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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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später selbst darauf gekommen … aber so war es eben ein bisschen früher … als später …« Auch Gösta sah Annika an, bevor er den Blick wieder senkte und sich auf die Tischplatte konzentrierte.
    »Ich dachte ja nur, wenn man im Erziehungsurlaub ist …«, murrte Mellberg, wusste aber, dass er diese Schlacht verloren hatte. »Nun, dann haben wir einiges zu tun.« Alle standen auf und stellten ihre Kaffeetassen in die Spülmaschine.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.

Fjällbacka 1944
    I ch habe mir doch gedacht, dass du hier bist.« Elsy ließ sich neben Erik nieder, der in einer windgeschützten Felsspalte saß.
    »Hier habe ich eben am ehesten meine Ruhe«, erwiderte Erik mürrisch, doch dann wurden seine Züge weicher, und er legte das Buch in den Schoß.
    »Entschuldige bitte, ich wollte meine schlechte Laune nicht an dir auslassen.«
    »Ist Axel der Grund?«, fragte Elsy mit sanfter Stimme. »Wie ist denn die Stimmung bei euch zu Hause?«
    »Als ob er schon tot wäre.« Erik blickte auf das Wasser, das sich vor der Hafeneinfahrt von Fjällbacka unruhig bewegte. »Zumindest führt sich Mutter so auf. Vater brummt nur und weigert sich, darüber zu reden.«
    »Und wie fühlst du dich?« Elsy betrachtete den Freund prüfend. Sie kannte Erik gut. Viel besser, als er wusste. So viele Stunden hatten sie, Erik, Frans und Britta zusammen gespielt. Nun gab es nicht mehr viele Spiele, denn bald waren sie erwachsen. In diesem Augenblick konnte sie jedoch keinen Unterschied zwischen dem vierzehnjährigen und dem fünfjährigen Erik erkennen, der schon in kurzen Hosen ein alter Mann in einem jungen Körper gewesen war. Erik schien als ein kleiner Onkel geboren zu sein, der erst nach und nach in sein wahres Ich hineinwuchs. Als wären das Kleinkind, der Junge und nun der Heranwachsende Übergangsstadien gewesen, die er durchlaufen musste, um endlich in seine Haut zu passen.
    »Ich habe keine Ahnung, was ich fühle«, sagte Erik trocken unddrehte den Kopf weg. Elsy hatte den feuchten Schimmer in seinem Augenwinkel trotzdem gesehen.
    »Doch, das weißt du.« Sie betrachtete ihn von der Seite. »Rede mit mir.«
    »Ich fühle mich so … gespalten … Mein eines Ich empfindet große Angst und Trauer über das, was passiert ist und immer noch mit Axel geschieht. Allein der Gedanke, dass er sterben könnte, macht mich …« Er suchte nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht. Elsy verstand trotzdem, was er meinte. Sie schwieg und ließ ihn weitersprechen.
    »Aber mein anderes Ich … ist furchtbar wütend.« Die Stimme wurde dunkler und ließ erahnen, wie der erwachsene Erik sich einst anhören würde.
    »Ich bin wütend, weil ich noch unsichtbarer geworden bin als zuvor. Es gibt mich nicht. Ich existiere nicht. Solange Axel zu Hause war, konnte er einen Teil des Lichts, das auf ihn fiel, zu mir umleiten. Hin und wieder einen kleinen Strahl. Ein bisschen Glanz, ein wenig Aufmerksamkeit bekam auch ich ab. Und das reichte mir. Mehr habe ich nie verlangt. Axel verdiente es, im Mittelpunkt zu stehen. Er war schon immer besser als ich. Was er getan hat, hätte ich nie gewagt. Ich bin nicht mutig. Ich ziehe nicht die Blicke auf mich. Und ich habe nicht Axels Begabung, dafür zu sorgen, dass es den Menschen um mich herum gutgeht. Ich glaube nämlich, das war … ist … sein Geheimnis. In seiner Gegenwart geht es allen gut. Dieses Talent besitze ich nicht. Ich mache die Leute nervös. Sie wissen nicht recht, was sie mit mir anfangen sollen. Ich weiß zu viel. Ich lache zu wenig. Ich …« Er musste Atem holen. Dies war bestimmt die längste zusammenhängende Rede, die er je gehalten hatte.
    Elsy konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Pass auf, dass du nicht all deine Worte verbrauchst. Du solltest sparsamer mit ihnen umgehen.« Sie lächelte, aber Erik presste die Kiefer zusammen.
    »Genau das meine ich. Weißt du was? Ich glaube, ich könnte losgehen und immer weitergehen und nicht zurückkehren, ohne dass sie es zu Hause merken würden. Für Mutter und Vater bin ich nur ein Schatten am Rande ihres Gesichtsfeldes, und in gewisser Weise wäre es beinahe eine Erleichterung für sie, wenn ich verschwände,denn dann könnten sie sich voll und ganz auf Axel konzentrieren.« Seine Stimme versagte, und er blickte beschämt zur Seite.
    Elsy legte ihm den Arm um die Schultern und schmiegte sich an ihn. Sie zwang ihn, von dem dunklen Ort zurückzukommen, an dem er sich befand.
    »Ich verspreche dir, dass sie es merken

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