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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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an und erachtete es offenbar als unter ihrer Würde,
die Baderstochter auch nur eines Blickes zu würdigen. Als Leiterin eines Konvents,
in dem Nonnen bürgerlicher Herkunft rar und diejenigen von Adel in der Mehrheit
waren, kam ihr Berengars Ansinnen wie ein Fallstrick des Bösen vor. »Mit so etwas
kommt Ihr bei mir nicht durch.«
    »Auch dann nicht, wenn
es um das Wohlergehen Eurer Nichte geht?«
    »Inbrünstige Gebete, Vogt,
helfen allemal mehr als dubiose Methoden, obskure Tränke und Arzneien, bei deren
Zubereitung der Leibhaftige mitgemischt hat!«, deklamierte die Priorin in einem
Ton, der nicht dazu angetan war, die Abneigung ihres Gesprächspartners gegenüber
Angehörigen des geistlichen Standes zu mildern. »Weshalb ich Euch dringend ermahnen
muss, den Dingen ihren Lauf zu lassen und auf den Beistand der himmlischen Mächte
zu vertrauen. Auf die, wie wir alle wissen, allzeit Verlass ist.«
    »Amen.«
    »Wie gesagt, Vogt: Wenn Ihr glaubt, hier auftrumpfen
oder Euch gar mit Waffengewalt Einlass verschaffen zu können, werdet Ihr Euer blaues
Wunder erleben.«
    »Wenn ich ehrlich bin, ehrwürdige Mutter, würde
mir ein himmlisches vollauf genügen.«
    »Hütet Eure Zunge, Vogt!«, knurrte die Priorin,
löste sich aus dem Kreis ihrer Untergebenen und bewegte sich mit drohend emporgerecktem
Zeigefinger auf Berengar zu. Dieser wiederum konnte sich ein Grinsen nur mit Mühe
verkneifen, wenngleich die Situation nicht dazu angetan war, seinem Hang zu doppelbödigen
Bemerkungen zu frönen. »An mir haben sich nämlich schon ganz andere die Zähne ausgebissenen
als Ihr. Ergo: Wir beziehungsweise unsere Schwester Infirmaria [30] können auf uns selbst aufpassen und werden weder rasten
noch ruhen, bis es meiner Nichte wieder besser geht!«
    »Eurer Nichte und meiner Verlobten, vergesst
das nicht.«
    Die fleischgewordene Heimsuchung
namens Jutta schnaubte wie ein angriffslustiger Eber und fand offenbar Gefallen
daran, weiter Öl ins Feuer zu gießen. »In dieser Reihenfolge, Vogt, Ihr habt es
erfasst!«, posaunte sie voller Stolz auf ihre Schlagfertigkeit hinaus und blickte
sich wie ein Triumphator um. »Und darum zum letzten Mal: Eine Quacksalberin kommt
mir nicht ins Haus. Und selbstverständlich auch kein Mann. Wäre ja noch schöner,
wenn wir uns Euren Willen aufzwingen ließen.«
    »Früher oder später, ehrwürdige
Mutter, wird Euch nichts anderes übrig bleiben«, grollte Berengar, drauf und dran,
sämtliche Skrupel über Bord zu werfen und der Oberin eine Lektion in Sachen Durchsetzungsvermögen
zu erteilen.
    »Was fällt Euch eigentlich
…«
    »Das heißt, ich zähle jetzt bis drei, Tante
Jutta. Falls Ihr bis dahin den Weg nicht freigegeben habt, werden Euch sämtliche
Gebete und Euer hysterisches Gekeife nichts mehr nützen.«
    »Ehrwürdige Mutter, ehrwürdige Mutter – auf
ein Wort!« Schwester Scholastika, die zerstreute Leiterin der Krankenstation, kam
gerade rechtzeitig, um Berengar von seinem Vorhaben abzuhalten. »Ihr … Ihr werdet
es mir nicht glauben!«
    »Was werde ich dir nicht glauben, meine Tochter?«
    Nicht mehr die Jüngste und auch nicht unbedingt
die Klügste, hatte die betagte Infirmaria alle Mühe, ihre Empörung unter Kontrolle
zu bekommen. Das galt auch für ihre nervösen Zuckungen, derentwegen sie hinter vorgehaltener
Hand ›Extasis‹ genannt wurde. »Bitte um Vergebung, ehrwürdige Mutter – das möchte
ich Euch lieber unter vier Augen sagen.«
    Ein Blick seitens der Priorin,
und schon zogen sich die übrigen Nonnen zurück. Die Infirmaria folgte ihnen mit
ihrem Blick, trippelte nervös hin und her und wartete, bis die Pforte ins Schloss
gefallen war. Dann erst fasste sie sich ein Herz, und auch nur, weil Jutta sie mit
unwirscher Gebärde zu sich herangewinkt und ihr versichert hatte, sie werde sich
das, was Scholastika mitzuteilen habe, nicht zu Herzen nehmen.
    Danach erst setzte sie
die Priorin ins Bild, so bleich, dass Berengar automatisch hellhörig wurde und einen
fragenden Blick mit seiner Begleiterin wechselte. »Ist etwas mit Irmingardis?«,
stieß er hervor, nachdem die Infirmaria ihren Rapport beendet und sich eilends aus
dem Staub gemacht hatte. »Was ist mit ihr geschehen?«
    »Laudate Dominum [31] , Vogt!«, erwiderte die Priorin und machte ein
Gesicht, aus dem Berengar nicht schlau wurde. »Wie mir soeben mitgeteilt wurde,
ist meiner Schwester Kind vor Kurzem aus ihrer Ohnmacht erwacht.«
    Allein schon der Ton, den die Priorin anschlug,
hätte Berengar stutzig machen

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