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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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woanders.«
    »Wo denn?«, fragte Erica, obwohl sie glaubte, die Antwort bereits zu kennen.
    »Frans hatte nur Augen für Ihre Mutter. Er hing wie ein kleiner Hund an ihr. Nicht, dass ihm das viel genützt hätte. Solche wie Frans würdigte Ihre Mutter keines Blickes. Das machten nur so dumme Gänse wie ich, die bloß auf das Aussehen achteten. Attraktiv war er ja. Auf diese etwas gefährliche Art, die man in der Jugend herrlich, aber in reiferem Alter eher abschreckend findet.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte Erica. »Gefährliche Männer scheinen ihre Anziehungskraft auch auf ältere Frauen auszuüben.«
    »Da mögen Sie recht haben«, Britta sah aus dem Fenster, »aber ich bin da zum Glück herausgewachsen und habe mich von Frans gelöst. Er … war niemand, den man in seinem Leben haben wollte. Ganz anders als mein Herman.«
    »Urteilen Sie nicht zu hart über sich selbst? Mir kommen Sie wirklich nicht wie eine dumme Gans vor.«
    »Jetzt nicht mehr. Aber – warum soll ich es nicht zugeben – bevor ich Herman kennenlernte und meine erste Tochter bekam, war ich kein nettes Mädchen.«
    Brittas Offenheit überraschte Erica. Sie ging hart mit sich ins Gericht.
    »Und wie war Erik?«
    Wieder blickte Britta aus dem Fenster. Sie schien eine Weile über die Frage nachzudenken. Dann wurden ihre Züge weicher. »Erik war schon als Junge ein älterer Herr. Ich meine das nicht abfällig, er war nur so altklug und auf eine erwachsene Weise verständig. Er dachte viel nach und las viel. Immer hatte er ein Buch vor der Nase. Frans machte sich darüber lustig, aber Erik blieb ein komischer Kauz. Er hatte Glück, dass er so einen Bruder hatte.«
    »Ich habe gehört, dass Axel sehr beliebt war.«
    »Axel war ein Held, und sein größter Bewunderer war Erik. Der küsste den Boden unter Axels Füßen. In Eriks Augen konnte Axel nichts falsch machen.« Britta tätschelte Ericas Bein und stand abrupt auf. »Wissen Sie was, ich mache uns jetzt ein Tässchen Kaffee, und dann reden wir weiter. Elsys Tochter. Was für eine Freude.«
    Erica blieb im Wohnzimmer sitzen. In der Küche wurde mit Geschirr geklappert, und das Wasser rauschte. Dann war es plötzlich mucksmäuschenstill. Erica blieb ruhig auf dem Sofa sitzen und genoss die schöne Aussicht, doch als sie nach einigen Minuten noch immer keinen Ton hörte, wunderte sie sich doch. »Britta?« Keine Antwort. Sie ging in die Küche, um nach ihrer Gastgeberin zu suchen.
    Britta saß am Küchentisch und starrte vor sich hin. Eine Herdplatte glühte feuerrot, und der leere Kaffeetopf darauf fing gerade an zu schwelen. Erica riss den Topf vom Herd und verbrannte sich die Finger. »Scheiße!« Um den Schmerz zu dämpfen, hielt sie die Hand unter kaltes Wasser. Sie drehte sich zu Britta um. In ihren Augen schien etwas erloschen zu sein.
    »Britta?«, fragte sie sanft. Einen Augenblick lang fürchtete sie, die alte Dame hätte eine Art Anfall erlitten, doch dann sah Britta sie an.
    »Dass du mich endlich besuchst, Elsy!«
    Erica war bestürzt. Sie wollte protestieren: »Ich bin doch Erica, Elsys Tochter.«
    Britta beachtete sie gar nicht, sondern sagte leise: »Ich wollte schon so lange mit dir reden, Elsy. Um dir alles zu erklären. Aber ich konnte nicht …«
    »Was konnten Sie nicht erklären? Worüber wollten Sie mit Elsy reden?« Erica setzte sich ihr gegenüber und konnte ihre Neugier nicht verbergen. Zum ersten Mal spürte sie, dass sie ganz nah an die Wahrheit herangekommen war. An den Grund ihres seltsamen Gefühls während der Gespräche mit Erik und Axel. Es gab ein Geheimnis. Irgendetwas wurde vor ihr geheim gehalten.
    Doch Britta starrte sie nur wortlos an. Ein Teil von Erica hätte sie am liebsten geschüttelt, damit sie endlich ausspuckte, was sie ihr um ein Haar verraten hätte. Sie fragte noch einmal: »Was konnten Sie nicht erklären? Hat es etwas mit meiner Mutter zu tun? Was ist es?«
    Britta winkte ab, doch dann beugte sie sich über den Tisch zu Erica und wisperte: »Ich wollte mit dir reden … aber die alten Knochen … sollen in Frieden ruhen. Es nützt ja nichts … Erik sagte … der unbekannte Soldat …« Die Worte gingen in ein unverständliches Murmeln über. Britta starrte in die Luft.
    »Welche Knochen? Wovon sprechen Sie? Was hat Erik gesagt?« Ohne es zu merken, war Erica lauter geworden. In der stillen Küche hörte es sich an, als würde sie schreien. Britta hielt sich die Ohren zu und brabbelte vor sich hin. So wie Kinder, die nicht

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