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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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hinten packte und von Mattias wegriss.
    »Um Gottes willen, was machst du da?« Per drehte sich um und sah verwundert in das wütende und bestürzte Gesicht des Mathematiklehrers. Aus jeder Fensterscheibe über ihm sahen ihn Gesichter an, und auch auf dem Schulhof hatte sich eine Gruppe Schaulustiger versammelt. Ungerührt betrachtete Per Mattias’ leblosen Körper und ließ sich noch ein Stück weiter von seinem Opfer wegzerren.
    »Bist du wahnsinnig?« Das Gesicht des Mathelehrers war nur wenige Zentimeter von ihm entfernt und schrie ihn laut an. Per drehte sich gleichgültig zur Seite.
    Für eine Weile war es so schön gewesen. Nun fühlte er nur noch Leere.
    Lange stand er da und betrachtete die Bilder im Flur. So viele glückliche Stunden. So viel Liebe. Sein und Brittas schwarzweißes Hochzeitsfoto, auf dem sie viel steifer aussahen, als sie in Wirklichkeit waren. Wenn er sich recht erinnerte, hatte er nach dem Bild die Kamera weggelegt und zum ersten Mal die Tochter auf den Arm genommen. Britta hatte ihn besorgt darauf aufmerksam gemacht, dass er das Köpfchen festhalten musste, aber er schienintuitiv zu wissen, wie er mit ihr umzugehen hatte. Von da an beteiligte er sich immer aktiv an der Säuglingspflege, viel mehr, als es damals von einem Mann erwartet wurde. Seine Schwiegermutter beschimpfte ihn einige Male, weil es sich ihrer Ansicht nach für echte Kerle nicht schickte, Windeln zu wechseln und kleine Kinder zu baden, aber er konnte es einfach nicht lassen. Es kam ihm so natürlich vor, und außerdem hätte er es ungerecht gefunden, Britta die ganze Arbeit mit den drei kleinen Mädchen, die so kurz hintereinander kamen, allein zu überlassen. Eigentlich wollten sie noch mehr Kinder, aber nach der dritten Geburt, die zehnmal so kompliziert war wie die beiden ersten zusammen, hatte der Doktor ihn beiseitegenommen und ihm erklärt, dass Britta ein weiteres Baby wohl nicht verkraften würde. Britta weinte bitterlich und bat ihn mit gesenktem Kopf um Entschuldigung, weil sie ihm keinen Sohn geschenkt hatte. Er sah sie erschrocken an. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, sich etwas anderes zu wünschen als das, was er bekommen hatte. Umgeben von seinen vier Mädchen fühlte er sich reicher beschenkt, als er es je für möglich gehalten hätte. Er brauchte eine ganze Weile, um sie davon zu überzeugen, doch als sie merkte, dass er es ernst meinte, trockneten ihre Tränen. Fortan konzentrierten sie sich auf die Mädchen, die sie in die Welt gesetzt hatten.
    Inzwischen gab es so viel mehr Menschen, die er lieben konnte. Die Mädchen hatten Kinder bekommen, die Herman und Britta ans Herz gewachsen waren, und wenn sie ausrückten, um ihren Töchtern und deren Familien zur Seite zu stehen, konnte er noch einmal beweisen, wie gut er Windeln wechseln konnte. Für die jungen Leute war es ja so schwierig, Arbeit, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bekommen. Er und Britta jedoch waren froh und dankbar, dass es einen Platz für sie gab, Menschen, die sie unterstützen und lieben konnten. Und nun hatten sogar schon einige Enkelkinder Kinder bekommen. Seine Finger waren inzwischen etwas steifer, aber mit diesen praktischen modernen Wegwerfwindeln kriegte er es noch immer hin. Er schüttelte den Kopf. Wo waren bloß die Jahre geblieben?
    Er ging hoch ins Schlafzimmer und setzte sich auf die Bettkante. Britta hielt ihren Mittagsschlaf. Heute war ein schlechterTag gewesen. In manchen Momenten erkannte sie ihn nicht und dachte, sie befände sich in ihrem Elternhaus. Sie hatte nach ihrer Mutter gefragt. Und dann mit ängstlicher Stimme nach ihrem Vater. Er strich ihr übers Haar und versicherte ihr immer wieder, dass ihr Vater seit vielen Jahren nicht mehr lebte und ihr nicht mehr weh tun konnte.
    Er streichelte ihre faltige Hand auf dem gehäkelten Bettüberwurf. Sie war mit den gleichen Altersflecken bedeckt wie seine, aber ihre Finger waren noch immer lang und elegant. Er lächelte in sich hinein, als er bemerkte, dass sie rosa Nagellack trug. Sie war stets ein wenig eitel gewesen. Doch er hatte sich nie beklagt, denn sie war immer eine schöne Ehefrau gewesen. Er hatte in den fünfundfünfzig Jahren keine andere im Kopf gehabt oder auch nur angeschaut.
    Ihre Lider flatterten. Sie träumte. Am liebsten wäre er in ihre Träume eingedrungen und hätte mit ihr zusammen in ihnen gelebt, als wäre alles so wie früher.
    In ihrer geistigen Umnachtung hatte sie heute über das gesprochen, was sie eigentlich nie wieder

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