Engel der Verdammten
muss ich auch noch einmal nachvollziehen, wie ich wieder in ein bewusstes Wahrnehmen eintrat. Vielleicht muss ich noch einmal beschreiben, wie es war, wieder zu sehen und zu atmen, dort in dieser mächtigen Stadt mit Türmen, die höher sind als der mystische Berg Meru, inmitten Tausender von Menschen, guten und schlechten, und bar jeden Glanzes, während Esther schon mit dem Todesmal gezeichnet war.«
Teil III
Struktur und Dunkelheit
Wie hält man Dunkelheit
und die Strukturen, die uns alle quälen, fern - an der Wand und dort, wo die Bedeckung aus dem Mark entspringt & gähnend klafft -
Wie hält man den Schrei in sich verschlossen
& das Begräbnis, das die Strukturen uns gebiert -
wie die Verbündeten, sie waschen ihr Herz,
& wringen's aus, nur um es wieder zu beschmutzen -
Menschen, die Spiegelglas herzen - die Klinge wird geschliffen -
Der Süßen Kleinen Mund & lange Wimpern machen den Umriss in den plumpen Schatten bei der Tür dort straucheln -
wie hält die Dunkelheit man fern?
Oder sollte man, in schickem Zeuge oder nackt, vorschnellen -
jedwede Wesenheit durchbohren - und jedwede Stunde -
durch Kunst gereizt oder durch Wein - Wie nur betritt man die Nadel, das Tuch -
Und die Strukturen, die uns alle quälen, wie kann man sie greifen und von sich reißen,
& nichts dabei verlieren.
Stan Rice, Some Lamb 1975
14
»Willst du dich mir nun auf dem Weg durch mein bewusstes Erleben, anschließen?
Die Eval-Brüder im hellen Licht des Wintertages. Wie sie sich hervortaten! Daran erkannte ich sie. Sie hielten das für einen guten Witz, denn übel war ihr Wort für bösartig, und sie hießen Eval. Drei Brüder aus Texas, angeheuert, um das reiche Mädchen zu töten.
Da gingen sie, in das Licht der Mittagssonne getaucht, die belebte Straße entlang, stießen sich gegenseitig an, lachten, reichten sich Zigaretten; anmaßend waren sie und heiß darauf zu töten. Wie entzückt sie in den Spiegeln der Schaufenster ihr Bild betrachteten! Das hier war New York, die größte Stadt der Welt, die einzige Stadt, die die Eval-Brüder interessierte, sah man von Las Vegas ab - wohin sie mit ihrem Lohn gehen würden, wenn sie ›sie aus dem Verkehr gezogen‹ hätten, was ihr Ausdruck für Mord war.
Sie würden nie wieder nach Texas zurückkehren. Wer weiß, was ›der Mann‹ sonst noch für Jobs für sie bereithielt? Aber zuerst einmal mussten sie sie umbringen.
Ich fühlte ihre bedenkenlose Bösartigkeit so deutlich wie sie selbst. Billy Joel Eval hatte die Führung übernommen, in seiner Tasche waren das Schießeisen und der lange, spitze Eispickel, diese grausame Waffe mit der runden Stahlklinge. Und Doby Eval war gleich hinter ihm, gefolgt von Hayden Eval als
›Schlusslicht‹, so spotteten sie. Und sie alle drei hatten die scharfe Waffe, diesen langen, stählernen Eispickel, nur allzu bereit, sie damit zu töten. Aber wer war sie?
Dass ich dies hier sah, dafür musste es einen Grund geben, und auch dafür, dass ich hier in der City von New York stand und die Gerüche der Stadt einatmete, als sei ich ein lebendiger, sichtbarer Mensch, obwohl beides nicht zutraf. Ich wusste nur, was ein Dschinn immer weiß ... dass man ihn wieder einmal beschworen, zu einer Pflicht gerufen hat, dass er wieder einmal mit offenen Augen und wachem Verstand auf eine gleißende, lebenssprühende Welt schaute.
Du weißt, wie rebellisch ich war - ich habe es dir erzählt -, wie gleichgültig auch, und wie absolut gewillt, einen verachtens-werten Gebieter in Stücke zu hauen. Aber was geschah hier?
Es fiel mir nicht schwer, diese ungehobelten Ungeheuer zu verabscheuen. Ich war ihnen nahe genug! Ich sah sie aus nächster Nähe in ihrer tristen städtischen Verkleidung, den gesteppten Nylon-Blousons, den zerfransten Baumwollhosen und genagelten Schuhen - Massenartikel - mit den vielen Haken für die Schnürsenkel. Billy Joel konnte es gar nicht abwarten, sie zu sehen, ihr auf die Pelle zu rücken, und nur Hayden war zögerlich, hatte aber Angst, seinen Brüdern zu sagen, dass er nicht so viel davon hielt, dieses Mädchen zu töten.
Wenn sie wenigstens gewusst hätten, wer sie bezahlte.
Und wer hatte sie bezahlt? ›Ein Mann, der einen Mann geschickt hat, den ein Mann geschickt hat‹, sagte Doby Eval,
›das kannst du dir doch wohl ausrechnen!‹
Plötzlich spürte ich, dass meine Füße das Pflaster berührten.
Doch ich war noch zu durchscheinend, als dass mich jemand hätte sehen können. Nur langsam aufrückend,
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