Engel aus Eis
vorbereitet. Der Vorstand trat einmal im Monat zusammen. Es gab immer viel zu besprechen. Bald gab es ein Wahljahr, und da stand ihnen die größte Herausforderung bevor.
»Sind alle gekommen?« Er blickte sich um und zählte stumm die Männer am Tisch. Die rechtsradikalen Organisationen waren noch nicht vom Virus der Gleichberechtigung infiziert, und vermutlich würde das auch nie passieren.
Der Versammlungsraum in Uddevalla war ihnen von Bertolf Svensson überlassen worden. Er lag im Keller von dessen Mietshaus und diente ansonsten als Partyraum. Am vergangenen Wochenende hatten einige Mieter deutliche Spuren hinterlassen. Manchmal nutzten sie auch ein Büro im selben Haus, aber das war für Gruppentreffen zu klein.
»Die haben nicht ordentlich aufgeräumt. Ich werde wohl ein Wörtchen mit ihnen reden müssen«, brummte Bertolf und trat gegen eine Bierflasche.
»Zurück zur Tagesordnung«, sagte Frans steif. Für Nebensachen hatten sie keine Zeit.
»Wie weit sind wir mit den Vorbereitungen?« Frans drehte sich zum jüngsten Vorstandsmitglied Peter Lindgren um, der gegen Frans’ ausdrücklichen Protest zum Koordinator der Öffentlichkeitsarbeit gewählt worden war. Er hatte einfach kein Vertrauen zu ihm. Erst letzten Sommer hatte er wegen Körperverletzung gesessen, weil er sich auf dem Marktplatz von Grebbestad an einem Somalier vergriffen hatte. Frans traute ihm nicht zu, dass er die Ruhe bewahren konnte, die jetzt nötig war.
Als wolle er die dunklen Ahnungen von Frans bestätigen, wich Peter der Frage aus. »Offenbar hat irgendjemand mit diesem Rassenverräter Frankel kurzen Prozess gemacht.«
»Da ich annehme, dass keiner der Anwesenden etwas damit zu tun hat, sollten wir zur Tagesordnung zurückkehren.« Frans sahPeter durchdringend an. Für eine Weile war es mucksmäuschenstill im Raum, weil die beiden Männer einen stummen Machtkampf ausfochten.
Dann blickte Peter zur Seite. »Wir sind schon ziemlich weit gekommen. In der letzten Zeit hatten wir erfreulich viele Neuzugänge. Alle sind bereit, eine Menge Basisarbeit zu leisten, damit sich unsere Botschaft vor der Wahl noch weiter verbreitet.«
»Gut«, sagte Frans kurz. »Hat es mit der Parteiregistrierung und den Stimmzetteln geklappt?«
»Alles unter Kontrolle.« Ungeduldig trommelte Peter mit den Fingern auf die Tischplatte, weil es ihn offensichtlich ärgerte, dass er verhört wurde wie ein Schulkind. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, Frans einen Seitenhieb zu versetzen.
»Es ist dir also nicht gelungen, deinen alten Kumpel zu schützen. Was war eigentlich so wichtig an dem Alten, dass du dich seinetwegen so weit aus dem Fenster gelehnt hast? Die Leute haben darüber geredet und sich gefragt, wie es um deine Loyalität bestellt ist …«
Frans stand auf und starrte Peter an. Werner Hermansson hielt ihn am Arm fest. »Beachte ihn gar nicht, Frans. Und du reißt dich jetzt zusammen, Peter, verdammt noch mal. Das ist doch lächerlich. Wir wollen hier über unsere Zukunft reden und uns nicht mit Dreck bewerfen. So, nun gebt euch die Hand.« Werner sah Peter und Frans flehentlich an. Er war auch von Anfang an bei Schwedens Freunden dabei gewesen und kannte Frans schon ewig. Daher machte er sich auch keine Sorgen um das Wohlbefinden von Frans, sondern um das von Peter. Er wusste, wozu Frans fähig war.
Einen Augenblick lang stand die Situation auf der Kippe. Dann setzte Frans sich wieder hin.
»Auch auf die Gefahr hin, euch auf die Nerven zu fallen, schlage ich vor, dass wir zur Tagesordnung zurückkehren. Irgendwelche Einwände dagegen, oder brennt noch jemandem ein Thema unter den Nägeln, mit dem wir unsere Zeit verschwenden könnten?« Er starrte jeden Einzelnen an, bis alle seinem Blick auswichen. Dann fuhr er fort.
»Scheint, als würden sich die praktischen Probleme allmählichlösen. Sollten wir uns dann nicht über die Themen unterhalten, die wir in unserem Parteiprogramm ansprechen wollen? Ich habe mich ein bisschen umgehört. Diesmal glaube ich wirklich, dass wir es in den Gemeindevorstand schaffen können. Die Leute haben begriffen, wie lasch unsere Regierung in Einwanderungsfragen ist. Sie haben erlebt, dass Ausländer ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Sie merken, dass das kommunale Budget von der Sozialhilfe für dieselben Leute aufgefressen wird. Es gibt eine zunehmende Unzufriedenheit. Die müssen wir ausnutzen.«
Frans’ Handy klingelte schrill. »Mist. Tut mir leid, ich habe vergessen, es auszuschalten.« Er zog
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