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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Jähzorn nieder, strich mit der Daumenkuppe
über die Fingernägel und schlug gegenüber der Magd, die ihr den Wind aus den Segeln
genommen hatte, einen ausgesprochen liebenswürdigen Tonfall an. Melusine ließ sich
jedoch nicht in die Irre führen. Die entscheidende Kraftprobe stand ihr noch bevor,
aufgeschoben war bekanntlich nicht aufgehoben. »Meine Frau Tochter, um diese Zeit?«
    »Ja, Herrin, der Fremde sagt, es sei dringend.«
    »So, sagt er das«, gurrte die Badstuberin, den
amüsierten Blick abwechselnd auf Melusine und die pausbäckige Magd gerichtet. »Ja,
wenn das so ist, sollte man ihn nicht warten lassen, oder?«
     
    *
     
    »Wenn das so weitergeht, kann ich hier übernachten!« Mit der Geduld
am Ende, spie Berengar von Gamburg eine wahre Flut von Flüchen aus und reagierte
sich an einem Eisklumpen ab, den er mit einem Tritt außer Reichweite beförderte.
Der Tag war noch nicht zu Ende, und dennoch stand bereits fest, dass er ihn so schnell
nicht vergessen würde. Nicht genug, dass er sich vor Sankt Jakobus die Beine in
den Bauch gestanden hatte, war er obendrein Zeuge eines Mordanschlages geworden.
Das Ungewöhnliche daran war der Tatort gewesen, das Erstaunliche die Reaktion der
attraktiven jungen Frau. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr drängte sich
ihm die Gewissheit auf, dass die vermeintliche Gelassenheit nur Fassade und der
Anschlag von langer Hand geplant gewesen war. Von wem und aus welchem Grund, war
ihm weiterhin ein Rätsel.
    Wie die Dinge lagen, würde dies auch so bleiben.
Irmingardis kam an erster Stelle und danach kam lange Zeit nichts. Berengar seufzte
aus tiefster Seele. Er hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, getan, was in
seiner Macht stand. Umsonst. An der Tatsache, dass Irmingardis mehr tot als lebendig
im Infirmarium des Dominikanerinnenklosters lag, hatte dies nichts geändert. Mehr
noch, die Mitglieder des Konvents, allen voran seine neue Intimfeindin, Mutter Jutta,
waren mit ihrem Latein definitiv am Ende. Berengar ging es nicht anders, aber da
es ihm im Gegensatz zu den frommen Schwestern an Gottvertrauen mangelte, hatte er
das Heft in die Hand genommen und sich schnurstracks zum Haus des Stadtarztes begeben.
Dort war er jedoch vor verschlossenen Türen gestanden. Ein Missgeschick, das sich
vor dem Haus des jüdischen Medikus wiederholen sollte. Glück im Unglück, dass sich
ein Bewohner der Judengasse seiner erbarmt und ihn an die hiesige Adresse verwiesen
hatte, wenngleich sich Berengar fragte, ob es klug war, auf die Künste einer Baderstochter
zu vertrauen.
    Nicht jeder, der sich Bader
nannte, war ein Meister seiner Zunft, und nicht jeder, der ein Bad besuchte, war
auf seine Reinlichkeit bedacht. Anstand und Sitte waren eine Sache, der schnöde
Mammon eine andere. Ein kleiner Obolus, und gar manche Bademagd hatte gegen ein
Stelldichein mit betuchten Gästen nichts einzuwenden. Solange die Kasse klingelte,
drückten die Badstuber gerne ein Auge zu, nicht selten mit Billigung des betreffenden
Magistrats. Bäder waren eben nicht nur zum Baden da, und das galt auch für ihre
Betreiber. War der Medikus nicht zur Stelle, zu teuer oder zu unerfahren, gingen
die Leute eben zu den Badern. Dort ließ man sich Schröpfköpfe ansetzen, die Haare
schneiden, rasieren und die Zähne ziehen. Dort wurden die Kranken zur Ader gelassen
und von allen nur erdenklichen Gebrechen kuriert, die Heilung komplizierter Brüche,
Entfernung von Blasensteinen und Amputation von Gliedmaßen mit eingeschlossen. Verstand
er sein Handwerk, konnte ein Bader eine Menge Geld verdienen, weit mehr als ein
studierter Arzt.
    Was Berengar betraf, bei dem Ärzte nicht unbedingt
in hohem Kurs standen, so hielt sich sein Vertrauen gegenüber den Badern und anderen
Vertretern der Spezies erst recht in Grenzen. Ob Stadtphysikus, fahrender Heiler,
Wunderdoktor oder Kräuterweib, für ihn waren sie alle gleich. Um Quacksalber, so
sein unerschütterliches Credo, machte man am besten einen großen Bogen, es sei denn,
der Gang zu ihnen ließ sich nicht vermeiden.
    Das Knarren der Pforte, vor der er ruhelos hin
und her gewandert war, riss den Vogt des Grafen von Wertheim aus den Gedanken. Die
Hand am Schwertknauf, horchte Berengar auf. Dann drehte er sich vorsichtig um. Durch
die offene Pforte des Badhauses drang Licht, aus dem Hintergrund Gelächter und der
Klang einer Laute. Allem Anschein nach ging es da drin hoch her, und Berengar wäre
nicht Berengar gewesen, wenn er gegen den einen oder anderen

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