Engel der Verdammten
drei Tagen‹, gab er zu. ›Ist das nicht der Zeitraum, den jener andere Messias auch brauchte?‹ Er wirkte jetzt kühler.
Drei Tage. Verwischt tauchten grässliche Bilder vor mir auf -
Löwen, ein widerwärtiger Bienenschwarm -, Tänze. Ich zitterte, kämpfte dagegen an. Ich sah das Kreuz Christi. Sah alte und neue Bilder vor mir vom auferstandenen Christus, hörte christliche Worte m Griechisch und Latein.
›Ich will, dass du verstehst, worum es mir geht‹, sagte Gregory
›Weißt du, ich habe schon ein paarmal gedacht, dass du wahrscheinlich der Einzige bist, der dies alles richtig zu würdigen weiß.‹
›Und warum?‹
›Asrael, kein lebender Mensch hat meinen Mut. Keiner. Man braucht Mut, um zu töten. Das weißt du. Du kennst den Lauf der Zeit und den Lauf der Welt und warst sicherlich Zeuge von Kriegen, Hungersnöten und Ungerechtigkeiten. Aber lass mich dich warnen. Wenn du mich nicht zu Ende anhörst, wenn du glaubst, mein Tod käme gerade passend, wenn es dir egal ist, was mit unserer Welt geschieht, dann bleibt immer noch die Sache mit den Gebeinen.‹
›So?‹
›Sie sind in einem Brennofen, hier in diesem Haus, ein Wort von mir genügt, und sie schmelzen dahin. Oh, und ich sollte dir die Ergebnisse der Untersuchungen mitteilen, oder nicht?‹
›Wenn du Zeit verschwenden willst. Ich hätte lieber mehr über diesen »Jüngsten Tag« gehört.‹
›Willst du nicht wissen, was in deinen Knochen ist?‹
›Ich weiß, was darin ist. Meine Knochen.‹
Er schüttelte den Kopf und lächelte dabei: ›Nicht mehr. Die menschlichen Knochen wurden fast vollständig von den Metallen verzehrt, die sie umhüllt haben. Es ist kaum noch etwas von ihnen übrig geblieben. Was meiner Ansicht nach bedeutet, dass, wenn man das Metall erst einmal erhitzt, es mit Leichtigkeit die wenigen Rückstände einäschern und jede Spur des einstigen Menschen auslöschen wird.‹
›Das bedeutet es für dich?‹ Jetzt lächelte ich. ›Wie amüsant.
Für mich bedeuten deine Testergebnisse etwas völlig anderes.
Hast du genug Material für deinen DNA-Zauber gefunden?‹
Er schüttelte den Kopf. ›Es war so gut wie nichts da.‹
›Das sind gute Neuigkeiten. Aber fahre doch fort.‹
Er betrachtete mich eindringlich. Dann griff er nach meiner Hand und nahm sie, was ich ihm mehr oder weniger gestattete. Er brachte jetzt seinen ganzen Charme ins Spiel, in der Tiefe seiner Augen leuchteten der Anschein von Größe und die Ehrlichkeit, die mit Größe einhergeht. Sehr verführerisch.
Rachel hatte mich davor gewarnt.
Aber ich verabscheute ihn. Verabscheute ihn schon allein wegen Esther und Nathan so sehr, als ob mir die Welt, die auf dem Spiel stand, nichts bedeutete oder als ob um sie zu trauern hieße, um jede Ungerechtigkeit zu trauern.
›Asrael, dies ist ein Traum von unvergleichlichem Ausmaß. Er beinhaltet Härte und Tod, aber das beinhaltete auch der Sieg des Alexander. Der des Konstantin. Du weißt, dass es so war.
Du weißt, dass Ägypten für zweitausend Jahre in Frieden lebte, weil die Härte und die Bereitschaft zu töten vorhanden waren. Du kennst diese langen friedlichen Jahre oder erinnerst dich an sie. Der Friede des Alexander, und nach ihm kam die Pax Romana.‹
›Erkläre mir den Plan.‹
Er zeigte auf die große Karte an der Wand, diese Weltkarte mit den vielen bunten stecknadelkopfgroßen Lichtern. Die Pünktchen waren hauptsächlich rot und blau, einige auch gelb.
Sie standen in starkem Kontrast zur Helligkeit der Karte, aber jetzt sah ich auch Zeichnungen und Markierungen darauf.
Sehr detailliert das Ganze.
›Das sind meine Hauptquartiere in der ganzen Welt‹, sagte Gregory. ›Das sind meine Tempel, meine so genannten Feri-encenter, meine so genannten Geschäftshäuser. Flughäfen und Inseln gehören auch dazu.‹
›Mein Gott! Warum sucht der Ehrgeiz ausgerechnet einen Mann wie dich heim?‹, fragte ich. ›Denk an das Gute, das du tun könntest, du verdammter moralischer Krüppel!‹
Er lachte ein offenes, kindliches Lachen. ›Aber das ist es ja, mein taktloser, impulsiver Freund, ich bin ein moralisches Genie!‹ Dabei zeigte er abermals auf die Karte, innerhalb von zwei Stunden, nachdem mein Tod festgestellt worden ist, machen sich meine Leute auf, zwei Drittel der Weltbevölkerung zu vernichten. Und bevor du nun etwas einwendest, lass mich dir erklären, dass das durch ein Filo-Virus geschieht, das wir hier in die perfekte Form gebracht haben und das schon auf alle meine Tempel
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