Engel auf Abwegen
klärte ich ihn auf und blickte mich um. »Ist Mrs. Grout hier?«
»Nikki?«
»Gibt es noch eine andere?«
Er blinzelte und lachte so laut, dass mir fast das Trommelfell geplatzt wäre. »Das ist ein guter Witz. Nein, es gibt nur die eine. Das kam nur ein wenig überraschend, denn ich
habe noch nie gehört, dass jemand meine Nikki ›Mrs. Grout‹ nennt. Klingt aber ziemlich gut, finden Sie nicht auch?«
Was ich fand, war, dass ich ziemlich wütend auf Gordon war, weil er mich in die Lage gebracht hatte, mich mit diesem Mann abzugeben.
»Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, Nikki ist nicht zu Hause. Sie ist shoppen gegangen und gibt mein Geld aus. Wir sind ganz allein, meine Liebe. Wir haben ein oder zwei Hausangestellte, genau wie Sie. Ich weiß jedoch nicht, wo die gerade sind.«
Ich wusste nicht, was er damit sagen wollte. Oder doch? Im Haus war es mucksmäuschenstill. Man hörte weder Waschmaschinen- noch Staubsaugergeräusche noch jemanden, der Blumenzwiebeln pflanzte. Es war totenstill, was bedeutete, dass ich mit einem halbnackten Schurken allein war.
Würde er über mich herfallen? Wohl kaum.
Würde er mir seine Liebe aufzwingen? Bestimmt nicht.
An seinem nachdenklichen Blick bemerkte ich, dass er einzuschätzen versuchte, was für ein Interesse ich an ihm hatte. Wenn ich auch nur andeutungsweise nein sagen würde, würde ihn meine Antwort nicht in die beste Stimmung versetzen, um mir helfen zu können.
»Ich bin traurig, dass Mrs. Grout nicht da ist. Ich freue mich darauf, sie zu sehen. Vielleicht kann sie bald einmal zum Tee zu mir kommen.«
Der Mann kicherte. »Das würde sie sicher gern tun.«
Er warf das angeknabberte Muffin in den Korb zurück und trat einen Schritt näher. Innerlich stöhnte ich auf. Plötzlich wurde mir klar, dass ich, egal wie groß mein Wunsch war, mich an ihm zu rächen, versuchen könnte, mich mit Howard Grout anzufreunden. In diesem Augenblick
verfluchte ich meine glänzende Strumpfhose und das hinreißende Kleid, in dem ich noch unwiderstehlicher aussah als sonst. Ich würde alles versuchen müssen, um ihn von meiner Schönheit abzulenken, und vielleicht würde meine Fassade einer jungen Dame in Not seine Fantasien eher als erwartet zunichtemachen.
»In Wirklichkeit bin ich gekommen, weil ich Ihre Hilfe brauche«, platzte ich heraus.
Er hielt inne.
»Wirklich? Sie brauchen mich?«
»Ja.« Ich faltete die Hände ineinander. »Ich brauche einen Anwalt.«
Er starrte mich an. »Aber Sie kennen sämtliche Anwälte in der Stadt. Warum, zum Teufel, brauchen Sie mich?«
Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, und ich erzählte ihm alles, was geschehen war. Trotz meiner Philosophie, meine Privatsphäre für mich zu behalten, erzählte ich ihm alle möglichen peinlichen Details. Dann unterbrach er meinen Redeschwall.
»Ich werde Ihnen helfen.«
War es wirklich so einfach gewesen? »Wirklich?«
»Ja. Und ich gebe Ihnen mein Wort, dass Gordon Ware den Tag bereuen wird, an dem er Ihnen das angetan hat.«
»Ja dann, vielen Dank.«
»Danken Sie mir noch nicht, meine Liebe. Denn damit ist ein Preis verbunden.«
»Ich dachte, ich hätte klargestellt, dass ich momentan nicht allzu viel Ge-, nun, Geld habe.«
»An Ihrem Geld habe ich kein Interesse, Mrs. Ware.«
Kein gutes Zeichen. Warum nannte er mich auf einmal »Mrs. Ware«. Das kam ein wenig spät.
Der Mann sah mich von oben bis unten an, und mir
wurde klar, dass er immer noch Fantasien hatte. Er würde Sex von mir wollen. Sex mit der renommierten Fredericka Mercedes Hildebrand, Ehefrau von Gordon Ware.
Jetzt können Sie wegen meiner Arroganz einen empörten Schrei ausstoßen. Aber ich weiß, was ich weiß.
Beim Gedanken an Sex mit diesem quiekenden Schwein von einem Mann hätte ich am liebsten selbst geschrien. Und das wäre nicht die gute Art von Schrei gewesen, nicht dass es eine gute Art gegeben hätte und dass ich etwas gegen Sex gehabt hätte. Nach dem langweiligen Sex, den ich mit meinem Exmann gehabt hatte, verspürte ich ein äußerst undamenhaftes Jucken, das nach einem guten Kratzen verlangte.
(Ich verrate Ihnen ein Geheimnis, was mein Benehmen anbetrifft: Ich bin auf einer Ranch aufgewachsen. Ich weiß über den Sex von wilden Tieren Bescheid, selbst wenn ich so tue, als wüsste ich nichts darüber. Obwohl ich nie das Glück gehabt habe, mich daran zu beteiligen.)
Aber da dieser Mann mich anstarrte und bereit war,
1. mich zu verteidigen,
2. meinen Ehemann ausfindig zu machen,
3. und ihn dafür
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