Engel der Kindheit
unter Wasser mit Fischen füllten, Tasmanische Beutelteufel die frech jeden Brotkrümel aufschnappten und denen man nicht zu nahe kommen sollte, da sie mehr als angriffslustig waren, Koalabären, die sich in den dunklen Eukalyptusbäumen versteckten und gemütlich langsam die scharf riechenden Blätter fraßen. Außerdem die ausgefallensten Blüten an Riesenstrelizien, die nahezu fünf Meter hoch waren. Blüten, die in verschwenderischer Pracht einfach den Wegrand säumten, bunter und fantastischer als alles, was sie je zu sehen bekommen hatten. Gegen diese Blütenpracht waren Magnolienblüten unscheinbar und nichtssagend. Aber außer Sydney kannten sie nichts. Ein Ausflug zu den überwältigenden Blue Montains blieb ihnen mangels ihrer Zeit verwehrt. Alles blieb ihnen mangels Zeit verwehrt.
„Lass uns verschwinden! Wir heuern auf dem nächsten Schiff an, das um die Welt fährt und verschwinden von hier! Was hält uns hier? Nichts! Absolut nichts!“ Nebenher kickte Sven einen abgebröckelten Sandstein mit dem Fuß über die Terrasse.
„Ich werde nicht aufgeben! Ich habe Lena versprochen, sie zu holen, wenn ich einigermaßen über die Runden komme. Soll ich ihr jetzt schreiben, dass ich mich nie niederlassen werde, dass ich immer um die Welt segeln werde und sie sich einen anderen Mann suchen soll? Das werde ich nie tun! Meine Lena in den Armen eines Anderen, das ist mehr als ich ertragen kann!“ Verzweifelt schlug er die Hände vor sein Gesicht. Nur schwer konnte er die Tränen unterdrücken, die hinter seinen Augen brannten. Mehr als ausgebrannt war er. Spitz traten seine Hüftknochen hervor, seine Hosen wurden zu weit, die Wangen waren hohl und eingefallen. Harte Wangenknochen stachen markant aus seinem männlichen Gesicht hervor. „Du kannst ja gehen, wenn du möchtest, ich bleibe!“ Schwerfällig erhob Nils sich, schlurfte er über den abgetretenen Boden, schloss die Türe zu seinem Zimmer und zerbrach sich den Kopf über der Konstruktionsarbeit.
Mitten in der Nacht erwachte er, sein Kopf lag auf seinen verschränkten Armen. Wieder einmal war er im Sitzen eingeschlafen. Scharf betrachtete er sich seine Zeichnung, zerknüllte das Papier, warf es zu Boden, auf dem sich bereits eine ansehnliche Menge solcher zusammengeknüllter Bögen befand und zeichnete wild darauf los. Bis zum Morgen, der sich leuchtend hell ankündigte, hatte er es geschafft. Seine Arbeit war perfekt.
Rasch stieg er unter die Dusche, genoss das klare Wasser, das mit hohem Druck über seinen Körper lief, rubbelte sich trocken und zog eine Jeans und ein Hemd an, das er in seinen viel zu weiten Hosenbund steckte.
Verschlafen trat Sven aus seinem Zimmer, rieb sich die Augen und blinzelte, als er seinen Freund so strahlend wie den neuen Morgen vor sich sah.
„Ich hab’s geschafft! Und ich lass mich nicht unterkriegen! Wie sieht’s aus, bleibst du oder gehst du?“ Energiegeladener, als seit Wochen, schenkte Nils sich in eine hohe Tasse den Kaffee ein, der soeben durch die Maschine gelaufen war. Dazu zündete er sich seine erste Zigarette an und zog den Rauch tiefinhalierend in sich ein.
„Ich kann dich doch nicht allein lassen! Natürlich werde ich bleiben, schon um deine Lena irgendwann kennenzulernen!“
Hinter sich schloss Sven die Badtür, während Nils die Schlagzeilen der Zeitung überflog, bevor er aus dem Haus eilte, den zusammengerollten Entwurf unter seinen Arm geklemmt.
Sichtlich begeistert war sein Dozent von seiner Arbeit. Erstklassig hatte Nils es verstanden, dem Katamaran eine noch windschnittigere Form zu geben, die, gleichsam breiter und sicherer, zu überdenken wert war.
An diesem Tag sollte Nils bei `Rodney Sea Side´ in Svens Abteilung überwechseln. Eigentlich war die Arbeit, die er vollbrachte, hochinteressant. Es wurden in der Werft nicht nur Schiffe repariert, wie in der Werft, in der er in Hamburg gearbeitet hatte, sondern hier wurden anhand von neuesten Konstruktionsplänen meterlange Luxusjachten und schnittige Segelschiffe gebaut. Motorboote entstanden hier in allen nur erdenklichen Arten und Größen.
Gespannt betrat Nils die Werkstatt, in der zehn Männer, darunter Sven, den Rumpf der neuesten Luxusjacht zusammenschweißten.
James Herley erwartete ihn. Durch Samuel Rodney war er vorbereitet worden, dass Nils Keller für sechs Wochen zu seiner Abteilung gehören würde.
„Hallo! Ich bin James Herley! Dein Ruf eilt dir voraus, dass du unschlagbar bist im Umgang mit den Schiffen!“ Anerkennend
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