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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sterben willst, und kannst mich mit dir nehmen? Dreißig Jahre habe ich dir gedient, habe dich reich gemacht, deine Töchter reich gemacht. Herr! Du lässt mich hier zurück. Die Truhe könnte verbrennen und auch die Gebeine. Was passiert dann?‹
    Er sah sehr verwirrt aus. Beschämt. Und in dem Augenblick öffnete sich die Tür, und zwei fein gekleidete christliche Kaufleute, die auch mir bekannt waren, betraten das Haus. Beide sahen ängstlich und besorgt aus.
    ›Wir müssen uns beeilen, Samuel‹, sagten sie. ›Sie haben schon die Feuer in der Nähe der Stadtmauer entzündet. Überall töten sie die Juden. Wir können dir nicht helfen zu entkommen.‹
    ›Habe ich euch darum gebeten?‹, fragte Samuel verächtlich.
    ›Gebt mir den Beweis, dass meine Töchter fort sind.‹
    Beflissen legten sie einen Brief in seine Hand. Ich sah, dass er von einem der Schuldner war, dem er am meisten vertraute.
    Er befand sich in Italien an einem sicheren Ort, und dieser Brief bestätigte, dass Samuels Töchter dort angekommen waren, beschrieb deren Kleidung und ihr Aussehen und nannte ein bestimmtes Wort, das sie mit ihrem Vater ausgemacht hatten.
    Die Christen waren in Todesangst.
    ›Wir müssen schnellstens fort, Samuel. Wenn du entschlossen bist, hier zu sterben, halte dein Wort. Wo ist die Truhe?‹
    Diese Worte verblüfften mich. Nur zu schnell verstand ich! Ich war verkauft worden, um seine fünf Töchter zu retten! Sehen konnte mich keiner dieser Männer, doch sie sahen meine Truhe, die so offen dastand wie die Bücher der Kabbala, und sie gingen hin und öffneten sie, und da lagen die Gebeine!
    ›Herr‹, sprach ich mit meiner geheimen Stimme zu Samuel.
    ›Du kannst mich nicht diesen Männern überlassen. Sie sind Christen! Sie sind nicht einmal Magier. Sie sind keine großen Persönlichkeiten.‹
    Samuel war verwundert, starrte mich an. ›Groß? Wann habe ich je behauptet, ich sei ein großer Mann oder ein guter Mann, Asrael? Wann hast du das je gefragt?‹
    ›Im Namen des Herrn der Heerscharen‹, rief ich, ›ich tat, was für dich und deine Familie gut war, für eure Ältesten und die Synagoge. Samuel! Was tust du mir hier an?‹
    Die beiden Christen schlossen die Truhe wieder. ›Gott mit dir, Samuel‹, sagten sie, während der eine die Truhe aufhob und an seine Brust presste, dann verließen sie eilends das Haus.
    Ich sah Feuerschein, roch die Flammen. Ich hörte Menschen schreien.
    ›Du abgrundtief schlechter Mensch!‹, verfluchte ich Samuel.
    ›Du glaubst, der Tod im Feuer wird dich reinigen, und Gott wird dir vergeben, dabei hast du mich verkauft, verkauft für Geld und Gold!‹
    ›Wegen meiner Töchter, Asrael. Geist, deine beschwörenden Worte nutzen nichts mehr, zu nahe ist das Ende!‹
    ›Welches Ende?‹ Doch es war mir klar. Ich vernahm den Ruf der anderen, in deren Hand die Gebeine nun waren. Sie hatten die Stadttore schon hinter sich gelassen. Und in mir koch-ten Hass und Verachtung. Ihre Beschwörungen waren eine Versuchung für mich!
    Ich stürzte mich auf Samuel.
    ›Nein, Geist!‹, dröhnte er. ›Gehorche mir, hinein mit dir in die Gebeine. Gehorche, wie du es gewöhnt bist. Überlasse mich meinem Märtyrertum.‹
    Wieder drangen die Beschwörungen an mein Ohr. Ich konnte meine Form nicht mehr aufrechterhalten, ich war zu zornig.
    Mein Körper löste sich auf. Mein Ärger hatte mich zu viel Kraft gekostet. Die Stimmen, die mich riefen, waren stark. Sie entfernten sich immer weiter, doch sie büßten nicht an Stärke ein.
    Ich stürzte mich auf Samuel und stieß ihn durch die offene Tür hinaus auf die Straße, in der schon die Flammen loderten.
    ›Da, nun sei ein Märtyrer, Rabbi!‹, schrie ich. ›Ich verfluche dich, du sollst unter den Untoten wandeln für alle Zeiten, bis Gott dir vergibt, was du mir angetan hast: dass du mich verlassen hast, mich verschachert hast. Erst erwirbst du meine Liebe, dann verkaufst du mich gegen Gold.‹
    Von rechts und links liefen entsetzte Menschen auf Samuel zu, Menschen in Todesangst, die seinen Namen riefen.
    Als ich sah, wie er sie in seine Arme schloss, vergaß ich für einen Moment meine Bitternis. ›Samuel!‹, rief ich und ging auf ihn zu. Ich merkte, dass ich schwächer wurde, doch ich war immer noch sichtbar für ihn. ›Nimm meine Hand. Nimm meine Geisterhand, bitte, halte sie fest und nimm mich mit dir in den Tod.‹
    Er sagte nichts. Die Menge drängte sich weinend um ihn, klammerte sich an ihn, doch ich; konnte seine letzten Gedanken

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