aus, als wisse er nicht, was er glauben sollte. Dann tauchte hinter ihm sein Kollege mit gezückter Waffe auf. »Was zum Teufel …«
»Du lieber Himmel.« Ich erhob mich abrupt.
Nina verdrehte die Augen.
Pilar hielt sich immer noch hinter der Tür versteckt.
»Was geht hier vor sich?«, fragte der ältere Beamte.
»Keine Ahnung«, sagte der jüngere. »Ich habe geklopft, dann haben sie geöffnet und mich zum Tee eingeladen.« Er verzog entschuldigend das Gesicht. »Ich vermute, die Nachbarin hat sich geirrt.«
»Ah ja, die Nachbarin. Sie ist sehr neugierig«, sagte ich und stieß einen Zischlaut aus. »Sie hat immer irgendetwas auszusetzen. Ich wette, sie ruft regelmäßig an, um sich zu beschweren.«
»Nun, das stimmt«, sagte der Hübsche.
Der andere, nicht so Hübsche war nicht so leicht zu überzeugen. »Kann ich bitte Ihren Ausweis sehen?«
Nicht gerade die Antwort, die ich erwartet hatte. Nina und Nikki waren genauso sprachlos wie Pilar. Ich wollte Zeit gewinnen und kramte in meiner Handtasche herum, während meine Gedanken rasten und ich versuchte, mir irgendeinen Plan auszudenken. »Nikki, Pilar, zeigt dem Beamten euren Führerschein.« Ich sah den Beamten an. »Das dort ist Nina, mein Hausmädchen.«
Die Mädchen reichten ihm ihre Führerscheine. Als er sie durchgesehen hatte, wandte er sich wieder an mich und streckte die Hand aus. »Und jetzt zu Ihnen. Ich habe nicht viel Zeit.«
Noch ein Mann, der eine Lektion in gutem Benehmen gebrauchen konnte. Aber das behielt ich lieber für mich und beschloss, dass ich daran nichts ändern konnte. Ich streckte die Hand aus, und meine Gedanken rasten immer noch, ohne eine Antwort parat zu haben. Eine Frau niedrigeren Standes hätte zu schwitzen angefangen.
»Fredericka H. Ware. Aus Willow Creek.« Er grinste, als wäre er Sherlock Holmes und hätte soeben seinen ersten Serienmörder erwischt. »Das Haus ist auf den Namen Janet Lambert eingetragen.«
»Das ist richtig!« Denk, denk, denk.
Seine Augen verengten sich. »Was haben Sie dann hier zu suchen?«
Plötzlich hatte ich einen Geistesblitz. »Ich wollte nur die Post abholen, lüften und mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Ich bin sicher, Sie haben gehört, dass Janet jetzt Janet Lambert Ware heißt.« Ich deutete auf meinen Führerschein. »Und wie Sie bereits wissen, heiße ich Fredericka Ware.«
Sein Gesicht nahm einen missmutigen Ausdruck an, und er versuchte, aus meinen Worten schlau zu werden.
»Sie ist meine … Schwägerin.«
Nikki quiekte.
»Schwägerin?«, fragte der Beamte.
Ich stand auf, ging zur Anrichte und holte die dort liegende Post. »Sehen Sie.« Ich hielt ihm den Stapel
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