Engel aus Eis
obere Stockwerk.«
»Wonach sollen wir suchen?« Plötzlich wirkte Paula unsicher. Sie war überzeugt, dass sie auf der richtigen Spur waren, aber nun wusste sie nicht mehr genau, ob sie wirklich einen Beweis für ihre Vermutung finden würden.
»Ich weiß nicht recht.« Martin schien von der gleichen Unsicherheit befallen zu sein. »Wir durchsuchen alles so sorgfältig wie möglich, und dann sehen wir weiter.«
»Okay.« Paula nickte und ging ins Obergeschoss.
Eine Stunde später kam sie wieder herunter. »Bis jetzt habe ich noch nichts. Soll ich da oben noch ein bisschen weitersuchen, oder wollen wir wechseln? Hast du etwas Interessantes entdeckt?«
»Bis jetzt nicht.« Martin schüttelte den Kopf. »Tauschen ist bestimmt eine gute Idee.« Nachdenklich zeigte er auf eine Tür im Flur. »Oder wir schauen zuerst im Keller nach. Da ist noch keiner von uns gewesen.«
»Super.« Paula öffnete die Kellertür. Auf der Treppe war es stockdunkel, aber sie entdeckte im Flur neben der Tür einen Lichtschalter. Paula ging voran und blieb am Fuß der Treppe einige Sekunden stehen. Ihre Augen mussten sich zuerst an das schummrige Licht gewöhnen.
»Was für ein grusliger Ort.« Martin ließ seinen Blick über die Wände wandern. Dann fiel ihm die Kinnlade herunter.
»Pst.« Paula legte den Zeigefinger an die Lippen und runzelte die Stirn. »Hast du etwas gehört?«
»Nein …«, erwiderte Martin und horchte. »Ich habe kein Geräusch bemerkt.«
»Es klang wie eine Autotür. Bist du sicher, dass du nichts gehört hast?«
»Das hast du dir bestimmt eingebildet …« Er verstummte, weil oben ganz deutlich Schritte ertönten.
»Eingebildet, aha. Wir gehen besser hinauf.« Paula setzte den Fuß auf die erste Treppenstufe. In diesem Augenblick wurde die Kellertür zugeknallt und ein Schlüssel umgedreht.
»Was soll der Mist …« Paula nahm zwei Stufen auf einmal, als das Licht ausging. Im Stockfinstern blieb sie stehen.
»Scheiße!«, fluchte Paula. Martin hörte sie an die Tür pochen. »Aufmachen! Hier ist die Polizei! Machen Sie die Tür auf und lassen Sie uns raus!«
Als sie verstummte, um Atem zu holen und einen neuen Anlauf zu nehmen, hörten sie, wie eine Autotür zugeschlagen wurde und ein Wagen mit quietschenden Reifen losfuhr.
»Verdammt.« Vorsichtig tastete sich Paula die Treppe hinunter.
»Wir müssen Hilfe rufen.« Martin wollte nach seinem Mobiltelefon greifen, begriff aber im selben Moment, dass es in seiner Jackentasche war.
»Du musst von deinem Telefon aus anrufen. Meins ist oben«, sagte Martin, bekam aber keine Antwort. Allmählich wurde er nervös. »Sag nicht, deins ist auch …«
»Doch«, erwiderte Paula kläglich. »Mein Handy ist auch in der Jacke.«
»Kacke!« Unsicher stieg Martin die Stufen hoch und unternahm einen Ausbruchsversuch.
»Au!«, schrie er, mehr als eine schmerzende Schulter hatte er nicht vorzuweisen. Kleinlaut ging er wieder hinunter zu Paula.
»Die bewegt sich keinen Millimeter.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Paula missmutig. Dann schnappte sie aufgeregt nach Luft. »Johanna!«
»Wer ist das?«, fragte Martin erstaunt.
Paula schwieg einige Sekunden, doch dann antwortete sie: »Meine Lebensgefährtin. In zwei Wochen bekommen wir ein Kind, aber man weiß ja nie … und ich habe ihr versprochen, dass ich jederzeit telefonisch erreichbar bin.«
»Es wird schon nichts passieren.« Martin bemühte sich, die höchst persönliche Information zu verdauen, die er soeben von seiner neuen Kollegin erhalten hatte. »Beim ersten Mal sind sie ja meistens überfällig.«
»Hoffenwir es«, seufzte Paula. »Ansonsten wird sie verlangen, dass man ihr meinen Kopf auf einem Teller serviert. Zum Glück kann sie immer meine Mutter erreichen. Im Notfall …«
»Daran darfst du jetzt nicht denken«, tröstete Martin sie. »So lange werden wir hier nicht bleiben, und wie gesagt, wenn es noch zwei Wochen bis zum Termin sind, brauchst du dir gar keine Sorgen zu machen.«
»Aber niemand weiß, dass wir hier sind.« Paula setzte sich auf die Treppe. »Und während wir hier festhängen, kann der Mörder entkommen.«
»Sieh es mal von der positiven Seite. Zumindest besteht kein Zweifel daran, dass wir recht hatten«, versuchte Martin sie aufzuheitern. Paula ging nicht darauf ein.
Oben im Flur klingelte unaufhörlich ihr Handy.
Vor der Tür zögerte Mellberg. Im Unterricht am Freitag hatte er ein so gutes Gefühl gehabt, doch seitdem hatte er sie – trotz wiederholter Spaziergänge
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