Engel aus Eis
zwar nicht, dass er etwas herausbekommen hat, aber wenn Sie wollen, kann ich ihn gerne anrufen.« Kjell seufzte. Er zog den Apparat näher zu sich heran und tippte die Nummer aus dem Adressbuch ein. Nach mehrmaligem Klingeln nahm der Norweger ab.
»Guten Tag, hier spricht Kjell Ringholm. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe, aber ich wollte mich erkundigen … Gut, dann haben Sie das Foto am Donnerstag also bekommen. Haben Sie …«
Er nickte mit dem Kopf, während er sich anhörte, was der Mann am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte. Sein gespannter Gesichtsausdruck machte Martin so neugierig, dass er sich aufrichtete und ihn genau beobachtete.
»Sie haben also anhand des Fotos …?«
»Der Name war falsch? Der Name lautet also …« Kjell schnippte mit den Fingern und gab Martin zu verstehen, dass er Stift und Papier brauchte.
Martin stürzte sich auf den Stifthalter und warf ihn dabei um, so dass alle Stifte auf den Boden fielen, doch Kjell gelang es, einen aufzufangen, schnappte sich einen Bericht aus Martins Ablage und machte sich auf der Rückseite fieberhaft Notizen.
»Er war also nicht …«
»Doch, ich verstehe, dass das äußerst interessant für Sie ist … Für uns auch, das können Sie mir glauben.«
Mittlerweile platzte Martin beinahe vor Spannung. Er starrte Kjell an.
»Okay,haben Sie vielen Dank. Nun sehen wir die Sache in einem vollkommen anderen Licht. Ja, ja … danke, danke.« Schließlich legte Kjell auf und grinste Martin breit an.
»Ich weiß, wer er ist. Hol mich der Teufel, ich weiß es!«
»Erica!«
Krachend fiel die Haustür ins Schloss. Erica fragte sich, warum Patrik so brüllte.
»Was ist denn los? Brennt es?« Sie stellte sich an die Treppe und blickte nach unten.
»Komm runter. Ich muss dir etwas erzählen.« Er winkte ungeduldig, und sie folgte ihm ins Wohnzimmer.
»Setz dich.«
»Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte sie, als sie nebeneinander auf dem Sofa saßen. »Los, erzähl!«
Patrik atmete tief durch. »Du hast doch gesagt, du glaubst, dass es irgendwo noch mehr Tagebücher gibt.«
»Jaaa.« In Ericas Bauch begann es zu kribbeln.
»Ich bin doch vorhin zu Karin gefahren.«
»Aha?«, erwiderte Erica erstaunt, aber Patrik winkte ab.
»Das ist jetzt nicht so wichtig. Hör zu. Zufällig erwähnte ich die Tagebücher gegenüber Karin. Und sie glaubt zu wissen, wo noch mehr davon sein könnten.«
»Machst du Witze?« Erica sah ihn verblüfft an. »Woher will sie das wissen?«
Patrik erzählte, und Ericas Züge hellten sich auf. »Ach so. Aber warum hat sie nichts gesagt?«
»Keine Ahnung. Fahr hin und frag sie.« Patrik konnte den Satz nicht mehr zu Ende bringen, weil Erica schon aufgesprungen war und zur Haustür rannte.
»Wir wollen mit«, rief Patrik und nahm Maja auf den Arm.
»Dann beeilt euch.« Erica hielt die Autoschlüssel in der Hand und war schon halb draußen.
Eine Weile später öffnete Kristina erstaunt die Tür.
»Welch eine Überraschung. Was macht ihr denn hier?«
»Wir wollten nur kurz reinkommen.« Erica warf Patrik einen Blick zu.
»Aber natürlich, ich mache uns einen Kaffee.« Kristina wirkte immer noch verwundert.
Angespannt wartete Erica auf eine günstige Gelegenheit. Sie ließ Kristina den Kaffee machen und wieder an den Tisch kommen, bevor sie sichtlich aufgeregt sagte: »Ich habe dir doch erzählt, dass ich auf dem Dachboden die Tagebücher meiner Mutter gefunden habe und dass ich in letzter Zeit viel darin gelesen habe, weil ich mehr über Elsy Moström erfahren wollte.«
»Klar, das hast du erwähnt.« Kristina wich ihrem Blick aus.
»Bei meinem letzten Besuch sagte ich auch, soweit ich mich entsinne, wie merkwürdig ich es finde, dass sie 1944 mit dem Tagebuchschreiben aufgehört hat.«
»Hm.« Kristina starrte die Tischdecke an.
»Als Patrik heute bei Karin zum Kaffee eingeladen war, erwähnte er die Tagebücher und beschrieb sie ihr, und sie kann sich offenbar genau erinnern, ähnliche Bücher bei dir gesehen zu haben.« Erica machte eine Pause und musterte ihre Schwiegermutter. »Sie hat erzählt, dass sie einmal eine Tischdecke aus deinem Wäscheschrank holen sollte und dabei ganz hinten blaue Notizbücher mit der Aufschrift Tagebuch liegen sah. Sie nahm an, es seien deine alten Tagebücher und sagte nichts davon, aber als Patrik heute die von meiner Mutter erwähnte, da … hat sie eins und eins zusammengezählt. Meine Frage ist nun«, Erica legte eine Pause ein, »warum du mir nichts davon erzählt
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