Engel beißt man nicht! (German Edition)
doch einfach das hier.“
Sienna wollte Einspruch erheben, aber er war schneller.
„Bedauerlicherweise muss ich Sie jetzt töten.“ Echtes Bedauern lag nicht in seinem Tonfall.
„Ist das nicht ein bisschen zu abgedroschen ?“ Noch immer ruhte das Schwert am anderen Ende des Tisches. Sienna leckte über ihre Lippen, was der Mann ohne versteckte Faszination beobachtete. „Sie müssen mich töten?“
Er nickte. „Klischee hin oder her. Sie wissen zu viel.“
„Das ist in der Tat bedauerlich. Ich hatte morgen noch etwas vor.“
Wieder entlockte ihm das ein Lachen, welches Bewegung in seine ansonsten statuenhafte Gestalt brachte. Atmete dieser Mensch überhaupt?
„Ich bewundere Ihren Mut, Lady, aufrichtig. Leider werden wir keine Gelegenheit haben , unsere interessante Bekanntschaft zu vertiefen.“
Er trat einen Schritt auf sie zu und Sienna machte synchron einen Schritt rückwärts. „Moment mal, von irgendwas vertiefen war sowieso keine Rede.“
Seine grünen Augen schienen noch grüner zu werden, noch schimmernder, noch schöner. Unter anderen Umständen hätte sie gern eine Weile verträumt hineingeschaut.
Seine Bewegungen erstarrten, er wurde zu eine m Bildhauerobjekt .
Ehe sie reagieren konnte, hatte er sie in einer Art hypnotischem Blick fest im Griff. Sie versuchte , sich zu bewegen, zu entkommen, zu schreien, zu rennen, sich zu wehren, aber nichts ging mehr. Zu spät. Sie saß in der Falle. Wie aus Blei gegossen stand sie da und ließ alles über sich ergehen.
Ihr Schluckreflex aktivierte sich, doch ihre Kehle gehorchte nicht. Es kam nicht mehr genug Sauerstoff in ihre Lungen.
Ein Windstoß traf sie beide.
Der Hypnotiseur drehte seinen Kopf zur Seite, wo das Schwert lag, und Sienna konnte wieder atmen. Etwas lenkte seine Konzentration auf sie ab.
„Fuck“, presste er zwischen den Zähnen hervor.
Sie sammelte ihre Kräfte und schickte sich an, zu verschwinden, doch schon starrte er wieder in ihre Augen . Sie hatte nicht aufgepasst und saß erneut in der Falle seines Blickes.
Panik stellte sich ein, Hitze explodierte in ihrem Kopf und auf ihrem Brustkorb lag ein Felsen. Ihr Körper wollte nicht sterben, doch sie spürte , was gnadenlos geschah. Ihr Herz arbeitete nicht korrekt. Es setzte aus, flimmerte, schlug doppelt und dreimal, wo es sonst nur ein Mal schlug, was sie zum Husten brachte. Todesangst drohte , ihr den Verstand zu rauben. Das Blut rauschte in ihren Ohren wie das Getöse unter einem Wasserfall und Schweiß brach aus. Ich werde ersticken, dachte sie, weil mein Herz gleich nicht mehr schlägt und keinen Sauerstoff mehr pumpt. Sie starrte in diese grünen Augen, die das mit ihr machen konnten, und hatte dem nichts entgegen zu setzen. Absolut nichts.
Wie konnte ihr das passieren?
Wieso war sie machtlos dagegen?
Gegen Hypnose war sie immun!
In all den Jahren ihrer körperlichen Existenz hatte sie den menschlichen Tod noch nie erleben müssen. Es fühlte sich entsetzlich an. Entsetzlich hilflos.
Verstört und keuchend schloss sie für einen Moment die Augen gegen den Schwindel, merkte, wie ihre Knie einbrachen und sie auf dem Parkettboden aufschlug. Sie blinzelte, Tränen liefen über ihre Wangen, während der mysteriöse Eindringling nicht den Blick von ihr nahm, sie aber ansonsten nicht einmal berührte.
Wie, zum Himmel, konnte das sein?
Sie krümmte sich, versuchte , mit ihrem Willen ihr Herz wieder in Gang zu setzen. Doch es half alles nichts.
Sie starb.
*
Julian hatte seine Fähigkeit benutzt, sich lautlos und blitzschnell von einem Ort zu entfernen. Die Frau getötet zu haben , fühlte sich seltsam falsch an.
Etwas in ihren bizarr blauen Augen hatte ihn zögern lassen.
Für einen irritierenden Moment war er hineingesogen worden, in ihre blauen Tiefen, und hatte sich konzentrieren müssen, ihrem Sog loszukommen. Es hatte sich nicht so angefühlt , als tat sie dies absichtlich, so wie er selbst es praktizierte. Ruhig, klar und weise, nein, eher frappierend allwissend war ihr Blick gewesen, als habe er in die Abgründe der Ewigkeit geblickt.
Es hatte ihm einen Schauder über den Rücken gejagt. Das erlebte er nicht oft.
Nicht nur ihre Furchtlosigkeit beeindruckte ihn, sondern ihr ganzes Auftreten. Ein innerlich stärkerer Mensch war ihm noch nie begegnet.
Wieso hatte sie keine Angst gezeigt?
Er konnte Angst wittern wie ein Tier. Diese Frau hatte keinen Angstschweiß verströmt, sie hatte gerochen wie … Vanille. Erst als sie spürte, dass es mit ihr
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