Engel auf Abwegen
gelegenen Supermarkt, um die Zeitung zu holen. Trotz der gelassenen Einstellung meines Ehemannes war er äußerst genau, wenn es um seinen Zeitplan ging. Er joggte jeden Morgen, und auf dem Nachhauseweg kaufte er im Supermarkt immer zwei Tageszeitungen. Er hinterließ eine für Juan, und bevor dieser seine Schicht begann, war sie bereits da. Dann fuhr Gordon nach Hause, setzte sich auf die überdachte Veranda, trank seinen Kaffee und las seine Zeitung.
Mit den beiden Zeitungen in der Hand raste ich nach Hause zurück, warf eine vor das verschlossene Pförtnerhaus, zog die Schlüsselkarte durch den Schlitz und fuhr zu meinem perfekten Haus. Ich hatte noch eine Menge zu tun, bevor Nina kam und ich meinen Plan in die Tat umsetzen konnte.
Montags und donnerstags spielte Gordon in der Nähe unseres Swimmingpools auf unserem Tennisplatz Tennis. Die hohen grünen Hecken machten einen Einblick unmöglich, aber man konnte das hohle Geräusch der Tennisbälle noch zwei Türen weiter hören. Meine Nachbarin Caryn Kramer, ebenfalls Mitglied der League, hatte mir erzählt, dass Gordon und sein Tennisspiel genauso zuverlässig waren wie die Tatsache, dass jeden Morgen die Sonne aufging.
Hatte ich schon erwähnt, dass Donnerstag war?
Ich wartete, bis es etwas später war, und rief dann Gordons Tennispartner an, um ihm zu sagen, dass Gordon die Grippe habe, noch im Bett sei und das Tennisspiel verschoben werden müsse. Der Mann war noch im Halbschlaf und
wahrscheinlich froh, dass er sich noch mal umdrehen und weiterschlafen konnte.
Um halb acht kam Nina zur Hintertür herein. Ich wartete auf sie und hatte bereits meine Tenniskleidung angezogen (einen weißen Pullover, den ich modisch um die Schultern gebunden hatte) und mein Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Überrascht blieb sie stehen.
»Missy Ware, was Sie vorhaben?«
Als ich heranwuchs, nannte sie mich immer dann, wenn sie unzufrieden mit mir war, »Missy«. Seit ich erwachsen bin, nennt sie mich »Missy Ware«, wenn sie verärgert ist, und das ist die meiste Zeit der Fall.
Als Antwort schob ich einen hellorangenen Trainingsanzug aus Velours in ihre Richtung. »Zieh dich um. Wir spielen Tennis.«
Ich war nicht weiter überrascht, als ein spanischer Wortschwall auf mich herabregnete, aber ich scheuchte sie in ihr Dienstbotenquartier zurück und wartete so lange, bis sie wieder auftauchte. Sie knurrte vor sich hin und sah aus wie eine kurze, gedrungene, ziemlich runde Kürbislaterne mit praktischen Dienstmädchenschuhen. Nicht gerade perfekt, aber es würde genügen müssen.
Ich holte die alten Tennisschläger, die ich im Lagerraum gefunden hatte. Dann zog ich Nina von der Schiebeglastür der Veranda fort und über die Fliesen, die durch den perfekt gepflegten Garten führten, am glitzernden Pool vorbei, der zweimal pro Woche von dem hübschesten Poolboy, den ich je gesehen hatte, gereinigt wurde. (Nicht dass ich je davon geträumt hätte, etwas mit ihm anzufangen. Ich habe ihn sogar noch nie gegrüßt.)
Wir gingen noch einige Stufen hinunter, bis wir zum Tennisplatz kamen. Ich hatte die Ballmaschine, die Gordon
mit geradezu missionarischem Eifer benutzte, schon aufgestellt.
»Was Sie machen da?«, wiederholte Nina und schaute mich böse an.
»Ich dachte, es wird höchste Zeit, dass wir beide eine schöne Zeit miteinander verbringen.«
Sie gab einige Würgelaute von sich und sagte dann: »Sie nicht wollen, dass Nachbarn herausfinden, Meester Gordon nicht hier.«
Habe ich schon erwähnt, dass sie einen äußerst scharfen Verstand hat?
»Nina, das ist einfach lächerlich.«
Sie grunzte. »Mir geben das Ding.« Sie nahm mir den Schläger aus der Hand.
Sie stellte sich an die Grundlinie wie ein Verteidiger bei einem Football-Spiel. »Sie Maschine anmachen.«
Das tat ich.
Sie heulte auf, als der erste Ball sie an der Schulter traf. Sie fluchte auf Spanisch, dann begann sie, die gelben Bälle, die schneller aus der Maschine kamen, als sie reagieren konnte, wegzuschlagen. Sie ist zwar clever, aber nicht besonders beweglich.
»Sch«, zischte ich. »Es soll so klingen, als würden Gordon und Bernie Brown spielen.«
Sie hielt inne und zog eine Augenbraue hoch, als wollte sie sagen: »Das habe ich Ihnen doch gesagt.« Zum Glück traf sie ein weiterer Ball an der anderen Schulter, und sie machte sich wieder an die Arbeit.
Nach ungefähr zwei Dutzend Bällen (und was so aussah, als würde daraus am nächsten Morgen ein blaues Auge werden) hatte sie den Bogen
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