Engel auf Probe (German Edition)
der Stimme seines Herzens.” Die Frau warf einen verstohlenen Blick auf das gepunktete Etwas, das Reeds Designercouch belagerte, und beugte sich dann vertraulich zu Reed hinüber. Ihre Lippen schimmerten in derselben verführerischen Farbe wie ihr Kleid, und Reed fragte sich unwillkürlich, was wohl passieren würde, wenn er den Lippenstift von diesen üppigen Lippen küsste. Aber dann verzog die Frau ein wenig abfällig den Mund und erklärte: “Leider muss ich sagen, dass Scratch uns im Augenblick absichtlich ignoriert.”
Ihre ohnehin schon kehlige Stimme hatte dabei noch eine Spur verwegener geklungen, und Reed liefen lustvolle Schauer über den Rücken, wodurch er sich der Anwesenheit der Frau umso mehr bewusst wurde. Augenblicklich erstand vor seinem geistigen Auge eine schlüpfrige Bettszene mit leicht feuchten Laken und Körpern …
Jetzt war er wirklich versucht, die Dame zu küssen. Bevor er dieses Vorhaben allerdings in die Tat umsetzen konnte, wandte sich die Frau von ihm ab und bewegte sich mit vollendetem Hüftschwung auf den Stein des Anstoßes auf seinem Sofa zu. Beim Anblick ihrer Kehrseite fühlte sich Reed an ein sonnenüberflutetes Mohnfeld erinnert, dessen langstielige Blütenpracht sich sanft im Rhythmus der Sommerbrise wiegte. Das betörende Parfüm der Frau tat ein Übriges, um Reeds Sinne in Versuchung zu führen.
“Was zum Teufel …”, flüsterte er vor sich hin und schüttelte dabei den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Frau musste aus seinem Büro verschwinden, bevor er der Lust nachgab, die ihn jeden Augenblick zu überwältigen drohte. Wie hatte er nur annehmen können, dass er auf weniger himmlische Frauen stand?
In diesem Moment warf die Unbekannte ihm einen verführerischen Blick aus ihren babyblauen Augen zu und fragte lächelnd: “Wie wär’s, wenn wir einen Kompromiss schließen: Ich bringe Scratch dazu, von Ihrer Couch zu gehen, und Sie hören mich an?”
“Hm.”
“Ich werte das als Ja, Mr Harding.” Und zu dem Dalmatiner gewandt, fuhr sie fort: “Sei ein braver Hund, und geh von der Couch des netten Herrn hier.” Aber da der Hund die Augen geschlossen hatte, half auch gutes Zureden nichts.
Gerade als Reed drauf und dran war, das Tier eigenhändig von der Couch zu befördern, schlug es die Augen auf – die übrigens genauso babyblau waren wie die seines Frauchens, wobei das rechte einen schwarzen Kringel aufwies. Reed seufzte und dachte: Wunderbar, mein Leben hat sich in einen Disneyfilm verwandelt.
“Wurde aber auch Zeit, Scratch, dass du uns wieder zuhörst”, sagte die Frau zu dem tauben Dalmatiner und fügte etwas barscher hinzu: “Jetzt aber runter mit dir!”, bevor er seine Augen wieder schloss.
Als Antwort bellte Scratch einmal kurz und leckte seinem Frauchen zärtlich die Wange, machte aber keinerlei Anstalten, seinen Platz zu räumen. Dann wandte er den Kopf ab, als gebe es seiner Ansicht nach zum Thema “Couch und wer darauf liegen durfte” nichts mehr zu sagen.
Reed lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Platte.
“Du vermasselst uns noch die Tour, Scratch, wenn du nicht sofort gehorchst.”
“Tour?” Verwundert runzelte Reed die Stirn. “Was soll das nun wieder heißen?”
“
Mission
, meinte ich”, sagte die Frau.
Nun war Reed völlig verwirrt. Aber die Fremde beschäftigte sich schon wieder mit ihrem Hund. “Geh jetzt da runter, Scratch!” Sie fasste das Tier um den Fang und zwang es so, sie anzusehen, damit es sie auch verstand, als sie eindringlich sagte: “Denk an unsere
Mission!”
Schon wieder dieses Wort, dachte Reed, und dann geschah das Unerwartete: Mit einem fast menschlichen Brummen erhob sich der Dalmatiner, sprang von Reeds Designercouch und machte brav neben den hohen Hacken seines Frauchens Sitz.
“Sind Sie jetzt zufrieden, Mr Harding?”
Die Frau hatte vielleicht Nerven! “Nicht einmal annähernd”, stieß Reed mit einem Blick auf den Unterlagenstapel auf seinem Schreibtisch hervor. “Können wir jetzt zum Thema kommen. Da wartet noch viel Arbeit auf mich.”
“Genau deshalb bin ich hier. Ich bin nämlich Ihre neue Sekretärin.”
“Sie machen wohl Witze?”
“Ganz und gar nicht.” Und dann setzte sich die Frau einfach in den Stuhl gegenüber von Reeds Schreibtisch und schlug die langen Beine übereinander.
Reed fühlte, wie ihm der Mund trocken wurde.
“Was habe ich bloß mit dem Handbuch gemacht, das man mir mit auf den Weg
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