Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
Vom Netzwerk:
Brustwarze zu finden. Danach sucht er nämlich.« Liebevoll half die Hebamme Johanna, den Kleinen anzudocken, damit er richtig saugen konnte.
    »Herzlichen Glückwunsch«, gratulierte die Hebamme ihnen beiden. Mellberg strahlte wie die Sonne. Himmel Donnerwetter. So etwas hatte er noch nie erlebt!
    Eine Weile später hatte der Junge sich satt getrunken und war gewaschen und in eine Decke gewickelt worden. Johanna saß mit einem Kissen im Rücken im Bett und bewunderte ihrenSohn. Dann sah sie Mellberg an und sagte leise: »Danke. Alleine hätte ich das nicht geschafft.«
    Mellberg brachte nur ein Kopfnicken zustande. Er hatte einen dicken Kloß im Hals, der ihn vom Sprechen abhielt. Immer wieder bemühte er sich vergeblich, ihn hinunterzuschlucken.
    »Willst du ihn mal nehmen?«
    Wieder konnte Mellberg nur nicken. Nervös streckte er die Hände aus. Vorsichtig legte Johanna ihren Sohn in seine Arme und sorgte dafür, dass er das Köpfchen ordentlich stützte. Es war ein sonderbares Gefühl, den kleinen Körper zu halten. Er blickte auf das kleine Gesicht hinunter und spürte, wie dieser merkwürdige dicke Klumpen im Hals immer größer wurde. Als er in die Augen des Jungen sah, wusste er nur eins: dass er von diesem Moment an unendlich und rettungslos verliebt war.

Fjällbacka 1945
    H ans lächelte in sich hinein. Vielleicht hätte er das besser nicht getan, aber er konnte es nicht lassen. Natürlich würden sie es am Anfang schwer haben. Viele würden sie beschimpfen und kritisieren und ihnen bestimmt Gott und die Sünde und ähnliche Dinge vorhalten. Doch wenn das Schlimmste überstanden war, konnten sie anfangen, sich gemeinsam ein Leben aufzubauen; Elsy, er und das Kind. Wie sollte er da etwas anderes als Freude empfinden?
    Das Lächeln auf seinen Lippen erlosch jedoch, als er an das dachte, was ihm bevorstand. Es war keine leichte Aufgabe. Ein Teil von ihm hätte sich am liebsten gar nicht um die Vergangenheit geschert, sondern wäre einfach hiergeblieben, als hätte er nie ein anderes Leben gelebt. Dieser Teil wollte so tun, als wäre er an dem Tag, als er das Boot von Elsys Vater bestieg, neugeboren worden, ein weißes und unbeschriebenes Blatt.
    Doch nun war der Krieg vorbei. Und das veränderte alles. Er konnte nicht einfach so weiterleben, sondern musste vorher einen Schritt zurückgehen. Vor allem seiner Mutter zuliebe. Er musste sich davon überzeugen, dass es ihr gutging, und ihr sagen, dass er noch lebte und eine neue Heimat gefunden hatte.
    Hans packte Kleidung für einige Tage in eine Reisetasche. Eine Woche. Länger wollte er nicht fortbleiben. Wahrscheinlich konnte er es auch gar nicht länger ohne Elsy aushalten. Sie war ein so wichtiger Teil von ihm geworden, dass er gar nicht daran denken mochte, länger als nötig von ihr getrennt zu sein. Wenner diese Reise hinter sich hatte, würden sie für immer zusammenbleiben. Jeden Abend konnten sie dann gemeinsam ins Bett gehen und ohne Schande, Scham und Heimlichtuerei in den Armen des anderen aufwachen. Er hatte es ernst gemeint, als er sagte, er wolle eine Heiratserlaubnis beantragen. Dann konnten sie noch vor der Geburt des Kindes heiraten. Er fragte sich, was es wohl werden würde. Während er seine Siebensachen zusammenlegte, wurde er wieder froh. Ein kleines Mädchen mit Elsys sanftem Lächeln. Oder ein kleiner Junge mit seinen Locken. Es war ganz egal. Er war so glücklich, dass er dankbar alles annehmen wollte, was Gott ihnen in seiner Güte schenken würde.
    Als er einen Pullover aus der Schublade nahm, fiel ein harter Gegenstand, der in ein Stück Stoff gewickelt war, scheppernd auf den Fußboden. Rasch beugte er sich hinunter, um ihn wieder aufzuheben. Er ließ sich schwerfällig auf sein Bett sinken und betrachtete das Ding. Es war das Eiserne Kreuz, das sein Vater zur Belohnung für seine Leistungen im ersten Kriegsjahr erhalten hatte. Er hatte es seinem Vater gestohlen und mitgenommen, damit er sich immer daran erinnerte, wovor er geflohen war, als er Norwegen verließ. Außerdem sollte es als zusätzliche Sicherheit für den Fall dienen, dass die Deutschen ihn aufgriffen, bevor er Schweden erreicht hatte. Danach hätte er den Orden loswerden müssen, das wusste er. Falls irgendjemand in seinen Habseligkeiten stöberte und ihn fand, würde sein Geheimnis ans Licht kommen. Aber er brauchte ihn. Damit er nicht vergaß.
    Er empfand keine Trauer darüber, seinen Vater hinter sich gelassen zu haben. Am liebsten wollte er nie wieder etwas mit

Weitere Kostenlose Bücher