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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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schlichter Eleganz kleiden.
    3. Sie sollte niemals Wadenwärmer tragen, noch nicht einmal die teuren aus Kaschmir, wenn sie nicht gerade auf dem Weg in den Country Club ist, um Tennis oder Golf zu spielen.
    4. Sie sollte niemals ihr Dekolleté zeigen, ausgenommen bei einer Abendgesellschaft, aber auch dann sollte nur ein kleiner Teil zu sehen sein.
    5. Sie sollte niemals ihre Taille zeigen.
    6. Hüfthosen sind für Highschool-Mädchen aus Familien niederen Standes.
    »Bring mir meine cremefarbene Hose mit der Bügelfalte«, wies ich Nina aus der Badewanne mit dem Schaumberg an. »Und die cremefarbene Seidenbluse, den Café-au-lait-Kaschmirpullover, den ich mir um die Schultern binde. Und die kleinen Ferragamo-Pumps mit den Schleifen zum Aufstecken.« Zum ersten Mal seit Tagen spürte ich, wie mein altes Ich zurückkehrte. »Ich muss jemandem einen Besuch abstatten und dabei so gut wie möglich aussehen.«

5
    Nina war begeistert und freute sich, dass ich endlich aus dem Haus kam. Die Sonne und die frische Luft würden mir guttun, sagte sie. Ich hatte hart daran gearbeitet, meine achtundzwanzig Jahre alte Haut nicht der unbarmherzigen texanischen Sonne auszusetzen, aber dies schien nicht der richtige Augenblick, um es zu erwähnen, denn schließlich hatte ich ja kürzlich noch draußen Tennis gespielt.
    Nachdem ich endlich gebadet und mir Haare und Fingernägel gerichtet hatte, war mein Schlafzimmer strahlend sauber, das Bett gemacht, und meine Kleidung lag auf der exquisiten Bettdecke, die vor zwei Wochen aus Frankreich gekommen war, nachdem ich drei Monate darauf gewartet hatte.
    Nina hatte die Kleidung so hingelegt, wie sie angezogen aussehen würde. Während ich das Ensemble mit den neutralen Farben betrachtete, kam mir ein neuer Gedanke. Die neutralen Farben würden dem Mann, der angeblich mehr Gold trug als Anna Nicole Smith, wahrscheinlich nicht besonders gefallen.
    Ich dachte über einen neuen Aktionsplan nach, aber nur eine halbe Sekunde lang, bevor ich auf meinen begehbaren Kleiderschrank zuging und meine Perlenkette ablegte. Meine Hausangestellte sah mich mit merkwürdigem Gesichtsausdruck an, weil ich tagsüber immer meine Perlenkette trug. Ihre Begeisterung wurde noch geringer, als ich ein hellblaues Chiffonkleid aus dem Kleiderschrank nahm, das trotz des
hohen, anständigen Kragens meine Figur hübsch zum Ausdruck brachte – was um elf Uhr morgens ein Unding war.
    »Was Sie machen da, Missy Ware«, fragte sie auf Spanisch.
    »Ich nehme mir einen Anwalt, Liebes.«
    »Welcher Anwalt Sie in solch Kleid sehen will?«
    Ich lächelte sie an. »Derjenige, der Gordon dazu bringt, zu bedauern, dass er mittwochs nicht Golf gespielt hat.«
    Nina war nicht gerade hocherfreut, aber sie war eine Frau, die wie jede andere Verständnis dafür hatte, wenn sich jemand rächen wollte.
    Nachdem ich das neue Kleid angezogen hatte, legte sie das andere wieder weg. Ich zog hauchdünne Strümpfe an, die nur ganz wenig glänzten (wie ungezogen!), und Riemchenpumps, die ziemlich sexy aussahen für einen Schuh, der nur einen kleinen Absatz hatte. Dann setzte ich einen breitkrempigen Strohhut auf mit einem hübschen blauweißen Chiffonschal mit gedämpftem Blumenmuster, der mir über den Rücken flatterte.
    Ich bat Nina, mir den Korb mit dem frischen Gebäck zu holen, das sie immer griffbereit hatte. Sie sah mich argwöhnisch aus zusammengekniffenen Augen an (wer nahm Muffins zu einem Anwalt mit?), folgte jedoch meiner Bitte ohne irgendeinen Kommentar.
    Ihr beharrliches Schweigen dauerte nur so lange, bis ich beiläufig erwähnte, dass ich nicht irgendeinen Anwalt aufsuchen würde, sondern den Anwalt nebenan. Sie gab ein ersticktes Keuchen von sich und stieß einen Wortschwall auf Spanisch aus. Sie sagte mehrere Dinge, die ich hier nicht wiederholen möchte. Es genügt, zu erwähnen, dass eine weniger belastbare Frau unter ihrem hitzigen Angriff geschmolzen wäre.

    Ich ignorierte sie.
    Ich hängte den Korb über meinen Unterarm, wie es sich für eine Schönheit aus Texas auf dem Weg zum Sonntagspicknick geziemt, schritt unter einem fast blauen Himmel zur Garage, stieg in mein Auto, legte den Gurt an, überprüfte die Spiegel und rollte die lange Einfahrt hinunter. Ich bog nach links ab und fuhr zu dem neben uns gelegenen Anwesen, wo ich den Wagen direkt vor die Haustür meines Nachbarn stellte.
    Es war das erste Mal, dass ich das Haus aus der Nähe sah. Gott hab Erbarmen, ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für ein

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