Engel auf Abwegen
erreichte, war das Tor geschlossen und mit einem Vorhängeschloss versehen.
Ich stieg aus dem Auto und spähte durch die fensterartigen Einsätze in dem großen Holztor. Das Haus war völlig dunkel und das Gras im Hof nicht gemäht. Niemand brauchte mir zu sagen, dass Sawyer nicht da war.
Es gibt da ein lästiges Problem mit kreativen Menschen: Sie sind launisch und haben einen Hang zum Dramatischen, und wenn sie sagen, dass sie sich in dich verlieben, und du antwortest: »Danke, dass du mir das anvertraust«, nehmen sie das persönlich. Und was die völlig dunkle, unbewohnte Hacienda am äußeren Rand von South Willow Creek anbetraf, so würde ich sagen, dass Sawyer so dachte.
Dann sah ich die Holzschilder, die wie Ölgemälde an der Wand aufgestapelt und zum Teil von einer großen blauen Plane abgedeckt waren. Aber ich sah genug, um das Wort »GenStar« zu erkennen.
Es war nicht weiter überraschend, dass mein Multimillionär etwas mit dem Bauvorhaben zu tun hatte, nach dem zu urteilen, was Nikki mir erzählt hatte. Wenn es wirklich so war, würde er bestimmt zurückkommen. Und ich hätte eine Gelegenheit, es ihm zu erklären. Aber nur erklären, sagte ich mir. Das ist alles, was ich wollte, damit ich mich nicht mehr so schlecht fühlte, weil ich so unhöflich zu ihm gewesen war.
Bis dahin hatte ich eine wichtigere Aufgabe zu erledigen.
Dienstagvormittag rief ich Beau Bracken von der Willow Creek Times an. Es war an der Zeit, dass er meinen Gefallen erwiderte. Er sagte, dass er mir gerne behiflich sein würde.
Am Mittwoch lautete die Schlagzeile: Frede und Freundinnen geben ein Abendessen.
Der Artikel handelte von Pilar, Nikki und mir anlässlich der Eröffnung des neuesten Restaurants der Stadt und enthielt ein Foto von uns dreien. Ich schnitt es aus und schickte es Gordon zu, falls er die Zeitung nicht bekam.
Am Donnerstag stand in der Times : Die Ladys der League .
Der Artikel handelte von einer Organisation, deren Mitglieder zusammen durch dick und dünn gehen, um »gute Taten« zu tun (sprich: es Leuten heimzuzahlen). Der Artikel enthielt ein Foto von mir im Hauptbüro der JLWC.
Freitagabend, wenn im Willow Creek Country Club am meisten los ist, tauchten Pilar, Nikki und ich dort auf.
In der Regel gehen Ladys in männlicher Begleitung, vorzugsweise mit ihrem eigenen Ehemann zum Dinner im WCCC. Howard hätte mit uns kommen können, aber als wir unsere Köpfe in sein Büro steckten, um ihm zu sagen, dass wir jetzt gehen würden, telefonierte er gerade. Nach dem Tonfall seiner Stimme zu urteilen, klang der Anruf so, als wäre damit ein Trip in Shorts zu den unbewohnbaren Sumpflandschaften New Jerseys verbunden. Ich beschloss, dass wir ohne ihn gehen sollten. Obwohl ich seine Arbeitsmethode nicht gerade guthieß, sah ich keinen Grund, ihn davon abzuhalten.
Wir trugen alle drei angemessene Kleidung, und als wir im WCCC ankamen, hatten wir einen Auftritt wie auf dem roten Teppich, der einen Filmstar mit Stolz erfüllt hätte. Alle im Speiseraum starrten uns an, und diesmal war es nicht darauf zurückzuführen, dass ich immer noch als Außenseiterin galt. Es lag einfach daran, dass Gordon rein zufällig dort mit seiner neuen Frau zum Abendessen war.
In Willow Creek gibt es nicht viele Scheidungen, zumindest nicht in den wohlhabenderen Stadtteilen, daher waren die Clubmitglieder ganz Augen und Ohren. Aber ich war nicht gekommen, um eine Szene zu machen, sondern weil ich von Gordon gesehen werden wollte, der, wie ich erfahren hatte, heute Abend hier speisen würde.
Die Mädels und ich schritten auf unseren Tisch zu. Wir lächelten und winkten, warfen allen Luftküsse zu und stellten sicher, dass wir von allen wahrgenommen wurden. Auf unserem Weg zum Tisch kamen wir zufällig an Gordons Tisch vorbei. Pilar und Nikki gingen weiter, während ich stehen blieb. Man konnte praktisch das Keuchen hören, während alle im Speisesaal, sowohl Gäste als auch Personal, Luft holten.
»Hallo, Gordon, Liebling, was für eine Überraschung«, sagte ich.
Am Pool hatte er die Frechheit besessen, über mich zu spotten. Ich bemerkte, dass Howards Plan ihn langsam zermürbte. Sein Blick wanderte im Raum umher, dann lächelte er gezwungen. Janet hatte immer noch keine Manieren und zeigte, dass sie keine gute Kinderstube gehabt hatte, denn sie starrte wütend vor sich hin.
»Du erinnerst dich doch an Pilar, nicht wahr«, sagte ich und deutete in Richtung des Tischs, an dem meine Freundinnen saßen.
Gordon sah hinüber,
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