Engel der Schuld Roman
der Staatsanwaltschaft postiert hatte. Jay schälte sich langsam aus seinem Stuhl und stellte sich hinter das Wolfsrudel.
»Er soll im Gefängnis verfaulen«, sagte Kirkwood, »nach allem, was er meinem Sohn angetan hat, uns allen angetan hat.«
»Wenn Garrett Wright schuldig ist, wer hat dann Josh zurückgebracht?«
»Hat Ihr Sohn Wright als einen Kidnapper identifiziert?«
»Ist etwas Wahres an den Gerüchten, daß die Polizei Sie immer noch als Verdächtigen betrachtet?«
Kirkwood lief rot an. Seine Augen sprühten vor Zorn. »Ich hatte nichts mit dem Verschwinden meines Sohnes zu tun. Ich bin hundertprozentig unschuldig. Alle gegenteiligen Vorwürfe sind nur Beispiele für die Inkompetenz der Polizei von Deer Lake.«
»Machen wir Schluß, Leute!« rief der weißhaarige Gerichtsdiener. »Wir haben in diesem Gerichtssaal zu arbeiten!«
Als der Zirkus sich in den Korridor bewegte, setzte sich Jay wieder hin, senkte den Kopf, um nicht erkannt zu werden, und machte sich Notizen. Sosehr er auch seinen Ruhm und sein Glück genoß, Anonymität hatte auch etwas für sich. Vor allen Dingen jetzt.
Der Fall hatte ihn nach Deer Lake gelockt. Er wollte die Möglichkeit haben, alles ohne die Störungen aufzunehmen, die seine Entdeckung mit sich bringen würde. Leider war es ihm versagt, ungehinderten Zugriff auf diesen Fall zu bekommen, ohne seinen Namen wie ein Brecheisen einzusetzen.
Er warf einen letzten Blick auf Ellen North, die sich mit ihrem Vertreter am Tisch der Anklage beriet. Er überlegte, was er außer einer spitzen Zunge und einer kalten Schulter von ihr zu erwarten hatte. Eine Herausforderung, ein bißchen Einblick, einen Tritt gegen sein Ego.
Er wußte, was er wollte. Und er konnte, verflucht noch mal, darauf wetten, daß sie es ihm nicht kampflos überlassen würde.
6
»Die gottverfluchten Anwälte schlagen wieder zu.«
»Ich kann einfach nicht glauben, daß dieses Dreckstück eine Million Dollar Kaution verlangt hat! Scheiße!«
» Miss North hat nur ihre Arbeit getan«, sagte Christopher Priest. Er stand vorn im Klassenzimmer, ein kleiner Mann mit großer Brille und schlechtem Geschmack, wie man an seiner Kleidung sah. Seine Studenten zogen ihn manchmal damit auf, daß er alle Vorurteile bestätigte, die man gemeinhin über Computerfreaks liest, aber ihre Kommentare blieben unbeachtet. Das Image hatte gewisse Vorteile. Unbegründete Annahmen konnten etwas sehr Nützliches sein.
» Ihre Arbeit « , höhnte Tyrell Mann. Selbst seine Haltung war respektlos. Er lümmelte auf seinem Stuhl, die langen Arme über seiner Chicago-Bulls-Jacke verschränkt. »Ihre Arbeit ist es, je mandem was anzuhängen. Die Scheiß-Cops hätten sicher einen schwarzen Bruder angezeigt, aber in diesem beschissenen Nest gibt's ja kaum Nigger.«
»Das ist unlogisch, Tyrell«, sagte Priest, ungerührt von dessen Haltung und Sprache.
Er hatte bei der Gründung der Sci-Fi Cowboys geholfen. Obwohl es Anregungen gab, das Programm zu erweitern, hielt er es auf einem überschaubaren Niveau – zehn junge Männer aus Schulen im Zentrum von Minneapolis, Teenager, deren Zusammenstöße mit dem Gesetz von Bandenaktivitäten bis zum Autodiebstahl reichten. Zweck des Programms war es, die Intelligenz der Jungen herauszufordern und in die richtigen Bahnen zu lenken, sie durch innovative Projekte mit Computern und Robotern für Wissenschaft und Technik zu begeistern.
Die Jungen hatten diese Notfallsitzung verlangt, deren Einberufung ihm einiges Kopfzerbrechen bereitet hatte. Ein Dutzend Anrufe war erforderlich gewesen. Bei den Schulen, damit die Jungs mitten am Tag vom Unterricht freigestellt wurden, und bei den Bewährungshelfern, um jemanden zu finden, der bereit war, sie nach Deer Lake zu fahren. Zumindest erleichterte der Transporter die Sache etwas. Spendenaufrufe und Zuschüsse hatten vor vier Jahren den Kauf eines gebrauchten Ford-Lieferwagens ermöglicht.
»Überlegen Sie«, sagte Priest. »Wenn die Behörden tatsächlich nur einen Sündenbock suchten, würden sie dann einen Mann wie Dr. Wright auswählen?«
»Wohl kaum, aber dieser Idiot, den sie von der Eisbahn weggeschleppt haben, hat sich direkt angeboten . . .«
J. R. Andersen beugte sich in seinem Stuhl vor. In seinem Vorstrafenregister fanden sich Einträge über elektronische Bankkontenmanipulationen. »Professor, wollen Sie damit sagen, daß es tatsächlich logisch ist zu glauben, Wright hätte es getan?«
Die anderen Mitglieder der Gruppe reagierten mit einer
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