Engel aus Eis
ärgerlich, dass er nicht selbst darauf gekommen war. »Das machen wir so bald wie möglich. Wir müssen Axel auch unbedingt fragen, ob es in Eriks Lebeneine Frau gab. Oder meinetwegen einen Mann. Irgendjemand, dem er sich vielleicht im Bett anvertraut hat. Außerdem werden wir heute mit der Putzfrau reden, die bei Erik und Axel saubergemacht hat.«
»Gut.« Patrik nickte. »Vielleicht findet ihr heraus, warum sie den ganzen Sommer nicht bei ihnen geputzt und daher Erik nicht gefunden hat.«
Paula stand auf. »Wisst ihr was, ich rufe Axel jetzt sofort an und frage ihn nach eventuellen Partnern von Erik.« Sie ging in ihr Zimmer.
»Habt ihr die Briefe hier, die Frans an Erik geschickt hat?«, fragte Patrik.
Martin erhob sich. »Klar, ich hole sie. Ich nehme doch an, dass du einen Blick darauf werfen möchtest?«
Patrik zuckte betont lässig mit den Schultern. »Wenn ich schon mal hier bin …«
Martin lachte. »Du kannst einfach nicht aus deiner Haut! Sag mal, bist du nicht im Erziehungsurlaub?«
»Warte nur ab, bis es dich erwischt. In einem Sandkasten kann man eben nur eine begrenzte Zeit verbringen. Außerdem arbeitet Erica zu Hause. Sie ist froh, wenn wir aus dem Weg sind.«
»Bist du sicher, dass ihr ausgerechnet die Dienststelle als Zufluchtsort vorschwebte?« Martins Augen leuchteten.
»Das vielleicht nicht, aber ich wollte ja nur mal vorbeikommen, damit ihr keine Dummheiten macht.«
»Dann ist es wohl am besten, wenn ich die Briefe hole, damit du einen Blick darauf werfen kannst.«
Wenige Minuten später kehrte Martin mit den fünf Briefen zurück, die jetzt in Klarsichthüllen steckten. Maja blickte von der Spielzeugkiste auf und wollte nach den Bögen greifen, aber Martin hielt sie in die Höhe und reichte sie Patrik. »Nein, meine Süße, damit darfst du nicht spielen.« Maja nahm die Ansage leicht beleidigt auf, widmete sich dann aber wieder der Kiste.
Patrik legte die Briefe nebeneinander auf den Tisch und las sie mit gerunzelter Stirn.
»Das hört sich nicht besonders konkret an. Er wiederholt sich oft. Vor allem rät er Erik aufzupassen, weil er ihn nicht mehrschützen könne. Weil es innerhalb von Schwedens Freunden Kräfte gebe, die nicht nachdenken, bevor sie handeln.« Patrik las weiter. »An dieser Stelle habe ich den Eindruck, dass Erik geantwortet hat, denn Frans schreibt: Ich glaube, Du irrst dich. Du sprichst von Konsequenzen. Von Verantwortung. Ich dagegen will die Vergangenheit begraben. Nach vorne schauen. Wir haben verschiedene Standpunkte und Prinzipien, aber denselben Ursprung. Auf dem Grund unserer Seelen kriechen die gleichen Monster herum. Im Gegensatz zu Dir halte ich es für unklug, sie zum Leben zu erwecken. Alte Knochen soll man ruhen lassen. Ich habe bereits im letzten Brief dargestellt, wie ich das Geschehene sehe, und werde nun nicht mehr über die Sache reden. Dir empfehle ich, das Gleiche zu tun. Im Moment habe ich mich entschieden, den beschützenden Part zu übernehmen, aber wenn sich die Situation verändert, wenn die Monster ans Licht gezerrt werden, dann könnte ich meine Meinung vielleicht ändern. «
Patrik sah Martin an. »Habt ihr Frans gefragt, was er damit meint? Was sind das für alte Monster?«
»Nein, dazu sind wir noch nicht gekommen. Aber wir werden noch öfter mit ihm sprechen.«
Paula stand wieder in der Tür.
»Ich habe die Frau in Eriks Leben gefunden! So wie Patrik vorgeschlagen hat. Ich habe Axel angerufen. Er hat mir erzählt, dass Erik seit vier Jahren eine ›gute Freundin‹ hatte, wie er sich ausdrückte. Sie heißt Viola Ellmander. Mit ihr habe ich auch schon gesprochen. Wir dürfen sie heute Vormittag besuchen.«
»Alle Achtung, das ging aber schnell!« Patrik lächelte Paula anerkennend an.
»Willst du nicht mitkommen?«, fragte Martin spontan, doch nachdem er einen Blick auf Maja geworfen hatte, die gerade gründlich die Augen einer Schlafpuppe untersuchte, fügte er hinzu: »Ach, das geht ja nicht.«
»Natürlich geht das, du kannst sie hier bei mir lassen«, ertönte eine Stimme. Annika sah Patrik hoffnungsvoll an und schenkte Maja ein strahlendes Lächeln, das augenblicklich belohnt wurde. In Ermangelung eigener Kinder freute sich Annika über die Gelegenheit, sich eins auszuleihen.
»Nun ja …« Patrik warf einen nachdenklichen Blick auf Maja.
»Meinst du, ich wäre der Aufgabe nicht gewachsen?« Annika tat, als wäre sie gekränkt, und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Nein, das ist es nicht …« Patrik
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