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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Becher Wein etwas einzuwenden
gehabt hätte. Unter den gegebenen Umständen kam ihm der Gedanke jedoch beinahe wie
ein Sakrileg vor, weshalb er sich einen Narren schalt und wieder voll und ganz auf
sein Vorhaben konzentrierte.
    Berengar glaubte zwar nicht an Gespenster, wich
der Gestalt, welche unter dem Türsturz auftauchte, jedoch unwillkürlich aus. Sie
maß an die fünfeinhalb Fuß, trug eine Tasche aus Hirschleder über der linken Schulter
und hielt eine Laterne in der Hand, mit der sie zunächst in die entgegengesetzte
Richtung leuchtete. Um wen es sich handelte, war aufgrund der Dunkelheit nicht zu
erkennen, und so beschlich ihn der Verdacht, Opfer einer Sinnestäuschung oder seiner
strapazierten Nerven geworden zu sein.
    Dass dem nicht so war, wurde ihm jedoch einen
Wimpernschlag später klar. Vor ihm stand eine junge Frau, acht bis zehn Jahre jünger
als er und von einem Überwurf aus Schafwolle umhüllt. Ihr Schatten reichte bis an
seine Stiefelspitze heran, doch bevor Berengar sie genauer in Augenschein nehmen
konnte, fiel die Pforte ins Schloss und der Lichtstreifen, der auf die Gasse hinausgedrungen
war, wurde von der Dunkelheit verschluckt.
    »Seid ihr die Tochter des Baders?«
    »Die bin ich. Was ist Euer Begehr?«
    »Ich benötige Hilfe. Und zwar schnell.«
    »Die benötigen wir alle, ein jeder auf seine
Art.«
    Berengar war bestimmt nicht auf den Mund gefallen,
und wenn es etwas gab, an dem es ihm mangelte, dann war es Zeit. Beim Anblick der
Frau, deren Züge sich im Widerschein ihrer Laterne abzeichneten, fiel es ihm dennoch
schwer, die richtigen Worte zu finden. Da war etwas an ihr, vor dem er zurückschreckte,
wenngleich ihm sein Instinkt sagte, dass er an die Richtige geraten war.
    »Genug der Vorrede – was kann ich für Euch tun?«
    Berengar staunte über sich selbst. Ausgerechnet
er, dem man mangelndes Selbstbewusstsein bestimmt nicht zum Vorwurf machen konnte,
stand wie ein verschüchterter Chorknabe in der Gegend herum. Ein Novum, das ihm
wahrlich zu denken gab. »Berengar von Gamburg, Vogt des Grafen von Wertheim. Ich
benötige dringend …«
    »Das sagtet Ihr bereits. Wie wäre es, wenn Ihr
mir kurz schildert, worum es geht?«
    »Wie Ihr wünscht.« Dass er sich der Höflichkeitsform
bediente, fiel Berengar im Eifer des Gefechts nicht auf. Was ihm jedoch auffiel,
war, dass die Tochter des Baders, die seine Schilderungen mit aufmerksamer Miene
verfolgte, alles andere als hässlich war. Vielleicht nicht so schön wie die Unbekannte
von vorhin, aber nicht ohne einen gewissen Reiz. Die Frau, deren Namen er nur zu
gerne erfahren hätte, hatte rotblondes, von einem Mittelscheitel durchzogenes und
hinter dem Kopf zusammengebundenes Haar, dunkle Augen, schmale Nasenflügel und eine
ungewöhnlich hohe Stirn. Ihr Blick zeugte von Entschlossenheit, die weichen Konturen
ihres Gesichts hingegen von einem Menschen, für den Mitgefühl und Einfühlungsvermögen
keine Fremdwörter waren. Ein Eindruck, der Berengar bewog, sämtliche Vorbehalte
in den Wind zu schlagen und eine detailgetreue Schilderung der Ereignisse des Nachmittags
zu liefern. »So, jetzt seid Ihr im Bilde!«, schloss er seine Erzählung, an die sich
die unausweichliche Frage anschloss: »Und was nun – werdet Ihr mir helfen?«
    Anstelle einer Antwort ließ ihn die Baderstochter
einfach stehen, zog die Kapuze über den Kopf und schlug den Weg ein, der zum Kloster
der Dominikanerinnen führte, gefolgt von einem Hünen, der Mühe hatte, mit ihr Schritt
zu halten.

7
     
    Dominikanerinnenkloster, Ende der ersten Nachstunde │ [18.00 h]
     
    »Eine Baderstochter, in unseren Mauern? Und dann auch noch in Eurem
Auftrag? Nur über meine Leiche, Vogt!«
    Ein verlockendes Angebot, dachte sich Berengar
von Gamburg, während er wutschnaubend vor der Pforte des Dominikanerinnenklosters
ausharrte und den kaum bezähmbaren Drang verspürte, der wie ein Marktweib zeternden
Priorin den Hals umzudrehen. Irmingardis zuliebe kämpfte er ihn jedoch zähneknirschend
nieder. Bei passender Gelegenheit würde er es der Erinnye [29] im Gewand einer Gottesdienerin auf Heller und Pfennig
heimzahlen. So wahr er Berengar von Gamburg hieß.
    »Gott behüte!«, rief er in bühnenreifer Manier
aus, neugierig beäugt von einem Dutzend Klosterfrauen, die sich wie Schafe um ihre
Oberhirtin geschart und den Weg ins Innere des Konvents blockiert hatten. »Wir wollen
doch nicht gleich an das Schlimmste denken!«
    »Spart Euch Euren Sarkasmus,
Vogt!«, fuhr ihn die Priorin

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