Engel aus Eis
Hans Olavsen schließlich in dem Grab auf dem Friedhof gefunden hatten.
Zu den wichtigsten Dingen gehörte jedoch der Zeitfaktor. Sie konnten nicht mit Genauigkeit sagen, wann Erik Frankel ermordet worden war, sondern hatten lediglich festgestellt, dass es irgendwann zwischen dem fünfzehnten und dem siebzehnten Juni passiert sein musste. Vielleicht konnte man damit etwas anfangen, überlegte Paula, und zog einen Block aus der Schublade. Mit entschlossener Handschrift notierte sie alle bekannten Daten und trug Ericas Besuch, Eriks betrunkenen Auftritt bei Viola, Axels Flug nach Paris und die vergeblichen Versuche der Putzfrau, ins Haus zu kommen, in eine Zeitleiste ein. Dann versuchte sie, den Unterlagen zu entnehmen, wo Frans sich in diesem Zeitraum befunden hatte, fand aber nur die Aussagen der Mitglieder von Schwedens Freunden , die behaupteten, Frans habe sich an diesenTagen in Dänemark befunden. So ein Mist. Sie hätte ihn zwingen sollen, genauere Angaben zu machen, solange es noch möglich war, doch er hätte mit Sicherheit Papiere beschafft, die sein Alibi untermauerten. Er war schließlich ein Fuchs. Was hatte Martin beim Durchgehen der Ermittlungsakte einmal gesagt? Ein lückenloses Alibi gebe es fast nie …
Ruckartig setzte Paula sich auf. Ihr war ein Gedanke gekommen, der allmählich Formen annahm. Eine Sache hatten sie noch nicht überprüft.
»Hallo, hier ist Karin. Könntest du mal schnell vorbeikommen und mir helfen? Leif ist heute Morgen wieder abgefahren, und bei mir leckt ein Rohr im Keller.«
»Ich bin zwar kein Klempner«, erwiderte Patrik zögernd, »aber ich kann mir den Schaden ja mal ansehen. Im schlimmsten Fall müssen wir einen Profi rufen.«
»Supernett von dir«, seufzte sie erleichtert. »Bring Maja mit, wenn du willst, dann kann sie mit Ludde spielen.«
»Da Erica arbeitet, geht es gar nicht ohne sie«, antwortete er und versprach, sich zu beeilen.
Er musste zugeben, dass ihm ein wenig mulmig zumute war, als er eine Viertelstunde später in der Garageneinfahrt von Karins und Leifs Haus in Sumpan parkte. Das Haus zu betreten, in dem seine Exfrau mit einem Mann lebte, dessen auf und ab hüpfendes weißes Hinterteil hin und wieder vor seinem inneren Auge herumspukte. Er hatte die beiden in flagranti ertappt, und so etwas vergaß man so schnell nicht wieder.
Schon vor dem Klingeln machte sie ihm mit Ludde auf dem Arm die Tür auf. »Komm rein!«
»Das Rettungskommando rückt an!«, grinste er und stellte Maja auf den Boden. Ludde packte sie sofort am Arm und zog sie ein Stück den Flur hinunter zu einer Tür, hinter der offenbar sein Kinderzimmer lag.
»Es ist hier unten.« Karin öffnete eine Tür, hinter der die Kellertreppe lag, und ging voran.
»Kommen die allein zurecht?«, fragte Patrik besorgt und blickte in den Flur.
»Die werden sich problemlos ein paar Minuten beschäftigen.« Karin gab Patrik zu verstehen, dass er ihr folgen sollte.
Am Fuß der Treppe zeigte sie bekümmert auf ein Rohr an der Decke. Patrik trat näher, um es zu inspizieren.
»Dass es leckt, ist übertrieben. Hier hat sich nur ein bisschen Kondenswasser gebildet.« Er zeigte auf einige winzige Tröpfchen.
»Oh, wie schön. Ich war so beunruhigt, als ich bemerkte, wie feucht es glänzte«, atmete Karin auf. »Es ist wirklich lieb von dir, dass du gleich gekommen bist. Darf ich dir zum Dank einen Kaffee anbieten? Oder musst du schnell nach Hause?« Sie sah ihn fragend an und ging die Treppe hinauf.
»Nein, eigentlich haben wir es nicht eilig. Ein Kaffee wäre nett.«
Eine Weile später saßen sie am Küchentisch und aßen Haferplätzchen aus dem Supermarkt.
»Dass ich selbst backen würde, hast du wohl auch nicht erwartet«, lächelte sie.
Er nahm sich einen Keks und schüttelte lachend den Kopf. »Nein, Backen war nie deine Stärke, und wenn ich ehrlich sein soll, Kochen auch nicht.«
»Vorsicht.« Karin wirkte gekränkt. »So schlimm war es nun auch wieder nicht. Meinen Hackbraten mochtest du.«
Patrik verzog das Gesicht und machte eine abwehrende Handbewegung, die bedeuten sollte: geht so.
»Das habe ich nur gesagt, weil du immer so stolz darauf warst, aber eigentlich hätte ich das Rezept am liebsten an die Armee verschachert. Mit den Dingern konnte man jemanden erschlagen!«
»Vorsicht!«, wiederholte Karin. »Werd nicht unverschämt!« Dann lachte sie. »Wahrscheinlich hast du recht. Ich bin keine besonders gute Köchin. Leif weist mich auch dauernd darauf hin. Allerdings sieht er
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